Papst Franziskus lehnt Amtsverzicht von Kardinal Marx ab

 
10. Juni 2021: „Einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein“
Erklärung von Kardinal Marx zum abgelehnten Amtsverzicht und zum Brief von Papst Franziskus
Rom / München, 10. Juni 2021. Kardinal Reinhard Marx bleibt im Amt des Erzbischofs von München und Freising. Papst Franziskus lehnte in einem am Donnerstag, 10. Juni, in Rom veröffentlichten persönlichen Brief an den Kardinal den Amtsverzicht ab, den Marx in einem Schreiben am 21. Mai angeboten hatte.

Kardinal Reinhard Marx erklärt zu dem Schreiben von Papst Franziskus:
 
„Die Antwort des Heiligen Vaters hat mich überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidung, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet. Ich bin bewegt über die Ausführlichkeit und den sehr brüderlichen Ton seines Briefes und spüre, wie sehr er mein Anliegen versteht und aufgenommen hat. Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung, so wie ich es ihm versprochen habe.
 
Das bedeutet für mich und unsere gemeinsame Arbeit im Erzbistum München und Freising aber auch, zu überlegen, welche neuen Wege wir gehen können – auch angesichts einer Geschichte des vielfältigen Versagens –, um das Evangelium zu verkünden und zu bezeugen. Dabei steht der Bischof nicht allein und ich werde in den nächsten Wochen darüber nachdenken, wie wir gemeinsam noch mehr zur Erneuerung der Kirche hier in unserem Erzbistum und insgesamt beitragen können; denn der Papst greift vieles auf, was ich in meinem Brief an ihn benannt habe, und gibt uns wichtige Impulse. Es bleibt bei dem, was ich auch in meiner Erklärung unterstrichen habe: dass ich persönlich Verantwortung tragen muss und auch eine ‚institutionelle Verantwortung‘ habe, gerade angesichts der Betroffenen, deren Perspektive noch stärker einbezogen werden muss.
 
Ich empfinde diese Entscheidung des Papstes als große Herausforderung. Danach einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein.“

Hinweis:
Den Brief des Heiligen Vaters an Kardinal Reinhard Marx vom 10. Juni 2021 finden Sie hier.
 

 
4. Juni 2021: Kardinal Marx bietet Papst Franziskus Amtsverzicht an
Brief an Heiligen Vater vom 21. Mai und persönliche Erklärung
München, 4. Juni 2021. Kardinal Reinhard Marx hat Papst Franziskus gebeten, seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden. In einem Brief vom 21. Mai an den Heiligen Vater legte der Kardinal seine Gründe für diesen Schritt dar. Papst Franziskus teilte Kardinal Marx mit, dass dieses Schreiben nun veröffentlicht werden könne und dass der Kardinal bis zu einer Entscheidung seinen bischöflichen Dienst weiter ausüben solle.
 
„Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, schrieb Marx dem Papst. Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn durchgängig, dass es „viel persönliches Versagen und administrative Fehler“ gegeben habe, aber „eben auch institutionelles oder systemisches Versagen“.  Die Diskussionen der letzten Zeit hätten gezeigt, „dass manche in der Kirche gerade dieses Element der Mitverantwortung und damit auch Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog im Zusammenhang mit der Missbrauchskrise  ablehnend gegenüberstehen“. Dieser Haltung erteilte Marx eine klare Absage. Statt dessen müsse etwa der in Deutschland begonnene „Synodale Weg“ weitergehen, für den Marx sich stark eingesetzt hat.
 
Die katholische Kirche sei an einem „toten Punkt“ angekommen. Mit seinem Amtsverzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche. „Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums.“
 
In seiner persönlichen Erklärung teilte Marx mit, er habe in den vergangenen Monaten immer wieder über einen Amtsverzicht nachgedacht. „Ereignisse und Diskussionen der letzten Wochen spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.“ Seine Bitte um Annahme des Amtsverzichts sei eine ganz persönliche Entscheidung. „Ich möchte damit deutlich machen: Ich bin bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge.“ (PM/kel)
 
Dokumente zum Download:
Den Brief von Kardinal Marx an den Heiligen Vater vom 21. Mai 2021 sowie seine persönliche Erklärung finden Sie hier zum Download als PDF - auch in englischer und italienischer Version.

4. Juni 2021: Pressestatement Kardinal Reinhard Marx zu seinem Papst Franziskus angebotenen Amtsverzicht