Im August 2023 findet in Portugal der 37. Weltjugendtag statt. Bis zu 1,5 Millionen Pilgerinnen und Pilger kommen dabei in Lissabon zusammen, um gemeinsam den Glauben zu feiern. Und was bedeutet es, wenn Weltkirche und Großstadt aufeinandertreffen? Ausnahmezustand.
Großer Andrang: Voller Vorfreude stehen unzählige junge Gläubige in den Straßen von Lissabon an, um auf das Gelände des Weltjugendtags zu kommen
„Ein Prosit, ein Pro-osit der Gemüt-lich-keit!“ Im Garten des Goethe-Instituts in Lissabon unter Schatten spendenden Baumkronen und zwischen Getränkeständen haben die Bayern die Bühne erobert. Wenn nicht gerade Programmpunkte wie „Tänze aus aller Welt“ oder Gesprächsrunden mit Bischöfen stattfinden, heißt es hier: „Open Stage“. Wie eine kleine deutsche Blase wirkt der verwinkelte Garten des Instituts, das den deutschen Besucher:innen des Weltjugendtages als Pilgerzentrum dient und in den sich die Pilgerinnen und Pilger vor der Hitze flüchten und auf Bänken und dem Rasen ausruhen dürfen, ihre Handys aufladen können und freien Zugang zur Wassereistruhe haben. Natürlich sind auch Gäste aus anderen Ländern willkommen, hauptsächlich spricht man hier aber Deutsch – in verschiedensten Mundarten.
Volunteers: An sämtlichen Knotenpunkten geben freiwillige Helferinnen und Helfer Ratschläge und Auskunft. Gut erkennbar an ihren T-Shirts
Der Weltjugendtag, der dieses Jahr vom Gastgeberland Portugal in Lissabon ausgerichtet wird, startete offiziell am 1. August. Christinnen und Christen aus der ganzen Welt sind eingeladen, ihren Glauben zu feiern und die katholische Weltkirche zu erleben. Von Dienstag bis Sonntag finden täglich Katechesen in verschiedenen Muttersprachen statt, außerdem stehen Unterhaltungsevents von Pilgern für Pilger (Jugendfestival) und geistliche Angebote (City of Joy) wie Beichtgelegenheiten oder Vorträge auf dem Programm. Zentrale Großereignisse sind zum Beispiel die Eröffnungsmesse oder ein gemeinsamer Kreuzweg und schließlich die Abschlussmesse mit dem Papst.
Wer wollte, nahm bereits eine Woche früher an den Tagen der Begegnung teil, die die Pilger:innen in portugiesischen Diözesen verbringen konnten. Dort wartete ein umfangreiches Programm auf sie, bei dem sie in Kontakt mit Einheimischen, Pilgern anderer Länder und verschiedenen Kulturen kommen sollten.
„Es waren eine kleine brasilianische und eine sehr große französische Gruppe vor Ort, mit denen wir gemeinsam in dem Ort Vendas Novas untergebracht waren“, erzählt Stefan Erhard, Gemeindereferent und Fachreferent im Ministrantenreferat der Erzdiözese München und Freising. Er verbrachte die Woche mit 84 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Erzdiözese Évora. „Wir haben verschiedene kulturelle Highlights erlebt, was die Gepflogenheiten der anderen angeht. Aber durften auch an dem bunten Abend, der sehr schön war, vorstellen, was unsere Besonderheiten im Kirchenjahr sind.“
Aus der Umgebung reisten die Gläubigen dann Richtung Lissabon – oder machten sich per Bus oder Flugzeug aus der Heimat auf zu dem Großereignis. Schon am Münchner Flughafen war der Weltjugendtag kaum zu übersehen: Mexikaner mit pinken Outfits und Sombreros versammelten sich mit Deutschen, US-Amerikanern und Niederländern vor dem Abflug-Gate. Am Flughafen in Lissabon warteten freiwillige Helferinnen und Helfer mit gut erkennbaren Shirts in den Weltjugendtagsfarben Grün, Rot und Gelb auf die aufgeregten Gruppen, um sie geduldig und gut gelaunt zu ihren Unterkünften in Schulen und öffentlichen Gebäuden zu navigieren, oder Klerikern, Presse und anderen Besucher:innen weiterzuhelfen.
Selbstverständlich darf auch das Erzbistum-Maskottchen, der Korbiniansbär, nicht fehlen. Er reist zu jedem Weltjugendtag mit
Einmal in der Stadt angekommen, finden sich besonders entlang der Avenida da Liberdade – der zentralen Straße in der Stadt, die vom Zentrum bis zum Parque Eduardo, dem Hauptveranstaltungsort für die großen Zusammenkünfte – an jeder Ecke Hinweise auf den Weltjugendtag: Souvenirstände, Countdown-Anzeigen, Busse mit der Aufschrift „Bem-vindos a Jornada Mundial da Juventude“ (Willkommen zum WJT).
Eine halbe Million bis eineinhalb Millionen Pilgerinnen und Pilger werden zum Weltjugendtag erwartet. Erfahrungsgemäß steigt die Anzahl der Gäste, je näher die Vigil-Feier am Samstagabend mit dem Papst rückt. Um die Menschenmassen zu einer gemeinsamen Eucharistiefeier zu versammeln, dient der Parque Eduardo: Eine grüne Anhöhe, auf deren Spitze eine große Bühne aufgebaut ist. Normale Touristen oder Einheimische können die feiernden und singenden Menschen, die in Gruppen durch die Stadt ziehen, kaum ignorieren. Die Musik hallt weit über die historischen Häuser Lissabons hinweg.
„17 Uhr Abmarsch am Pilgerzentrum“, lautet die Ansage an die Pilgergruppe aus München. Um pünktlich um 19 Uhr bei der Eröffnungsmesse mit Kardinal Manuel Clemente anzukommen, heißt es erst einmal, sich mit Tausenden Menschen durch die Sicherheitskontrollen des abgezäunten Geländes zu schieben; ohne Pilgerausweis oder Akkreditierung ist das abgesperrte Gelände nicht zu betreten.
Auch bei der Eröffnungsmesse des Weltjugendtags 2023 in Lissabon mit dabei sind Michael und Sarah aus dem Erzbistum München und Freising
Im zugewiesenen Sektor A angekommen, setzen sich die Münchner:innen auf eine grüne Anhöhe. Sie sehen weder die Bühne noch einen der Bildschirme, sondern schauen auf die vielen Menschen in der Mitte der grünen Parkfläche, die den Blick bergaufwärts gerichtet haben. Trotzdem – die Stimmung ist gut. Das Maskottchen der Gruppe - ein Korbiniansbär aus Plüsch, mit Flagge als Umhang - wird herausgeholt und zur offiziellen Hymne des Weltjugendtags tanzen ein paar aus der Gruppe den einstudierten Tanz. Eine Übersetzung der auf Portugiesisch gehaltenen Messe gibt es über UKW-Radio oder den Live-Stream, die Lieder singt ein Chor. Bemerkenswert ist, wie gut die Verteilung der Hostien bei den Hunderttausenden von Menschen funktioniert: Schon während der Predigt verteilen sich lange Schlangen bei Kommunionshelfer:innen, begleitet von einem gut erkennbaren weißen Regenschirm, über das ganze Gelände.
Sarah und Michael aus München ziehen nach der Messe ein erstes Resümee: „Ich fand, dass es trotz der sprachlichen Barriere sehr schön war, dass wir alle zusammengekommen sind. Dass wir das erste Mal alle Nationen gesehen haben und zusammen die heilige Messe gefeiert haben“, sagt Sarah. Sie ist zum ersten Mal beim Weltjugendtag dabei und beeindruckt von der Gemeinschaft. Michael war bereits auf zwei Weltjugendtagen. Die jungen Menschen, die auch nach dem Schlusssegen im Park bleiben und feiern, geben ihm Hoffnung: „Es bleibt nicht stehen nach der Feier, es geht weiter. Es geht auch nicht ein paar Stunden weiter, sondern eine ganze Woche, und wir tragen diese Freude eigentlich auch in unser ganzes Leben hinaus.“
Text: Michelle Mink, Volontärin beim Sankt Michaelsbund, August 2023