Wer heutzutage im Erzbistum auf eine kirchliche Schule gehen will, hat ziemlich viel Auswahl: Von der Grundschule bis zum Gymnasium – alles ist vertreten. Allein 14 Realschulen bietet die Erzdiözese an, zum Beispiel in Freilassing. In der Erzbischöflichen Mädchenrealschule Franz von Assisi zählen natürlich christliche Werte wie Glaube, Hoffnung und Gerechtigkeit viel – aber eben nicht nur.
(v.l.) Die Schülerinnen Nika Paponja, Anna Abfalter, Theresa Hönig, Direktor Nicholas Mayer und Schülerin Daniela Hönig
„Hier stehen drei Werte an die Wand geschrieben: 'Vertrauen', 'Gemeinschaft' und 'Echt sein'“. Das bezieht sich auf Schüler, aber auch auf Lehrer!“, lächelt Nicholas Mayer die Gruppe von Schülerinnen an, die entspannt bei ihm im Direktorenzimmer sitzen. Entspannt auch deshalb, weil sie sich ihrer Schule wohl fühlen – und zwar von Anfang an: „Wenn man durch die Tür geht, hat man das Gefühl dazu zu gehören, obwohl man noch nie hier war“; „Meine beiden Schwestern waren schon hier und haben immer erzählt, dass die Lehrer richtig nett sind“; „Es ist eine schöne Schulgemeinschaft, das merken auch Außenstehende“, umreißen Anna, Theresa und Nika, was ihnen an der Atmosphäre ihrer Schule gefällt.
Überreichung der Urkunde als "MINT-freundliche Schule" am 1. Dezember 2023 in München
Dieses „Ich darf so sein, wie ich bin!“ ist aber nur ein Aspekt des positiven Miteinanders. Inhaltlich wäre da zum Beispiel die starke Förderung des MINT-Bereiches. MINT ist der Fächerkanon Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Wer den mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bereich belegt, wird in diesen Fächern besonders gefördert und schließt mit einer erweiterten Mathematikprüfung und einer zusätzlichen Abschlussprüfung in Physik ab. Der hohe Standard hat auch dazu geführt, dass die Mädchenrealschule das Label „MINT-freundliche Schule“ erhalten hat. Direktor Mayer würde sich allerdings wünschen, dass noch mehr Mädchen den technischen Bereich einschlagen.
In vertrauter Umgebung nach der Mittleren Reife weiter lernen
Wahlweise können die Schülerinnen ab der 7. Klasse den kaufmännisch-wirtschaftlichen, den sprachlichen und den Zweig Ernährung und Gesundheit belegen. Lina Auer und Hannah Unterrainer haben sich für diese Richtung entschieden, weil sie nicht nur theoretischen Lernstoff, sondern auch Praktisches umfasst: „Etwas, das man – wie das Kochen – eigentlich jeden Tag braucht!“
Franz von Assisi, der Patron der Mädchenrealschule
Im sprachlichen Bereich belegen die Schülerinnen eine zweite Fremdsprache, in Freilassing ist das Französisch. Praktikantin Daniela Hönig ist hier fast so etwas wie ein lebender Werbeträger: Sie ist Absolventin der Realschule, hat an der Fachoberschule neben Englisch und Französisch auch noch Spanisch belegt und ist als Lehramtsstudentin mit Hauptfach Französisch wieder für ein Praktikum an die Mädchenrealschule Franz von Assisi zurückgekehrt.
Sie könnte sich gut vorstellen, eines Tages hier den Lehrkörper zu verstärken. Besonders praktisch für die Zehn- bis 17-jährigen Realschülerinnen: Die Fachoberschule befindet sich auf demselben Gelände. Die räumliche Nähe sorgt dafür, dass die Mädchen schon früh mitbekommen, wie es in den oberen Klassen „so zugeht“. So manche Realschülerin fasst deshalb schon früh den Vorsatz, nach der Mittleren Reife weiter zu machen – in vertrauter Umgebung, teils sogar mit Lehrkräften, die sie seit der 5. Klasse kennen und eventuell in der 12. Klasse wieder treffen.
Zusammenhalt zwischen Klassen, Nationen und Religionen
Neben Ausbildungszweigen, Schulnoten und Zukunftsplanung geht es ganz entscheidend auch um ein gutes Miteinander vieler Nationalitäten. Vor einiger Zeit hatte die Schule eine Abstimmung unter den Schülerinnen durchgeführt: 90 Prozent waren für einen Beitritt zum Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Zivilcourage“. Mit einer ganzen Reihe von Aktionen untermauerten sie ihren festen Vorsatz: „Rassismus hat bei uns nichts verloren!“
Nika Paponja aus der 10. Klasse unternahm mit einer Mitschülerin eine Umfrage, wieweit sich Lehrer und Schüler untereinander vertrauen würden und dokumentierten die Ergebnisse mit einer Plakataktion. Für ihre Bemühungen wurden Lehrer und Schülerinnen mit dem Label „Schule ohne Rassismus – Schule mit Zivilcourage“ ausgezeichnet. „Zum damaligen Zeitpunkten hatten wir über 40 Nationen hier im Haus“, erklärt Direktor Nicholas Mayer, „und der Zusammenhalt herrscht in den Klassen, zwischen den Kulturen – und zwischen den Religionen. Wir sind eine kirchlich-christliche Schule, aber wir haben viele Schülerinnen mit einem anderen Glauben, und auch die fühlen sich wohl hier im respektvollen Zusammenhalt!“
Stürmisch gefeiert – die Darstellerinnen des Musicals „Franzi“
Mittlerweile steht der Wert „Vertrauen“ in großen Lettern neben „Ehrlichkeit“, „Zusammenhalt“ und „Hilfsbereitschaft“ auf den Stirnseiten von Treppenstufen im Schulgebäude. Als Erinnerung daran, was beim täglichen Umgang zählt - und dass die Schule bereits seit 100 Jahren dem christlichen Menschenbild verpflichtet ist.
Ein Musical zum Jubiläum
Dieses 100-jährige Jubiläum feierte die Franz von Assisi-Schule im vergangenen Jahr mit einem großen Festakt. Kardinal Reinhard Marx zelebrierte den Festgottesdienst und stellte sich anschließend auf dem Podium den Fragen der Schülerinnen. Natürlich wurde auch an die gedacht, die vor langer Zeit den Grundstein zur heutigen Mädchenrealschule gelegt hatten: Schwestern aus dem Franziskanerinnenkloster Au am Inn. Sie leiteten die Schule bis in die 1970er Jahre hinein.
Und weil der heilige Franziskus mit seinem Engagement für die Schöpfung Gottes bis heute eine Rolle spielt, hob die Schule zusammen mit der Fachoberschule nebenan „Franzi – Das Musical“ aus der Taufe. Fünf statt der geplanten zwei Vorstellungen stemmten Lehrer und Schülerinnen, mit insgesamt 1.200 Besuchern. "Drei Kollegen aus den Fachbereichen Musik, Deutsch und Englisch haben sich entschieden, eine komplette Eigenproduktion zu erstellen – mit eigenem Text, eigenen Melodien, selbstgebauten Bühnenbildern und verstärkt durch Orchester und Gesang", freut sich Nicolas Mayer.
In dem Musiktheater verwandelt sich die konsumorientierte Schülerin „Franzi“ mit eher geringen schulischen Ambitionen und mit der Unterstützung von bis dato belächelten Mitschülerinnen zu einer jungen Frau, die sich um ihre Umwelt und die Zukunft kümmert. Vielleicht ein Symbol für die erzbischöfliche Mädchenrealschule in Freilassing: Festen Werten verpflichtet und trotzdem zu 100 Prozent auf Zukunft ausgerichtet.
Text: Willi Witte, Radioredakteur beim Sankt Michaelsbund, April 2024
Erzbischöfliche Mädchenrealschule Franz von Assisi Freilassing
Laufener Straße
83395 Freilassing
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Leiter:
Nicholas Mayer, RSD i.K.