Die Flughafenseelsorge am Münchner Flughafen ist mein Arbeitsfeld. Ein wirklich beeindruckender, pulsierender Ort mit bis zu 150.000 Reisenden an einem Tag und insgesamt bis zu 38.000 Mitarbeitenden. An besonderen Tagen, wenn es richtig stressig wird, hörte man schon einmal den Satz: „Wir haben wirklich einen fantastischen Flughafen – wenn nur die Passagiere nicht wären!“ Ja, es gibt so besondere Tage, an denen es nerviger und stressiger zugeht.
Seit letztem Mittwoch ist das alles anders geworden. Kaum noch Flüge, die ankommen oder abgehen, keine Passagiere mehr, die Geschäfte und Restaurants geschlossen – gähnende Leere in den Terminals, Flugzeuge, die nutzlos auf ihren Parkpositionen verharren, gespenstische Stille in weiten Bereichen. Und wir alle vermissen schon jetzt die Reisenden, die Lebendigkeit, die vielfältigen Begegnungen mit Menschen. „Surreal“ ist das Wort, das mir mehrmals am Tag entgegenhallt.
Dieser Tage ist der Flughafen München sehr verlassen. (Foto: Free Photos / pixabay)
Ich selbst spüre, wie viel Kraft es mich kostet, diese neue Situation anzunehmen. Ich versuche, das Ganze nicht zu dramatisieren und die Chancen zu entdecken, die dieser STOP in sich birgt. Endlich könnte ich mal all das machen, wozu sonst immer die Zeit fehlt – das gute Buch lesen, den Schreibtisch aufräumen, die Ablage ausmisten und Menschen anrufen, bei denen ich mich schon lange melden wollte. Aber dann überkommt mich doch wieder eine eigenartige Traurigkeit und Hilflosigkeit, mit der ich noch nicht wirklich umgehen kann und die mich eher lähmt als beflügelt.
Weil das scheinbar vielen so geht, haben wir in der Flughafenkapelle, die wir rund um die Uhr offenhalten, einen Ort eingerichtet, wo Menschen für ihre Ratlosigkeit, ihre Ängste und Sorgen eine Kerze entzünden können. Es soll ein Platz sein, wo man zur Ruhe kommen kann und für Menschen ein Licht entzünden kann, denen wir gerade jetzt besonders dankbar sind, für die wir um ganz viel Kraft bitten oder um die wir uns sorgen.
Mut machen mir die Schrifttexte des heutigen Tages. In Ez 47 ist vom Wasser die Rede, das aus dem Heiligtum entspringt und das Leben bringt und neu ermöglicht. Im Text aus dem Johannesevangelium heilt Jesus den Mann am Teich Bethessda. Und ich spüre, wie sehr ich darauf vertrauen möchte, dass alles gut wird, weil Gott sich sorgt - um uns und seine Schöpfung und weil er in seinem heil-machenden Geist uns Wege zeigen wird, diese existentiellen Krise zu bestehen und durchzustehen.
Es wird noch geraume Zeit dauern, bis wir wieder „Normalität“ erleben. Wir müssen uns einschränken und das ist verantwortungsbewusst und dringend nötig. Doch ich freue mich schon jetzt auf das erste Treffen mit Freunden, wenn wir uns zur Begrüßung wieder umarmen dürfen und gemütlich näher als 1,5 m zusammensitzen dürfen. Ich freue mich auf sonnige Tage im Café, gute Filme im Kino, Konzerte im Olympiastadion und auf gemeinsame Gottesdienste – ja auch die vermisse ich sehr!
Und ich freue mich auf Passagiere und Reisende – auch wenn sie manchmal nervig sein können!
Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich nicht alleine fühlen, dass Sie getragen sind von lieben Menschen, die dort helfen, wo es nötig ist und die für Sie da sind. Ich hoffe, dass Sie in all dem Gottes Nähe spüren!
Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund!
Text: Franz Kohlhuber
Flughafenpastoral München
Terminalstraße Mitte 18
85356 München
katholische.seelsorge(at)munich-airport.de
Fachbereichsleiter:
Franz-Xaver Kohlhuber