Worauf sollen wir hören?
„So viele Geräusche - welches ist wichtig?
So viele Beweise - welcher ist richtig?
So viele Reden - ein Wort ist wahr.“*
Mit diesen Worten beginnt ein Text von Lothar Zenetti, der mir in diesen Tagen immer wieder durch den Kopf geht. In den Medien höre ich eine Vielfalt von Richtlinien, Informationen, Meinungen, Statements und Haltungen zur derzeitigen Situation. Im persönlichen Gespräch werde ich mit vielen unterschiedlichen Empfindungen und Gefühlen konfrontiert. Da ist der Ärger über die Situation und den als übertrieben empfundenen Umgang damit, die Traurigkeit, dass man liebe Freunde oder Familienmitglieder nicht sehen kann, Sorgen um andere Menschen und vielfältige Ängste vor der Gegenwart und der Zukunft.
Foto: unsplash / Emily Morter
Manche finden die Unterbrechung durch die Coronapandemie gar nicht schlecht. Sie hoffen, dass sich in Gesellschaft und Kirche etwas verändert. Wenn sie mich dann fragen und Du, wie geht es Dir, was meinst Du? Da merke ich, wie ich keine eindeutige Antwort geben kann. Wie kann ich dem näher kommen, was jetzt wirklich wichtig ist, wie finde ich es in der Vielfalt, Buntheit und Gegensätzlichkeit heraus? – Worauf kann / soll ich hören?
Auch im heutigen Evangelium geht es darum, in einer dissonanten Vielstimmigkeit auf die „richtige“ Stimme zu hören. Es ist eine Stimme, von jemandem, der mich kennt und um mich weiß. Bei dieser Stimme kann ich darauf vertrauen, dass es nicht um Eigeninteressen und Profilierung, sondern um mich und mein gelingendes Leben geht. Wir kennen uns, so wie Hirte und Schafe einander kennen.
So bekommt dieses altbekannte Bild von Jesus als dem guten Hirten für mich eine besondere Bedeutung. Es wird für mich zur Hör- und Sprechhilfe. Neben der Überprüfung und Abwägung der Fakten, möchte ich auf die Beziehung und die Intention einer Aussage achten. Ich möchte bei dem, was ich sage und höre, aufmerksam sein auf die Stimme, um die es letztlich geht, die Stimme, der ich vertrauen kann und die es gut mit mir meint, kurz gesagt, der Stimme der Liebe.
So wie es bei Lothar Zenetti, abschließend heißt:
„So viele Gedanken - welcher ist wichtig?
So viele Programme - welches ist richtig?
So viele Fragen - die Liebe zählt.“
So wünsche ich Ihnen und allen, dass Sie aus der derzeitigen Stimmenvielfalt die vertrauten, lebensförderlichen Stimmen der Liebe heraushören und dabei Jesus Christus - wie es in der heutigen Lesung aus dem 1. Petrusbrief heißt – als dem Hirten und Hüter Ihrer Seele begegnen.
Text: Norbert Kuhn-Flammensfeld
* Zenetti, Lothar. Texte der Zuversicht: für den einzelnen und die Gemeinde. Pfeiffer, 1976, 237.
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