Das Dekanat Berchtesgaden entwickelt unter dem Leitgedanken „Unsere Zukunft anpacken“ ein strategisches Gebäudeportfolio. Monsignore Dr. Thomas Frauenlob, Dekan des Dekanates Berchtesgaden und Leiter des Pfarrverbandes Stiftsland Berchtesgaden, erläutert im Interview die Durchführung und erhoffte Wirkung dieses Pilotprojekts.
Monsignore Dr. Thomas Frauenlob auf der Auftaktveranstaltung zum Leitprojekt "Immobilien & Pastoral" am 19. Oktober 2023 in Bad Reichenhall
Monsignore Dr. Frauenlob, warum haben Sie sich entschieden, als erstes Dekanat der Erzdiözese München und Freising im Rahmen des Leitprojekts „Immobilen und Pastoral“ eine eigene Immobilienstrategie auszuarbeiten?
Thomas Frauenlob: Unser großes Ziel ist es weiterhin, unter schwierigeren Rahmenbedingungen Seelsorge zu gewährleisten und den Verkündigungsauftrag der Kirchen auch in Zukunft zu erfüllen. Vielen Entscheidungsträgern und Beschäftigten im Dekanat ist bewusst, dass die finanziellen und personellen Ressourcen weniger werden. Verantwortung für das Dekanat zu übernehmen, heißt in diesem Fall, sich der Realität zu stellen und die Dinge aktiv unter dem Leitgedanken „Unsere Zukunft anpacken“ anzugehen, solange noch ausreichend Spielraum dafür besteht.
Die Entscheidung ist uns dennoch nicht leicht gefallen. Erst nach einem ausführlichen Gespräch mit Generalvikar Christoph Klingan über die von leitenden Pfarrern und Verwaltungsleitungen formulierten Fragen und Bedenken zu dem Projekt fiel die Entscheidung, als erstes Dekanat ein strategisches Gebäudeportfolio zu erarbeiten.
Persönlich finde ich es ebenso spannend und wichtig, Neuland zu betreten und die Praktikabilität der Rahmenbedingungen zur Entwicklung eines Gebäudeportfolios auf ihre Umsetzbarkeit hin zu testen. Darüber hinaus ist klar, dass dieser Prozess jedem Dekanat im Erzbistum bevorsteht. Wir können durch unsere gemachten Erfahrungen vielleicht anderen helfen, Klippen zu umschiffen und gangbare Wege einzuschlagen.
Die Entwicklung eines strategischen Gebäudeportfolios ist ein komplexes Projekt. Welche Unterstützung erfahren Sie aus dem Erzbischöflichen Ordinariat?
Thomas Frauenlob: Ich erlebe die Unterstützung als sehr professionell. Es werden uns beispielsweise statistische Informationen, verständlich aufgearbeitet, zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat es uns in vorbereitenden Sitzungen beeindruckt, wie umsichtig und geschichtsbewusst der Immobilienbestand betrachtet wird.
Das vermittelt allen Beteiligten am Pilotprojekt, dass seitens des Erzbischöflichen Ordinariats keine Schnellschüsse am grünen Tisch getan werden. Die Professionalität und Erfahrung der Akteure aus dem Ordinariat helfen uns, eigene Ideen und Impulse auf ihre Sinnhaftigkeit abzuklopfen, bevor wir diese konkret umsetzen.
Wie erfolgt der Einbezug der Kirchenstiftungen in das Pilotprojekt?
Thomas Frauenlob: Die Mitwirkung der Kirchenstiftungen ist entscheidend, denn sie sind die Eigentümer der meisten kirchlich genutzten Immobilien und somit Entscheidungsträger. Erfreulicherweise haben die Kirchenverwaltungen der Teilnahme am Pilotprojekt bereits in den letzten Monaten zugestimmt.
Am 19. Oktober hat dann eine Auftaktveranstaltung im Pfarrzentrum St. Zeno in Bad Reichenhall mit allen Kirchenverwaltungsmitglieder stattgefunden.
Unser Projektteam stellte die bisherigen Vorbereitungen und Akteure sowie die konkrete Planung des Projektverlaufs vor. Bei dieser Auftaktveranstaltung bestand für jeden die Möglichkeit, sich aktiv in das Pilotprojekt einzubringen, denn der „Kompetenz-Pool“ in den Kirchenverwaltungen ist enorm und sollte somit nicht ungenutzt bleiben.
Wie sieht die konkrete Arbeit in den kommenden Monaten aus?
Thomas Frauenlob: Wir werden das Projekt in drei Arbeitsgruppen weiter ausarbeiten. Die leitenden Pfarrer haben sich verpflichtet, bis Ende November ein Pastoralkonzept für ihren Bereich vorzulegen. Diese Konzepte werden unter der Leitung von Diakon Bernhard Hennecke strukturell abgeglichen, so dass sie nach einheitlichen Kriterien vergleichbar sind. Das Ziel ist eine Gesamtschau über die pastorale Struktur im Dekanat Berchtesgaden.
Die Verwaltungsleiterin im Pfarrverband Anger-Aufham-Piding, Frau Bernadette Weiß, wird die Projektgruppe „Gebäude und Bau“ betreuen. Das heißt alle relevanten Gebäudedaten sammeln und in eine entwickelte Dokumentenstruktur einzupflegen. Das Ziel ist es, einen realistischen Blick auf den aktuellen Zustand des Immobilienbestandes zu haben und eine Vorausschau der notwendigen Investitionen in den nächsten Jahren zu erreichen.
Von entscheidender Bedeutung wird das Thema Kommunikation und Transparenz sein. Deshalb planen wir, eine Kommunikationsagentur zur kontinuierlichen Unterstützung zu beauftragen. Wir erhoffen uns auch eine frische Perspektive von außen auf das Pilotprojekt und dessen Umsetzung.
Was erhoffen Sie sich persönlich von dem Pilotprojekt?
Thomas Frauenlob: Das Leitprojekt eröffnet in der Erzdiözese die Chance, das Prinzip der Subsidiarität zu stärken und somit den Identifikationsgrad mit den Kirchenstiftungen zu erhöhen. Zugleich werden vermutlich die größten Einspareffekte erzielt, die ein wichtiger Faktor für eine tragfähige Gebäudestruktur im Dekanat sein wird.
Für meinen Pfarrverband kann ich sagen, dass wir schon seit Jahren auf dem Weg sind, mit Augenmaß unsere Baulast zu reduzieren und gleichzeitig Potentiale zu aktivieren, um die Einnahmenseite der Kirchenstiftungen zu stärken. Zudem achten wir bei Bau- oder Renovierungsmaßnahmen besonders auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit, da dies auf längere Sicht auch finanzielle Vorteile bietet.
Redaktion: Robert Seidl, Stabsstelle Kommunikation, November 2023