Märtyrerin in Augsburg - 7. August
Um die Wende zum 4. Jahrhundert lebte in Augsburg eine Christin mit dem Namen Afra. Offenbar erlitt Afra um 304 im Zuge der Christenverfolgungen des römischen Kaisers Diokletian († um 313) einen gewaltsamen Tod. Die Afra-Kultstätte lag ursprünglich wohl um die spätere Kirche St. Ulrich und Afra und damit in einem großen Gräberfeld. Dieses ist zugleich das Zeugnis einer lebendigen christlichen Gemeinde im spätantiken Augsburg. Hier bereits dürfte die Verehrung Afras eingesetzt haben; nachweisbar ist ein bis heute fortwährender Kult seit dem 6. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde eine Kirche St. Afra in Augsburg zu Ehren der Heiligen erbaut und schon 582 zur Bischofskirche des Bistums Augsburg erhoben. Das Martyrium der Christin Afra zu Beginn des 4. Jahrhunderts zählt zu den frühesten christlichen Glaubenszeugnissen nördlich der Alpen. Die vermutete, bis heute jedoch nicht sicher nachgewiesene Grablege Afras öffnete man 1804 aus Anlass der 1500. Wiederkehr des Martyriums. Es fand sich ein römischer Sarkophag, der unter die Krypta der Augsburger Kirche St. Ulrich und Afra umgebettet wurde.
Einen ersten Beleg für die Verehrung Afras überliefert der aus Italien stammende merowingische Dichter und Hagiograph Venantius Fortunatus (um 536 bis nach 600). Venantius Fortunatus wallfahrtete im Jahr 565 zum Grab des hl. Martin von Tours in Gallien (Frankreich und Oberitalien), blieb dort und wurde schließlich zum Bischof von Poitiers ernannt. Am Ende einer Lebensbeschreibung des Heiligen Martin spricht Venantius Fortunatus sein Werk direkt an und schickt es fiktiv auf die Reise von Frankreich über Süddeutschland und Italien wieder nach Frankreich zurück. Auf der Reise durch Süddeutschland versäume es auf keinen Fall, so ermahnt der Dichter sein Buch, die »ossa sacrae ... martyris Afrae« zu verehren, die Gebeine der Heiligen und Märtyrin Afra:
»Wenn es Dir vergönnt ist, über die Flüsse
der Barbaren zu gehen,
so dass Du friedsam den Rhein und die
Donau überschreiten kannst,
so ziehst Du nach Augsburg, wo Lech und
Wertach fließen;
dort sollst Du die Gebeine der heiligen
Märtyrerin Afra verehren.«
(Übersetzung: Martha Schad)
Möglicherweise liefert das so genannte »Martyrologium Hieronymianum« einen noch älteren Beleg für Afras gewaltsamen Tod. Irrtümlich wurde dieses Martyrologium dem hl. Hieronymus zugeschrieben und etwa um das Jahr 600 verfasst. Die Urschrift ist nicht erhalten, dafür jedoch drei Abschriften. Das Martyrologium enthält über 6.000 Namen von Märtyrern und Heiligen aus dem Gebiet des Römischen Reichs. Im Falle der hl. Afra könnten sich die Angaben auf einen Mailänder Kalender aus dem 5. Jahrhundert beziehen. Jene drei Abschriften des Martyrologiums nennen übereinstimmend als Festtage für Afra den 7. August (Todestag) und den 6. August (Tag der Vorfeier des Festes).
Die Legende der hl. Afra ist in einer Leidensgeschichte in zwei Fassungen und einer Bekehrungsgeschichte überliefert. Die ältere der beiden Leidensgeschichten entstand um 800 und orientiert sich in ihrem Stil an den römischen Märtyrererzählungen. Im »Martyrologium Hieronymianum« findet sich bei dem Namen »Afra« der Begriff »Veneria«. Dies hat man auf Afra bezogen und als Hinweis auf ihren Beruf gedeutet. Danach war Afra als Veneria eine „Liebesdienerin“, eine Dirne. Der Legende folgend kam Afra zusammen mit ihrer Mutter Hilaria und einiger Begleiterinnen in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts nach Augsburg. Orientiert man sich an Afras Namen, könnte er darauf hinweisen, dass Afra (»die Afrikanerin«) aus Afrika stammte. Eines Tages baten zwei Männer um Einlass in Afras Herberge. Afra vermutete, die Männer wollten ihre Liebesdienste in Anspruch nehmen. Doch als sie die Besucher andachtsvoll beten und von Jesus erzählen hörte, war Afra so ergriffen, dass sie immer mehr von Christus erfahren wollte. Alsbald erbat Afra ebenso wie ihre Mutter die Taufe, die einer der Besucher sogleich spendete: Es war ein spanischer Bischof, der zusammen mit seinem Diakon nach Augsburg geflohen war. Da Afra nicht bereit war, ihrem neuen Glauben abzuschwören, verurteilte sie der römische Statthalter zum Feuertod. Das Urteil wurde umgehend auf einer Insel im Lech vollstreckt. Wenig später ereilte die Mutter Hilaria und Afras Gefährtinnen dasselbe Schicksal.
Zwar berücksichtigte diese breit ausgeschmückte Legende nicht die schmale Basis der historisch nachweisbaren Fakten, doch bediente sie die Bedürfnisse der Pilger. Bis heute hat die Legende der hl. Afra ihre Faszination nicht verloren: Dies zeigt der 1992 erschienene Roman »Afra« von Eva Demski (* 1944).
Brauchtum und Verehrung
Bei Friedberg wurde an der Stelle, an der Afra angeblich den Tod fand, ein Kirchlein erbaut: St. Afra im Felde, bald das Ziel vieler Wallfahrer. Zahlreiche Klöster, darunter St. Gallen, Einsiedeln und Lorsch, bemühten sich im Hochmittelalter offenbar erfolgreich um Afra-Reliquien.
Darstellung, Attribute, Patronate
Afra und Ulrich sind die Patrone des Bistums Augsburg. Zugleich ist Afra Patronin der Stadt Augsburg, der Prostituierten und der armen Seelen. Angerufen wird Afra bei Feuersgefahren; auch Mütter kranker Kinder beten zu ihr. Dargestellt ist Afra meist als edle junge Frau am Pfahl, darunter aufloderndes Feuer und mit der Palme als einem Symbol für die Märtyrer.
Christiane Schwarz
Literatur
Friedrich Prinz, Die heilige Afra, in: Bayerische Vorgeschichtsblätter46(198l) 211-215 Martha Schad,
Afra - Bilder einer Heiligen, Augsburg 1993
Afra-Lied
Heilige Afra, du von Gott Geliebte
mitten im Feuer bist du treu geblieben.
Groß war dein Glaube, brennend deine Liebe
zu dem Dreieinen.
Heilige Afra, du, wie Gott geläutert,
bitte für uns, dass wir im Glauben stehen
und in der Liebe Gottes Wege gehen
lauteren Herzens.
Heilige Afra schön im Glänze Gottes,
bleibe uns nahe, stärke unsre Treue,
bis wir verwandelt, uns mit dir erfreuen
ewig im Lichte.
Afra-Lied; Text: M. Adelgart, 1997; Melodie: Gotteslob 81