Wenn die Welt Kopf steht und vermeintliche Sicherheiten verloren gehen, zeigt sich die Kraft des Ehrenamts: Menschen erfahren durch andere Menschen Halt und Hilfe. Zugleich wirkt das Engagement sinnstiftend und bereichernd für die ehrenamtlich Tätigen. Olena Rybak und Ruslana Dotsenko aus der Ukraine haben im Projekt „Kirche geht in die Schule“ beide Seiten kennengelernt und die Möglichkeit gefunden, Freundschaften zu schließen und neue Wurzeln zu schlagen.
V.l.n.r.: Olena Rybak, Ruslana Dotsenko und Projektleiterin Monika Feichtner-Wörndle
Das vom Fachbereich Schulpastoral und der Abteilung Religionsunterricht an Grund-, Mittel- und Förderschulen im Erzbischöflichen Ordinariat München unterstützte Projekt „Kirche geht in die Schule“ (KgidS) der Pfarrei St. Martin / Pfarrverband Zugspitze wurde 2007/2008 ins Leben gerufen. Die Ehrenamtlichen kommen aus unterschiedlichen Berufsgruppen und befinden sich mehrheitlich im Ruhestand. Sie helfen den Kindern und Jugendlichen an der Grund- und Mittelschule „Am Gröben“ in Garmisch-Partenkirchen beispielsweise mit Einzel- oder Kleingruppentraining in Deutsch und Mathematik, Sprachtraining für Schüler mit Migrationshintergrund und ohne Deutschkenntnisse, Ausbildungspatenschaften beim Übergang von der Schule in den Beruf oder als Begleitung bei Klassenfahrten, Unterrichtsgängen und Ausflügen.
Als im Februar 2022 die ersten Geflüchteten aus der Ukraine in Garmisch-Partenkirchen eintrafen, initiierte Kathrin von der Goltz, Rektorin der Grund- und Mittelschule „Am Gröben“, außerdem einen Deutschkurs für ukrainische Frauen, der innerhalb weniger Tage ausgebucht war. Olena Rybak, die selbst aus der Ukraine nach Deutschland kam, engagierte sich zunächst im Sprachkurs und ist mittlerweile in der Hausaufgabenbetreuung der Schule im Einsatz – unterstützt von ihrer früheren Schülerin Ruslana Dotsenko.
Olena Rybak erzählt aus Sicht einer Ehrenamtlichen von dem Projekt:
„In der Ukraine war ich als Lehrerin tätig, allerdings nicht für Deutsch, sondern für Polnisch. Deutsch habe ich in der Schule gelernt, mich immer dafür interessiert und zum Beispiel Bücher auf Deutsch gelesen. Daher habe ich mich sehr gefreut, beim Sprachkurs für ukrainische Frauen zu unterstützen und den Kurs schließlich sogar selbst zu leiten. Mehr als 30 Frauen aus verschiedenen Regionen der Ukraine nahmen teil. Alle waren unglücklich und frustriert, es war eine stressige Zeit. Da hat es mich sehr bewegt, zu sehen, wie fleißig die Frauen mitgemacht und gelernt haben, wie sie zumindest für den Moment nicht an den Krieg gedacht haben. Das war auch für mich tröstlich.“
„Die Sprachkurse werden mittlerweile über die Jobcenter durchgeführt, aber mir ist es sehr wichtig, mich weiterhin zu engagieren. Ich möchte etwas zurückgeben, als Dankeschön für die Unterstützung, die ich in Deutschland erfahre. Deshalb engagiere ich mich im Rahmen des Projekts in der Hausaufgabenbetreuung. Ich helfe circa zehn Kindern der zweiten Klasse in Deutsch und Mathe. Die Kinder sind sehr offen und freundlich und haben immer viele Fragen, es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Sie sind auch immer richtig stolz, wenn sie mir ein bayerisches Wort beibringen, das ich noch nicht kenne. Der Markt Garmisch-Partenkirchen ist kein großer Ort, man begegnet sich auf der Straße – ich freue mich immer, wenn mich die Kinder unterwegs begrüßen.“
„Ruslana gehörte zu meinen besten Schülerinnen im Deutschkurs für ukrainische Frauen. Sie unterstützt mich inzwischen bei der Hausaufgabenbetreuung der Kinder. Für uns ist das Projekt 'Kirche geht in die Schule' auch eine Möglichkeit, uns zu integrieren und etwas zu leisten.“
Ruslana Dotsenko berichtet aus Sicht einer Kursteilnehmerin, die heute selbst ehrenamtlich tätig ist, über das Projekt:
„Als ich im März 2022 nach Deutschland kam, konnte ich kein Deutsch. Der Sprachkurs von 'Kirche geht in die Schule' war da eine große Hilfe. Denn ohne Sprachkenntnisse kann man im Grunde gar nichts selbstständig machen. Mittlerweile kann ich mich viel besser verständigen. Ich kann einkaufen, zur Bank oder ins Landratsamt gehen oder zum Arzt, ohne dass mich jemand zum Übersetzen begleiten muss. Es ist mir sehr wichtig, dass ich die Kultur und die Menschen hier verstehe – der Sprachkurs hat mir sehr dabei geholfen, mich einzuleben.“
„Nach dem Abschluss des Kurses wollte ich mich selbst einbringen und helfen, so gut ich kann. Zuerst habe ich bei einem Projekt der Caritas mitgemacht. Als dies zu Ende war, wollte ich unbedingt weitermachen. Als ich die Möglichkeit bekam, bei 'Kirche geht in die Schule' mitzuhelfen, habe ich gleich gesagt: ‚Ja! Ja, sehr gerne.‘ In der Ukraine habe ich als Ingenieurin gearbeitet und daher keine praktische Erfahrung als Lehrerin. Aber ich habe selbst vier Enkel und bin gern mit Kindern zusammen. Es macht mir viel Freude, sie bei ihren Hausaufgaben zu unterstützen.“
„Sehr schön fand ich das gemeinsame Sommerfest des Projektteams. Es war eine tolle Atmosphäre. Alle waren so freundlich – ich war begeistert. Ich arbeite in diesem Ehrenamt mit sehr netten Menschen zusammen, an die ich mich immer wenden kann, wenn ich Fragen habe oder Unterstützung benötige. Manchmal fühle ich mich allein und bin einsam. Mein Engagement hilft mir dabei, mich hier zu Hause zu fühlen.“
Schulpastoral
Schrammerstraße 3
80333 München
schulpastoral(at)eomuc.de
Fachbereichsleiter:
Gerhard Schneider
Religionsunterricht an Grund-, Mittel- und Förderschulen
Kapellenstr. 4
80333 München
Abteilungsleiterin:
Maria Holzapfel-Knoll, SchADin i. K.
Pfarrverband Zugspitze
Pfarrhausweg 4
82467 Garmisch-Partenkirchen
St-Martin.Garmisch(at)ebmuc.de
Josef Konitzer, Pfarrverbandsleitung
Andreas Altmiks, Hauptberuflicher Diakon
Eva Maria Höfler, Gemeindereferentin
Mechthild Werhahn, Gemeindereferentin