Wie die Erzbischöflichen Schulen ihre Schöpfungsverantwortung wahrnehmen – und an andere weitergeben Eine neue Broschüre zeigt die hohe Qualität der Nachhaltigkeitsprojekte an den Schulen des Erzbistums und was vor allem Erwachsene davon lernen können

Worte allein werden die Welt nicht retten. Über Klimawandel, Schöpfungsverantwortung oder Nachhaltigkeit scheint alles gesagt zu sein – in Predigten, Reden oder in den Medien. Wie gut also, dass die Schülerinnen und Schüler der Erzbischöflichen Schulen den Worten der Geistlichen, Politiker oder Journalisten Taten folgen lassen – und sogar bereit sind, ihren Lebensstil zu ändern, was ihnen eine hohe Glaubwürdigkeit verleiht. Was sie an ihren Schulen schon alles bewegt haben, zeigt eine neue Broschüre des Erzbistums. Sie regt zum Nachdenken an – und zum Nachahmen! 
Kardinal Marx auf der Klimakonferenz 19
Die Schülerinnen und Schüler der Erzbischöflichen Schulen nehmen den Schutz der Schöpfung sehr ernst. Ihr Engagement beeindruckte auch Kardinal Reinhard Marx bei der Kleinen Klimakonferenz 2019.
Broschüre Schöpfungsverantwortung an den Schulen
Die neue Broschüre "Schöpfungsverantwortung".
Die Broschüre „Schöpfungsverantwortung“ aus der Reihe „Die Schulen der Erzdiözese München und Freising“ (hier geht's zum Download) spannt inhaltlich einen weiten Bogen. Er reicht von den diözesanen Nachhaltigkeitsleitlinien über die ersten Schulprojekte im Jahr 2016 bis zu tiefgreifenden Veränderungen in den diözesanweiten Vernetzungsstrukturen. Sie zeige, sagt Ordinariatsdirektorin Dr. Sandra Krump, „was mit überschaubaren finanziellen Mitteln, der engagierten Ausrichtung aller Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel und der Unterstützung durch die Erzdiözese als Schulträgerin alles erreicht werden kann“.

In ihrem Vorwort betont die Leiterin des Ressorts Bildung, dass sich das definierte Profilfeld Schöpfungsverantwortung an den Erzbischöflichen Schulen „in erstaunlicher, in bewundernswerter Weise entwickelt“ habe. Bei allem, was sie an den Schulen tun würden, gehe es darum, die Balance zu halten zwischen

  • dem Wahrnehmen der Verantwortung der Erwachsenen für die nachfolgende Generation unter Beibehaltung der Rollen, die Erwachsene gegenüber Kindern und Jugendlichen im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsprozesses haben, und
  • dem Kontakt auf Augenhöhe mit den Kindern und Jugendlichen aufgrund der Sondersituation, dass die zum Teil irreversiblen Folgen der heute im Bereich Schöpfungsverantwortung getroffenen Entscheidungen vorrangig von den nachfolgenden Generationen getragen werden müssen.  

Im persönlichen Gespräch macht sie nochmals deutlich, dass die Broschüre in erster Linie ein Ziel verfolge: andere zum Mitmachen und zum Umsetzen entsprechender Projekte zu motivieren! Dazu gehören Schulen und Schulträger („An jeder Erzbischöflichen Schule gibt es eine Lehrkraft, die als Umweltbeauftragte ansprechbar ist und konkrete Informationen, Tipps und Ratschläge für die verschiedenen Projekte geben kann“) – aber auch die Entscheider in Politik und Wirtschaft. „Die Broschüre zeigt, dass die Jugendlichen sehr wohl bereit sind, ihren Lebensstil zu ändern und zum Beispiel auf klimaschädliche Aktivitäten zu verzichten. Sie stellen nicht nur Forderungen, sondern lösen sie in dem Bereich, den sie beeinflussen können, auch ein. Das soll die anderen Entscheidungsträger motivieren, sich in dieselbe Richtung zu bewegen.“
 

Alle Erzbischöflichen Schulen arbeiteten gemeinsam an einem Thema

Treffen in Königsdorf 2016
In Königsdorf wurde 2016 viel diskutiert.
Mattias Kiefer, Leiter der Abteilung Umwelt, arbeitete bei diesem Pilotprojekt eng mit dem Bildungsressort zusammen. In der Broschüre weist er auf einen weiteren wichtigen Punkt hin. Bei der Umsetzung der Projekte sei im Erzbistum viel Neuland betreten worden, schreibt er. Denn zum ersten Mal hätten die Schülerinnen und Schüler aller Erzbischöflichen Schulen über alle Schularten hinweg an einem Thema gearbeitet. Auch die Lehrkräfte hätten sich als Umweltbeauftragte schulübergreifend miteinander vernetzt.

Auch von seiner Erfahrung können andere profitieren. Er betont, dass für die Praxis „die handelnden Personen“ entscheidend seien. Ohne den hartnäckigen Einsatz des damaligen Projektleiters Anselm Kirchbichler beispielsweise stünde das Teilprojekt Schule nicht da, „von wo aus wir heute dieses Zwischenfazit ziehen dürfen“. Er trug unter anderem dazu bei, dass die Schulen bereits 2016 in das drei Jahre zuvor gestartete diözesane Projekt „Wir übernehmen Schöpfungsverantwortung“ eingebettet wurden.
 

Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen auf dem Weg „in die Linie“

Für den Weg „vom Pilotprojekt in die Linie“ und damit in die Einbindung in die diözesanen Strukturen nennt Mattias Kiefer weitere Erfolgsfaktoren. Sie können als Handlungsempfehlungen gesehen werden, die anderen Institutionen oder Projektleitern auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit helfen können:

  • Das große Engagement der Beteiligten vor Ort (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Direktorinnen und Direktoren, Mitarbeitende der Schulverwaltungen), das durch Fortbildungen und Wertschätzung durch das Ordinariat noch verstärkt wurde;
  • Die hohe Fachlichkeit der Beteiligten, allen voran der Schülerinnen und Schüler; 
  • Großzügige Ressourcen: Das Erzbistum stellte pro Jahr einen finanziellen Zuschuss von bis zu 1.500 Euro für jede Schule und ihre Projekte zur Verfügung; 
  • Die Bereitschaft aller Beteiligten, Mittel zu poolen und zu ermöglichen, dass die Umweltbeauftragten an den Schulen dafür bis zu zwei Anrechnungsstunden pro Woche bekommen;   
  • Das gesellschaftliche und politische Klima der letzten Jahre, das auch dank der Fridays-For-Future-Bewegung atmosphärisch den Boden für mehr Schöpfungsverantwortung bereitete. 

Sandra Krump würdigt ebenfalls die Einzigartigkeit dieser Jugendbewegung und die neue Qualität ihrer Forderungen. Diese könnten von keinem Erwachsenen mit dem beliebten Argument abgewehrt werden, die jungen Leute sollten warten, bis sie selbst als Erwachsene in den entsprechenden Positionen seien. „Viele Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden. Sie können später nicht mehr revidiert werden. Schäden, die entstehen, sind in vielen Bereichen nicht mehr reparabel – alle Auswirkungen werden aber vorrangig von den kommenden Generationen ertragen werden müssen.“
Was die Broschüre auch zeigt: wie wichtig persönliche Begegnungen und Treffen für den Erfolg waren. So trafen sich die neu gegründeten Umweltteams der Schulen im Herbst 2016 in der Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf. In Anlehnung an die Nachhaltigkeitsleitlinien der Erzdiözese legten sie insgesamt neun Themenfelder fest (Energie, Abfall, Ernährung etc.), die an den Schulen in den folgenden Jahren in konkrete Projekte übertragen und umgesetzt werden sollten.
 

Wegweisend: die Kleine Klimakonferenz der Erzbischöflichen Schulen 2019

Klimakonferenz 2019
Auf Augenhöhe: Kardinal Marx stellte sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler der Erzbischöflichen Schulen bei der Kleinen Klimakonferenz im Juli 2019 in München.
Dann kam der Juli 2019, und eine wegweisende Veranstaltung brachte frischen Schwung in das Pilotprojekt: die Kleine Klimakonferenz der Erzbischöflichen Schulen. Erstmals konnten Schülerinnen und Schüler „auf Augenhöhe“ mit den Verantwortlichen und Entscheidern des Erzbistums über Schöpfungsverantwortung, die Rettung des Planeten und die Möglichkeiten der Schulen diskutieren, dem Lauf der Dinge etwas entgegen-zusetzen. Es habe sich ein „echtes Gespräch“ entwickelt, „ein Austausch von Erfahrungen und konkreten Vorhaben“, wie es in der Broschüre heißt.

In der Diskussionsrunde mit Kardinal Marx habe sich die klare Fokussierung der Schülerinnen und Schüler auf „konkrete Vereinbarungen, die diesem Austausch folgen sollten“, gezeigt. Das beeindruckte den Kardinal und die übrigen Verantwortlichen derart, dass sie nur wenige Tage später ein Schreiben an alle Schulen des Erzbistums verfassten, in dem sie die gemachten Zusagen schriftlich bestätigten (siehe Anhang der Broschüre).
 

Taten statt Worte: Best-Practice-Beispiele an den Schulen

Dieses Schreiben diente fortan als „Handlungsgrundlage, deren Umsetzung konkret überprüft werden kann und soll“. Es versprach die Einrichtung einer neuen, bayernweit einzigartigen Funktion, welche die Umweltteams untereinander und mit dem Erzbischöflichen Ordinariat vernetzen soll: die Stelle einer zentralen Fachberaterin für Umweltteams der Erzbischöflichen Schulen, die mit Johanna Tyllack besetzt wurde, Lehrerin am Edith-Stein-Gymnasium in München. Zusätzlich wurde in der Abteilung Umwelt (inzwischen Trägerin des staatlichen Qualitätssiegels umweltbildung.bayern) eine halbe Referentinnenstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung geschaffen. Auf diese wechselte mit Isabel Otterbach die vormalige Leiterin des Fachbereichs Globales Lernen der Abteilung Weltkirche. Den Umweltbeauftragten wurden Fortbildungsmöglichkeiten angeboten und eine Lernplattform eingerichtet, auf der sie sich über die Fortschritte der einzelnen Projekte austauschen können.  

Einige davon, die als „besonders gelungen und vorbildhaft gelten können“, werden am Ende der Broschüre vorgestellt. Darunter seien auch einige, so Sandra Krump, bei denen es gelungen sei, Einzelprojekte konsequent weiterzuentwickeln und damit verkrustete Strukturen bzw. eingefahrene Verhaltensmuster aufzubrechen:
 
  • Die St. Irmengard-Schulen in Garmisch-Partenkirchen fingen mit einer klimafreundlichen Klassenfahrt an und gestalteten am Ende das Klassenfahrtprogramm für die gesamte Schule um. Dort werden beispielsweise keine Flugreisen mehr unternommen – mit Ausnahme des USA-Austauschs. Die Schülerinnen und Schüler, die daran teilnehmen, kompensieren den CO2-Ausstoß jedoch nicht finanziell, sondern pflanzen dafür im Bergwald Bäume, „was eine ziemliche Plackerei ist“, sagt Sandra Krump. 
Heckenirrgarten Hochland
Der ökologische Fußabdruck bei der Jugendsiedlung Hochland nahe Königsdorf ist ein gelungenes Beispiel für ein nachhaltiges Projekt.
  • Ein Heckenirrgarten in Form eines menschlichen Fußes, der als begehbarer menschlicher CO2-Fußabdruck dient und durch den man den Weg nur über die Beantwortung richtiger Fragen zur Schöpfungsbewahrung findet, ist ein gelungenes Beispiel für ein nachhaltiges Projekt, das Wissen und Erkenntnis zum Klimawandel dauerhaft vermitteln soll (St. Ursula-Gymnasium Schoss Hohenburg, 2016)  
  • Die Gründung der Firma My Clean Bottle (Maria Ward-Gymnasium, 2019), die personalisierte Filzhüllen für Glasflaschen verkauft und ihr Startkapital über die Ausgabe von Anteilsscheinen finanzierte. Sandra Krump: „Auf dieser Erfahrung kann man aufbauen und überlegen, wie im Alltag immer weiter auf Ein-Weg-Verpackungen verzichtet werden kann.“  
 

Staatlicher Zuschuss für Sanierung der Innenbeleuchtung

Auch der Staat belohnt das nachhaltige Engagement der Erzbischöflichen Schulen. Im Februar 2021 wurden dem St. Ursula-Gymnasium Schloss Hohenburg aus den Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt rund 7.000 Euro für die Sanierung der Innenbeleuchtung ausbezahlt. Mit dem Zuschuss und der Übernahme der verbleibenden Kosten durch die Erzdiözese wurden die Aula, Flure und Büros der Schule mit neuer LED-Lichttechnik ausgestattet. Diese stellt u.a. sicher, dass das Licht nur bei Bedarf eingeschaltet wird. Ein Zertifikat der Klimaschutzinitiative bescheinigt die Einsparung von 287 Tonnen CO2.
 

Wie es beim Projekt Schöpfungsverantwortung an den Schulen weitergeht

Ihrer Schöpfungsverantwortung wollen die Erzbischöflichen Schulen auch in Zukunft gerecht werden und planen bereits die nächsten Aktivitäten. „Bei der Kleinen Klimakonferenz hat Kardinal Marx vorgeschlagen, kirchlichen Akteuren einen Umweltpreis für ihr besonderes Engagement zu verleihen “, erzählt Sandra Krump. „Der neue, von Kardinal Marx gestiftete ‚Laudato Si‘-Preis soll im Herbst 2021 ausgelobt und im Sommer 2022 vergeben werden.“

Im Herbst dieses Jahres soll darüber hinaus das neue Weiterbildungsprogramm „Schöpfungspädagogik“ in Kooperation mit der Abteilung Umwelt des Ordinariats und dem Campus St. Michael in Traunstein starten. Zu dieser „interdisziplinären Weiterbildung für Lehrkräfte der Erzbischöflichen Schulen“ gehören mehrtägige Lernmodule, Naturexerzitien und die Umsetzung eines schöpfungspädagogischen Projekts an den jeweiligen Schulen. Sandra Krump: „Ein solches Angebot gibt es sonst nirgendwo. Es zielt darauf ab, den besonderen Stellenwert, den Schöpfung und Schöpfungsverantwortung im christlichen Glauben haben, erfahrbar zu machen. Zugänge zur Schöpfungsspiritualität sind deshalb ein wichtiger Teil der Weiterbildung.“

Autor: Christian Horwedel, Freier Redakteur, April 2021
 

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