Pausenengel und SAMS Schulpastoral schafft Gemeinschaft und spendet Trost

Im Jahr 1996 gaben die deutschen Bischöfe den Startschuss für ein pastorales Angebot in den Schulen ergänzend zum Religionsunterricht. Heute sind an etwa 110 Schulen in der Erzdiözese München und Freising Beauftragte mit ihren Angeboten vertreten. Um die große Nachfrage abzudecken, geht die Schulpastoral in der Ausbildung neue Wege und öffnet sich zunehmend auch für Lehrkräfte anderer Fachrichtungen.
Schüler bei Orientierungstagen
Schüler bei Orientierungstagen: Schulen ohne feste Beauftragte für Schulpastoral können externe Angebot wie Orientierungstage wahrnehmen, etwa beim Schulpastoralen Zentrum Fürstenried
„Die Pausenengel haben mir sehr geholfen, als ich letztes Jahr ganz neu an der Schule war.“ „Ich war froh, als ein Pausenengel zu mir kam, als ich in der ersten Klasse alleine herumstand.“ So begeistert und dankbar äußern sich Schülerinnen und Schüler der Grundschule an der Schäferwiese in München Obermenzing auf der Website der Schule über das Projekt „Pausenengel“. Initiiert hat die Arbeitsgruppe Ingrid Schießl. Seit fünf Jahren engagiert sich die katholische Religionslehrerin an ihrer Schule in der Schulpastoral. Sie habe, erzählt Ingrid Schießl, einfach eine solche Notwendigkeit gespürt für ein Angebot, das über den Unterricht hinausgeht: „Im Religionsunterricht ist so viel aufgelaufen an Themen und Gesprächen, die ich mit dem Gong schlagartig beenden musste, dass ich irgendwann beschlossen habe: Jetzt ziehe ich etwas hoch.“
 
Raum der Schulseelsorge "SAMS" an der Grundschule an der Schäferwiese in München Obermenzing
Im liebevoll eingerichteten Raum der Schulseelsorge SAMS können Schülerinnen und Schüler bei Ingrid Schießl ihre Seele erleichtern
Mit einem Konzept ging Ingrid Schießl nach den Sommerferien zum Schulreferat sowie zu ihrer Rektorin – und traf dort auf offene Türen. Alle Seiten unterstützten die Idee, an der Grundschule eine schulpastorales Angebot einzurichten. Ingrid Schießl reduzierte die Unterrichtsstunden ihrer Vollzeitstelle auf zwei Drittel; die restlichen zehn Wochenstunden teilt sie seither auf auf Projekte der Schulpastoral wie die „Pausenengel“ und das Gesprächsangebot SAMS, ausgeschrieben: Seelsorge an meiner Schule. In einem eigens hergerichteten Raum, gut sichtbar im Zentrum der Schule, können die Kinder Ingrid Schießl nun jeden Mittwochvormittag aufsuchen, wenn sie etwas bedrückt, sei es Streit mit der besten Freundin, Ärger in der Klasse oder Probleme in der Familie. Das Angebot kommt sehr gut an.
 
„Die Nachfrage der Schulen nach begleitenden, fürsorgenden Elementen ist groß“, sagt Gerhard Schneider. Der Pastoralreferent leitet seit mehr als zehn Jahren den Fachbereich Schulpastoral bei der Erzdiözese München und Freising. An rund 110 Schulen in der Erzdiözese gibt es bereits ein festes schulpastorales Angebot, etwa 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort im Einsatz. Doch die Nachfrage ist weit größer. Deswegen sucht das Erzbistum weitere Kräfte. Im November 2024 ist der jüngste Qualifizierungskurs gestartet.
 
Den Startschuss für ein Engagement der katholischen Kirche über den Religionsunterricht hinaus gaben die deutschen Bischöfe im Jahr 1996 mit einer gemeinsamen Erklärung. Bis dahin war die Herangehensweise die einer Schülerseelsorge, es gab vor allem Projekte wie Bibeltage an einzelnen Schulen. Doch über die Jahre nahm dieses Engagement bundesweit mehr und mehr Form an. „Es war eine große Erkenntnis, dass Schülerinnen und Schüler immer mehr Zeit in der Schule verbringen“, sagt Gerhard Schneider. Spätestens mit Ganztagsangeboten wird die Schule immer mehr von einem reinen Lern- zu einem Lebensraum für die Kinder und Jugendlichen, wie auch für die weiteren Mitglieder der Schulfamilie. „Das bedeutete auch, dass wir als Kirche uns mehr kümmern müssen“, sagt Gerhard Schneider.
 

Menschlichkeit und Werte im Mittelpunkt des Schulalltags

Ingrid Schießl, Beauftragte für Schulpastoral und Schulseelsorge an ihrer Grundschule in Obermenzing
Ingrid Schießl
Die Schulpastoral war geboren. Sie soll ein Beitrag dazu sein, Schule als ein humanes, angenehmes Miteinander zu gestalten, Solidarität untereinander befördern und Werte wie Vielfalt, Toleranz, Respekt und Demokratie. Dabei steht stets der Mensch im Mittelpunkt. Denn Schule ist eben mehr als die Vermittlung von Wissen. Durch Gesprächsangebote zur Lebensorientierung, gemeinsame Projekte, auch Impulse zur religiösen Verortung begleiten die Beauftragen für Schulpastoral bei der persönlichen Entwicklung und tragen so dazu bei, den Schulalltag ganzheitlich zu gestalten.
 
Das Angebot richtet sich an alle Schularten, von der Grundschule bis zu beruflichen Schulen, egal ob kirchlicher, staatlicher oder kommunaler Träger. Und es bezieht bewusst alle Akteure der Schulfamilie ein, von Schülerinnen und Schülern über Lehrkräfte und Eltern bis hin zu Verwaltungskräften oder Hausmeistern. „Alle im Lebensraum Schule sind für uns wichtig“, sagt Fachbereichsleiter Gerhard Schneider. Und der Bedarf ist groß. Viele Schulen möchten Schulpastoral an ihrer Schule installieren, berichtet Gerhard Schneider, als Basis zur Wertevermittlung sei das Angebot sehr geschätzt. Skepsis, wie sie die Kirche als Institution in der jüngeren Vergangenheit zum Teil in der Öffentlichkeit erfährt, erlebt Gerhard Schneider gegenüber der Schulpastoral nicht. „Die Schulen sehen rasch, was der Mehrwert eines humanen oder christlichen Umgangs ist“, sagt er.
 
Gerhard Schneider, Leiter des Fachbereichs Schulpastoral im erzbischöflichen Ordinariat München
Gerhard Schneider
Für Schulen ist das Angebot zudem kostenfrei, für die Finanzierung steht das jeweilige Bistum ein. Lehrerinnen und Lehrer wie Ingrid Schießl, die im kirchlichen Dienst stehen, werden für eine bestimmte Anzahl an Stunden für die Schulpastoral freigestellt und bezahlt. Schulen, die keine feste Schulpastoral haben, erhalten Zuschüsse für Einzelprojekte wie Tage der Orientierung. Lehrkräfte, die nicht bei der Kirche angestellt sind, erhalten derzeit für ihr pastorales Engagement eine jährliche Pauschale vergleichbar jener für Übungsleiter.
 
Um in der Schulpastoral tätig zu werden, müssen Interessierte über zwei Jahre berufsbegleitend einen sogenannten Qualifizierungskurs absolvieren. In dieser Fortbildung geht es zum Beispiel um seelsorgliche Gesprächsführung oder den Umgang mit Krisen im Lebensraum Schule. Außerdem werden eigene schulpastorale Projekte entwickelt. Wer möchte, kann die Qualifizierung zur Schulpastoral noch um eine Ausbildung zur Schulseelsorge ergänzen. In der Qualifizierung arbeitet die Erzdiözese München und Freising seit einigen Jahren mit den Diözesen Augsburg und Eichstätt zusammen. „Wir haben unsere Kooperation als bayerische Diözesen verstärkt, seit wir nicht nur Pastoralreferenten, sondern vermehrt auch staatliche Lehrerinnen und Lehrer dabei haben“, erklärt Gerhard Schneider. Schließlich haben diese alle dasselbe Staatsministerium als Ansprechpartner, gleich welcher Diözese sie angehören.

Neue Wege in der Qualifizierung

 
Die Qualifizierung richtet sich hauptsächlich an Religionslehrerinnen und -lehrer, die ihr Spektrum erweitern wollen. Doch auch Lehrkräfte anderer Fachrichtungen mit festem Bezug zum Glaubensleben können sich grundsätzlich in der Schulpastoral engagieren. So legte es bereits die Erklärung der deutschen Bischöfe von 1996 zugrunde. Dort heißt es: „Alle Christinnen und Christen in der Schule können schulpastorale Akteure sein.“ In der Praxis sei das jedoch noch eine Gratwanderung, sagt Gerhard Schneider. Denn die Diözese setzt eigentlich eine religionspädagogische Ausbildung als Grundlage voraus. „Wir wollen durchaus auch Mathe- oder Physiklehrer ausbilden, dabei wollen wir aber die offiziellen Rahmenbedingungen erfüllen – wir tüfteln derzeit daran, wie das funktionieren kann“, sagt Gerhard Schneider.
 
Am Ende des Qualifikationskurses erhalten die Absolventen ein Zertifikat und die offizielle Beauftragung zur Schulpastoral durch den Ordinarius ihres jeweiligen Bistums. Die Ausbildung ist nach Ingrid Schießls Erfahrung absolut empfehlenswert für alle, die Freude daran haben, mit Kindern den Lebensraum Schule zu gestalten, Gemeinschaft aufzubauen und zu erleben. „Das Tolle an der Schulpastoral ist, dass ich ganz frei bin in meiner Arbeit“, sagt die 56-Jährige. „Ich kann schauen, was an meiner Schule gerade nötig ist. Das spüren auch die Kinder – dass man einfach für sie da ist.“

Text: Irmengard Gnau, freie Redakteurin, Februar 2025

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