Missbrauch & Prävention: Handlungsfelder der Erzdiözese

Diese Rubrik bietet eine zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Handlungsfelder der Erzdiözese München und Freising in den Bereichen Aufarbeitung, Intervention und Prävention.

 

Aufarbeitung

  • Im Auftrag der Erzdiözese hat die Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl das Gutachten „Sexuelle und sonstige körperliche Übergriffe durch Priester, Diakone und sonstige pastorale Mitarbeiter im Verantwortungsbereich der Erzdiözese München und Freising in der Zeit von 1945 bis 2009. Bestandsaufnahme – Bewertung – Konsequenz“ erarbeitet. Mehr als 13.000 Akten wurden dafür gesichtet. Das Gutachten nennt nicht nur Zahlen, sondern geht auch auf strukturelle Ursachen und den Umgang der Erzdiözese mit dem sexuellen Missbrauch ein. Die Ergebnisse wurden im Dezember 2010 vorgestellt. Nähere Informationen
  • Im September 2018 wurde bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz die sogenannte MHG-Studie vorgestellt, eine wissenschaftliche Studie, die den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der Zeit von 1946 bis 2014 in der katholischen Kirche in Deutschland untersucht. Nähere Informationen zur MHG-Studie - Nähere Informationen zur Haltung des Erzbistums
  • Im Februar 2020 erteilt die Erzdiözese München und Freising der Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl den Auftrag, ein weiteres Gutachten zu erstellen, das auf dem ersten Gutachten von 2010 aufbaut. Der Bericht soll unter anderem benennen, ob die Verantwortlichen rechtliche Vorgaben sowie die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz erfüllten und angemessen im Umgang mit Verdachtsfällen und möglichen Tätern handelten. Er stellt nicht zuletzt die Frage nach dem angemessenen Umgang mit Hinweisen auf sexuelle Übergriffe und soll Verantwortlichkeiten benennen. Der Auftrag umfasst den Zeitraum von 1945 bis 2019, das Gutachten soll veröffentlicht werden, ohne dass die Erzdiözese vorher Kenntnis davon erhält.
  • Papst Franziskus hat angeregt, jährlich einen Gebetstag für Opfer sexuellen Missbrauchs zu begehen. Für Deutschland haben die Bischöfe festgelegt, dass dieser von den Kirchengemeinden rund um den 18. November begangen werden sollte, an dem zugleich der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ ist. Nähere Informationen
  • Im April 2020 haben die deutschen Bischöfe gemeinsam mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs die „Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ verabschiedet. Sie wurde vom Erzbischof im Dezember 2020 für die Erzdiözese München und Freising gegengezeichnet und für verbindlich erklärt. Nähere Informationen
  • In der Erzdiözese wurde eine Aufarbeitungskommission gegründet, wie sie durch die „Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ vorgesehen ist. Neben zwei Vertretern der Betroffenen arbeiten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung, die von der Bayerischen Staatsregierung vorgeschlagen wurden, sowie eine Vertreterin des Diözesanrats und ein Vertreter der Erzdiözese mit. Die Kommission führt bereits begonnene Prozesse der Aufarbeitung fort und entwickelt diese weiter. Nähere Informationen
  • In der Erzdiözese gibt es einen Betroffenenbeirat, der der kontinuierlichen und institutionalisierten Beteiligung von Betroffenen dient. Aufgabe ist die kritische Begleitung der Weiterentwicklung des Umgangs mit Fragen der sexualisierten Gewalt sowohl hinsichtlich der diözesanen Aufarbeitung, der Maßnahmen der Prävention als auch im Bereich der Intervention. Nähere Informationen
  • Das neue externe Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Bereich der Erzdiözese München und Freising, das von der Erzdiözese bei der Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl in Auftrag gegeben wurde, ist von der Kanzlei am Donnerstag, 20. Januar 2022, der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Die Erzdiözese erhielt es ebenso am 20. Januar erstmals zur Kenntnis. Der Bericht benennt unter anderem, ob die Verantwortlichen rechtliche Vorgaben sowie die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz erfüllten und angemessen im Umgang mit Verdachtsfällen und möglichen Tätern handelten. Nähere Informationen

 

Intervention

  • Es gibt im Erzbistum drei unabhängige externe Beauftragte, die für Betroffene oder Angehörige als zentrale Erstansprechpartner für Verdachtsfälle auf Grenzverletzungen, sexuelle Übergriffe und sexuellen Missbrauch zur Verfügung stehen gemäß der Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst. Sie sind ferner zuständig für die Entgegennahme von Anträgen auf Leistungen in Anerkennung des Leids. Nähere Informationen
  • Die Berichte der unabhängigen Ansprechpersonen werden öffentlich dokumentiert. Sie enthalten unter anderem Informationen zu aktuellen Verdachtsfällen auf sexuellen Missbrauch und Grenzverletzungen sowie dem Umgang damit. Außerdem informieren sie über Anträge auf finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde. Nähere Informationen
  • Im Erzbischöflichen Ordinariat ist ein Interventionsbeauftragter tätig. Er vermittelt den unabhängigen Ansprechpersonen die notwendigen Kontakte in das Erzbischöflichen Ordinariat. Bei Verdachtsfällen schaltet er die staatlichen Stellen ein und unterstützt sie bei Bedarf bei Ermittlungen. Er ist auch für die Koordinierung und Umsetzung von Konsequenzen für die Täter und von Hilfen für die Betroffenen zuständig.
  • Im Erzbistum wurde bereits 2011 ein Beraterstab eingerichtet, dem Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie und mit Erfahrung und Kompetenz in der Arbeit mit Opfern sexuellen Missbrauchs angehören. Er berät das Erzbistum und die unabhängigen Ansprechpersonen in Fragen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch.
  • Seit 2021 gibt es ein weiterentwickeltes Verfahren für finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde. Nicht mehr die (Erz-)Diözesen entscheiden über die Höhe der Leistungen, sondern die bundesweite tätige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen. Anträge werden über die unabhängigen Ansprechpersonen der (Erz-)Diözesen angenommen und an die Unabhängige Kommission weitergegeben. Nähere Informationen
  • Zur Hilfe für die Opfer sexueller Gewalt gehören neben materiellen Leistungen auch therapeutische und seelsorgliche Angebote. Die unabhängigen Ansprechpersonen des Erzbistums vermitteln an Fachstellen weiter oder an pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Opfer sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt seelsorgerisch betreuen. Möglich ist auch die Übernahme von Therapiekosten durch das Erzbistum.
  • Mit der Veröffentlichung des neuen externen Gutachtens der Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu sexuellem Missbrauch in der Erzdiözese München und Freising hat am 20. Januar 2022 eine neue Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese ihre Arbeit aufgenommen. Die Mitarbeitenden sollen Betroffenen Gespräche anbieten und ihnen so die Möglichkeit geben, über ihre Leiderfahrungen zu sprechen, um emotionale Entlastung zu finden und Informationen über die vielfältigen und verschiedenen Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten zu erhalten. Nähere Informationen

 

Prävention

  • Im Erzbischöflichen Ordinariat München gibt es die Stelle zur Prävention von sexuellem Missbrauch, die als Stabsstelle direkt dem Generalvikar zugeordnet ist. Aufgabe der Mitarbeitenden ist es, die Aktivitäten zur Prävention sexualisierter Gewalt und Grenzüberschreitungen an Kindern, Jugendlichen und schutz- sowie hilfebedürftigen Erwachsenen im ganzen Erzbistum zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Dazu gehören unter anderem Schulungen und Informationsangebote sowie die Etablierung verbindlicher Qualitätsstandards. Nähere Informationen
  • Über mehrere Jahre hat ein Beraterstab Prävention die Präventionsarbeit kritisch begleitet. Er setzte sich zusammen aus externen Fachleuten aus den Bereichen Kinderschutz, kirchliche Jugendarbeit, Fort- und Weiterbildung, Theologie, Rechtswissenschaft, den Mitarbeitenden der Stabsstelle Prävention und Betroffenen. Seine Aufgaben werden künftig durch die neu gebildeten Gremien Aufarbeitungskommission und Betroffenenbeirat wahrgenommen.
  • Alle pastoralen Mitarbeitenden, also Priester, Diakone, Pastoralreferenten und -referentinnen sowie Gemeindereferenten und -referentinnen, müssen an einem umfangreichen E-Learning-Programm zur Prävention von sexuellem Missbrauch teilnehmen, bei dem sie durch Lernbegleiter unterstützt werden. Es wurde in Kooperation mit dem Centre for Child Protection (mittlerweile Institute of Anthropology) der Päpstlichen Universität Gregoriana sowie der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung der Erzdiözese entwickelt und anschließend für das Erzdiözese weiterentwickelt und angepasst. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Schulungen und Informationsveranstaltungen, die das Thema vertiefen oder weitere Aspekte in den Blick nehmen.
  • Die Stelle zur Prävention von sexuellem Missbrauch hat verschiedene Handreichungen, Checklisten und Empfehlungen herausgegeben. Sie richten sich an hauptamtliche Mitarbeitende sowie an Ehrenamtliche und nehmen besonders die Arbeit in der Pfarrei sowie in Kindertageseinrichtungen in den Blick. Die Handreichungen unterstützen bei der Vorbeugung sexualisierter Gewalt und geben Hilfestellung beim Umgang mit Verdachtsfällen oder Grenzüberschreitungen. Nähere Informationen für Hauptamtliche - Nähere Informationen für Ehrenamtliche - Nähere Informationen für Kindertagesstätten
  • Alle Einrichtungen und Organisationen, die mit Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen arbeiten, müssen ein Schutzkonzept erstellen und Personen ernennen, die für die Prävention verantwortlich sind. Das gilt zum Beispiel für Pfarreien, Schulen, Kindertageseinrichtungen, Jugendverbände oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. In dem Schutzkonzept ist festgelegt, wie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Einrichtung oder Organisation geschult werden, wie Situationen vermieden werden, in denen Grenzverletzungen stattfinden könnten, und was passiert, wenn es einen Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch oder eine Grenzüberschreitung gibt.
  • Gemeinsam mit der Päpstlichen Universität Gregoriana und der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm gründete das Erzbistum 2012 das Zentrum für Kinderschutz (Centre for Child Protection, CCP) in Rom, das mittlerweile in das neue Institute of Anthropology überführt wurde. Es wurde und wird durch das Erzbistum maßgeblich finanziell unterstützt, zum Beispiel bei der Entwicklung eines E-Learnings für pastorale Mitarbeitende, das weltweit eingesetzt werden kann, und der Einführung des neuen Studiengangs „Safeguarding of Minors“. Nähere Informationen
  • Mit verschiedenen Projekten aus dem künstlerischen und kulturellen Bereich regt das Erzbistum zur weiteren Auseinandersetzung mit der Thematik an. Das musikalisch-szenische Stück „Transformation“, ein Auftragswerk der Komponistin Konstantia Gourzi, thematisiert sexuellen Missbrauch und ist Missbrauchsopfern gewidmet. Es wurde 2018 in der Kirche Sant‘Ignazio in Rom uraufgeführt. Die Performance „Shadowlight“ arbeitet mit Lichtkunst, Tanz und Lesungen, unter anderem aus der Perspektive einer Betroffenen. Sie wurde 2020 in der Münchner Heilig-Geist-Kirche als Video aufgezeichnet und steht für Tagungen, Seminare und Vorträge zur Verfügung.