Als es zum Lockdown kam, wurden wir von der Landeshauptstadt München sofort als systemrelevant eingestuft. Mit unseren Trägern und mit dem Team haben wir uns dafür entschieden, vor Ort zu bleiben und unsere Arbeit weiterzumachen. Wir wollten uns nicht hinter der eigenen Angst verstecken, sondern dableiben. In den ersten beiden Wochen war die
Bahnhofsmission lange die einzige „Suppenküche“ und die einzige „Notkleiderkammer“ in München, obwohl wir an sich weder Suppenküche noch Kleiderkammer sind. Für bedürftige Menschen war sonst alles andere weggebrochen. Sie sind zu uns gekommen und waren froh, dass wir die Lücke ausgefüllt haben.
Wir haben schon vier Wochen vor der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes so gearbeitet. Zu Beginn war es schwierig, Desinfektionsmittel oder Schutzmasken zu besorgen. Dankbar sind wir für den persönlichen Einsatz von Weihbischof Bischof, er hat uns hierbei sehr unterstützt, auch sein persönlicher Besuch im Rahmen der Mittwochsminuten war ein großes Zeichen der Wertschätzung unserer Arbeit.
Normalerweise kommen täglich 300 bis 400 Leute zu uns, und wir führen 80 Beratungsgespräche am Tag. Seit der Krise kommen bis zu 700 Leute. Auf die Initiative unseres Trägers IN VIA hat der Caritasverband dann nach einiger Zeit „Food Trucks“ auf den Weg geschickt, um Menschen zu versorgen. Das Thema Notversorgung mildert sich gerade ab, denn seit Juli öffnen auch wieder andere Einrichtungen. Die herausfordernde Zeit ist aber noch nicht vorbei, denn es fehlen Aufenthalts- und Duschmöglichkeiten und die soziale Lage erweist sich noch immer als schief. Die Welle mit den sozialen und emotionalen Folgen von Covid-19 rollt jetzt an.
Unser Projekt „Lavendel“ mit Notübernachtungsmöglichkeiten für Frauen und Kinder, das von der Erzdiözese finanziert wird, ist gerade sehr wichtig. Die Übernachtungszahlen sind deutlich gestiegen, unter anderem weil ganz viele „Frauenhausfälle“ zu uns kommen. Persönliche Beratung geht auch während einer Pandemie. Bisher sind wir alle gesund geblieben. Bei uns wird nach jeder Beratung das ganze Büro gründlich geputzt und desinfiziert. Es gibt einen intensiven Hygiene- und Putzplan sowie Plexiglasstellwände. Ich bin dankbar, weil sich unsere Mitarbeiter auch dafür nicht zu schade sind.
Momentan treibt mich um, dass wir jenseits unserer Regelfinanzierung durch die Landeshauptstadt München, die Notversorgung aus Eigen- und Spendenmitteln finanzieren müssen. Wir brauchen allein 14 Pfund Kaffee am Tag. Ständig sind unsere Besucherzahlen angestiegen. Im Juli hatten sie sich dann im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und wir zählten 20.000 Kontakte.
Sehr dankbar bin ich deshalb um einen großzügigen außerordentlichen Zuschuss der Erzdiözese, der uns gerade zur rechten Zeit – im Juli – zugesagt wurde.