Mir hat die Frage um das Wohl der Menschen in meinen Pfarreien imponiert, weil sie mir deutlich gemacht hat, dass unser Glaube, dass die Botschaft unseres Glaubens, keine Grenzen kennt. Die Erzählung vom Pfingstereignis in der Apostelgeschichte (Apg 2, 1-11) macht deutlich, dass diese Botschaft Menschen auch über Sprach- und Kulturgrenzen hinaus gilt.
Im Evangelium dieses Samstags (Joh 6, 60-69) sagt Jesus: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.“ (in Joh 6, 63) Leben kommt aus Gottes Geist und ich denke, dass Leben aus Gottes Geist auch wesentlich Grenzen überschreitet und über den Horizont eigener Interessen hinausgeht.
Ich denke dabei an verschiedene – zumeist telefonische – Begegnungen der letzten Wochen:
- Eine Frau, die mir zuerst erzählt hat, wie schwierig die Erledigungen der schulischen Arbeiten mit ihrem Sohn in der 2. Klasse sind, die aber dann auch gesagt hat, wie froh sie ist, dass ihre Kinder im Garten Freiraum haben und dass sie nicht in einer Wohnung in der Stadt leben wie Verwandte von ihr.
- Ein Mann, der mit seiner Ehefrau und einem 14-jährigen Sohn in drei Zimmern wohnt und dessen Sohn der Sport mit Freunden sehr abgeht. Er erzählt von den alltäglichen Reibereien in der Familie, wenn man so eng aufeinander wohnt. Er ist bei allen Herausforderungen froh, dass jede(r) in der Familie im Home-Office in einem eigenen Raum arbeiten kann. Er stellt sich vor, dass das für Familien mit mehreren Kindern in kleinen Wohnungen noch viel schwieriger ist.
- Eine Frau, die selbst Lehrerin ist und ihren Kindern gut beim Lernen zu Hause helfen kann, macht sich Gedanken, wie man ein Kind aus einer Flüchtlingsfamilie, das mit ihrem Sohn in die Klasse geht, beim Lernen unterstützen kann.
Auch wenn in diesen Wochen Grenzen zwischen Ländern geschlossen sind, gibt es auch bei uns Barrieren, Schranken und Grenzen zwischen Bevölkerungsgruppen, zwischen sozialen Milieus oder auch zwischen einzelnen Menschen. Jesu Worte, die „Geist und Leben“ sind, möchten uns ermutigen, sie zu überwinden und nicht bei eigenen Interessen, Bedürfnissen und Standpunkten stehen zu bleiben. Das Denken an andere kann hier ein erster Schritt der Verantwortung füreinander sein.
Gott,
in diesen Tagen großer Herausforderungen erleben wir Wirken deines Geistes,
wo Menschen nicht nur auf das eigene Vorankommen und eigene Interessen schauen.
Wir sind dankbar für Licht-Blicke in diesen Zeiten,
für Menschen, die Hindernisse überwinden, Grenzen überschreiten
und das Wohl anderer Menschen in den Blick nehmen.
Wir bitten dich darum, dass wir unsere Horizonte erweitern,
Bedürfnisse und Nöte anderer wahrnehmen können
und erste Schritte tun, um mit der Botschaft Jesu Geist und Leben weiter zu schenken.
Amen.
Ich wünsche uns Erfahrungen dieses Geistes, der Grenzen überschreiten lässt und die Bereitschaft, sich auf das Wirken dieses Geistes einzulassen.
Text: Pfarrer Martin Bickl