"Ich will den Menschen dienen" Als Freiwilliger aus Ecuador bei der Münchner Bahnhofsmission

Rund 10.300 km liegen zwischen München und seinem Heimatort Cuenca in Ecuador. Trotz der Coronakrise will Fabian Klever Juca Vivar in Deutschland bleiben. In der Bahnhofsmission in München an Gleis 11 kocht er Tee, schmiert Butterbrote und verteilt sie an die Menschen, die geduldig vor dem Fenster, in sicherem Abstand zueinander, warten. Denn auch die Bahnhofsmission hat ihre Tür seit der bayernweiten Ausgangssperre geschlossen. Desinfektionsmittel, Plastikhandschuhe und Mundschutz sind jetzt Pflicht für alle Mitarbeiter.
Freiwilliger Helfer in Münchner Bahnhofsmission
Fabian aus Ecuador hilft im Rahmen seines Freiwilligenprogramms in der Münchner Bahnhofsmission (Foto: Wackers / EOM)
Als Freiwilliger ist Fabian das Austauschprogramm des Erzbistums München und Freising für ein Jahr nach München gekommen. In Ecuador ist der 29-Jährige Lehrer an einer Schule und unterrichtet Physik und Chemie. Zuvor hat er an der Fachhochschule der Salesianer in Cuenca studiert. Hier in München ist er auch Gruppenleiter beim BDKJ. „In Ecuador war ich schon in der sozialen Arbeit tätig und habe rund zehn Jahre in Waisenhäusern und in Altenheimen ehrenamtlich gearbeitet“, sagt er. Nach Europa sei er gekommen, um neue Lebenserfahrungen zu sammeln und um die Kultur und das Leben in Deutschland kennenzulernen.“ In Europa war Fabian bereits mehrmals, wie auf den Weltjugendtagen in Spanien 2011, 2016 in Polen sowie in England, für sein Studium.   
 
Angela Hernandez Soto, Fachbereichsleiterin für den Internationalen Freiwilligendienst des Erzbistums München und Freising, flog im April 2019 nach Ecuador. Zusammen mit Projektpartnerin Caren Sánchez, die in Quito die Freiwilligen aus Deutschland und aus Ecuador betreut, stellte sie die Einsatzorte in Deutschland vor.
Mit zwei anderen Freiwilligen aus Ecuador kam Fabian im September 2019 nach München. Hier besuchten sie einen Monat lang einen Deutschkurs, der vom Erzbistum finanziert wurde. An den Nachmittagen hatten ehemalige deutsche Freiwillige für sie ein Kultur- und Freizeitprogramm organisiert und halfen ihnen auch bei Behördengängen.
 
Nach einem Praktikum in der Münchner Bahnhofsmission begann Fabian am 1. Oktober 2019 mit seinem regulären Dienst. Hier arbeitet er in Wechselschicht, entweder zwischen 7.00 und 13.00 Uhr oder von 13.00 bis 19.00 Uhr. „Hier kann ich mein Deutsch üben, das jetzt schon ganz gut ist“, erzählt Fabian. Er wohnt bei einer Familie auf einem Bauernhof auf dem Land. Jeden Tag fährt er von Huglfing nach München - in einem fast leeren Zug. Bis Gleis 11, bis zu seinem Einsatzort, sind es nur ein paar Schritte.  
 
„Gegenüber früher, wo täglich bis zu 500.000 Menschen im Bahnhof unterwegs waren, ist es  jetzt geradezu gespenstisch leer, vor allem seitdem auch die Grenzen geschlossen worden sind“, erzählt Bettina Spahn, eine der beiden Leiterinnen der ökumenischen Einrichtung. „Es laufen hauptsächlich Züge ein, die leer sind“.
Essensausgabe bei Münchner Bahnhofsmission in Zeiten von Corona
Bei der Bahnhofsmission werden alle Sicherheitsvorschriften zum Schutz vor dem Coronavirus eingehalten. (Foto: Wackers / EOM)
In den Monaten davor hat Fabian älteren Leuten öfters beim Ein- oder Aussteigen geholfen oder Kinder begleitet, die allein unterwegs waren. Jetzt ist der 29-jährige Ecuadorianer, gemeinsam mit zwei anderen, deutschen  Bundesfreiwilligen und einer spanischen Praktikantin, hauptsächlich in der Küche der Bahnhofsmission und bereitet die Brote vor. Caterer haben Lebensmittel gespendet, die normalerweise für Firmen bestimmt sind. Die Zahl der vor allem obdachlosen Menschen, die nicht wissen, wie sie sich mit Essen versorgen sollen, wächst täglich. „Trotzdem sind wir keine Suppenküche. Normalerweise kommen pro Tag 300 - 400 Menschen. Jetzt sind es bis zu 600 Menschen, die vor allem eines brauchen: Essen oder manchmal auch Kleidung. Hier bekommen sie wenigstens einen warmen Tee und ein Sandwich. Dafür stehen viele zwischen 30 bis 45 Minuten geduldig  an“, erzählt Bettina Spahn.   
 
Insgesamt sind 19 Hauptamtliche und rund 140 Ehrenamtliche in der Bahnhofsmission in München in der Woche rund um die Uhr im Einsatz. „Trotz der Coronakrise läuft auch unser Beratungsangebot weiter“, sagt Bettina Spahn. „Denn neben der Verunsicherung wegen der aktuellen Situation haben viele Menschen jetzt finanzielle Sorgen und Angst arbeitslos zu werden.“ Um die schlimmste Not zu lindern, nimmt die Katholische Bahnhofsmission inzwischen auch Auszahlungen aus dem allgemeinen Notlagenfonds der Erzdiözese München und Freising vor.
 
An Fabian gefällt ihr, dass er den Menschen so wertschätzend und zugewandt begegnet. „Er ist ein stiller, sensibler Mensch, der allerdings sehr stabil ist und Rückhalt in seinem Glauben findet“.
Im Oktober 2019, nach der Amazonassynode, kamen fünf Bischöfe aus Ecuador bei einem Besuch in München in die Bahnhofsmission. „Für Fabian war das eine tolle Überraschung. Er hat sich so gefreut und begeistert von seiner Arbeit erzählt“, sagt Bettina Spahn.
 
„Ich bin froh, dass ich in München zu einer Zeit angekommen bin, als es noch keinen Coronavirus gab. Jetzt ist die Situation eine völlig andere“, erzählt Fabian. Auch er hat sich zunächst überlegt, ob er nach Hause fliegen solle oder bis Ende August in Deutschland bleibt.
 
„In der Bahnhofsmission, fühle ich mich sicher. Wir arbeiten alle zusammen und die anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind sehr nett. Ich habe keine Angst davor, krank zu werden. Eher mache ich mir Sorgen um meine Familie, um meine Mutter. Wenn etwas ist, kann ich nicht schnell nach Hause fliegen. Die Gesundheitsversorgung in meinem Land  ist sehr schlecht.“ Die Zahl der  erkrankten Menschen  steigt auch in Ecuador ständig. Inzwischen ist eine strikte Ausgangssperre verhängt worden. Es fahren keine Busse mehr und die meisten Geschäfte haben geschlossen. 
 
Umgekehrt macht sich aber auch Fabians Familie Sorgen, dass er allein, in einem fremden Land, ist. „Es hat schon einen Grund, warum ich ausgerechnet jetzt  hier bin“, sagt Fabian. „Ich wollte neue Lebenserfahrungen machen und den Menschen vor Ort dienen.  Das tue ich jetzt. Ich hoffe, der liebe Gott beschützt mich dabei. Denn, wenn ich mich einmal für etwas entschieden habe, dann  bleibe ich dabei – und das heißt für mich, meinen Freiwilligendienst, wie geplant, bis August durchzuführen.“

Text: Patrizia Wackers

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