Helfender Hafen: Am Info-Point der Caritas am Münchner Hauptbahnhof kommen jeden Tag viele Geflüchtete aus der Ukraine und erhalten dort vielseitige Unterstützung.
Was sagen Sie den zahlreichen Menschen in den Pfarreien des Erzbistums, die helfen möchten? Boeck: Die meisten melden uns Wohnungsangebote, die wir dringend benötigen, vor allem für die mittel- und langfristige Unterbringung. Wir sind über unsere Immobilienabteilung mit städtischen und staatlichen Stellen, den Kommunen und Landkreisen, diesbezüglich vernetzt. Ich habe täglich einen Jour fixe zur gemeinsamen Koordination. Die Vernetzung ist das A und O. Wir haben für alle, die als einzelne Personen oder als Institution Wohnraum anbieten möchten, ein Formblatt entwickelt, das über alle Fragen diesbezüglich informiert. Es ist
online abrufbar. Unterstützende Institutionen sind die Asylsozialberatungsstellen und die Ehrenamtskoordination der Caritas. Sie übernehmen die individuelle Einzelberatung der Menschen. Die personellen Kräfte reichen hier aber nicht aus, so dass wir dringend auf staatliche Unterstützungsleistungen finanzieller Art hoffen, um die Asylsozialberatung ausbauen zu können.
Was sind die großen Handlungsfelder für die Menschen in der Ukraine? Boeck: Im Blick auf die Ukraine sind wir eng abgestimmt mit Caritas international und dem Hilfswerk Renovabis. Es herrscht eine ungeheure Spendenbereitschaft, auch in die Ukraine hinein, nur ist dies eben Kriegsgebiet, wo die Infrastruktur in zunehmenden Maß zerstört wird. Der gute Wille zum Helfen muss daher gelenkt werden. Kirche, Caritas und Hilfswerke wie Renovabis sind vor Ort präsent und werden hoffentlich auch ihre bestehenden Strukturen dort behalten. Auch über unsere Abteilung Weltkirche im Ordinariat sind wir gut aufgestellt, weil die schon seit langem Partner in der Ukraine hatte. Hier haben wir bereits 150.000 Euro bereitgestellt. Ein weiterer Brückenschlag erfolgt über verschiedene Ordensgemeinschaften, die mitunter vor Ort auch verwurzelt sind und die Situation sehr gut kennen.
Was ist für die Zukunft bei der Flüchtlingsarbeit besonders wichtig? Boeck: Die Willkommenskultur derzeit ist wunderbar, aber ich warne jetzt schon: Das wird eine Langstrecke, die wir durchlaufen müssen. Wichtig ist, dass wir die Menschen, gerade auch die Kinder und Jugendlichen, möglichst rasch in unsere Betreuungs- und Ausbildungssysteme mit hineinnehmen können.
Sie sind auch Seelsorger. Was halten Sie von Friedensgebeten für die Ukraine? Boeck: Die Menschen haben das Bedürfnis zu diesen Gebeten zusammenzukommen, und sie sind dankbar, wenn die Thematik auch in den Gottesdiensten geistig aufgearbeitet wird. Es herrscht in unserer Bevölkerung eine große Verunsicherung und Angst. Diesen Sorgen muss man Platz geben. Und eine Kerze und ein Kreuz aufzustellen und über die Ereignisse zu sprechen, ist einfach und halte ich für sehr wichtig.
Das Gespräch führte Florian Ertl, stv. Chefredakteur der Münchner Kirchenzeitung, März 2022