Eine Welt ohne Smartphone und Internet: Für die Generationen der „Digital Natives“ ist sie kaum noch vorstellbar. Dennoch verfügen Kinder und Jugendliche nicht automatisch über die nötigen Kompetenzen, um sich in dieser Welt sicher bewegen zu können. Den verantwortungsvollen Umgang mit der Digitalität müssen sie erst noch lernen. Den Erzbischöflichen Schulen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Ordinariatsdirektorin Dr. Sandra Krump leitet das Ressort Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat.
Im kirchlichen Bildungsbereich des Erzbistums München und Freising spielt die Frage nach dem Umgang mit den Möglichkeiten der Digitalisierung schon seit Jahren eine wichtige Rolle. Bildung in der digitalen Welt ist sogar eines von vier Profilfeldern, durch die die grundsätzlichen pädagogischen Aufgaben der Erzbischöflichen Schulen (Persönlichkeitsbildung, Erziehung zum sozialen Engagement und zum Leben in Gemeinschaft, religiöse Erziehung) ergänzt werden. Ist es pädagogisch richtig, wenn schon die Jüngsten mit dem Tablet arbeiten? Welche Möglichkeiten eröffnen neue Bildungsformate und welche Herausforderungen sind mit ihnen verbunden? Wird Unterricht besser, wenn verstärkt Lernplattformen und Co. einbezogen werden? All jene Fragen beschäftigen Ordinariatsdirektorin Dr. Sandra Krump schon lange und nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie, die vielerorts einen Digitalisierungsschub von null auf 100 bedeutete.
Die Auwirkungen der Digitalisierung begreifen
Für die Leiterin des Ressorts Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat ist eines besonders wichtig: „Digitalisierung ist in all unseren Bildungsbereichen Inhalt und Methode zugleich. Es ist nicht damit getan, eine digitale Infrastruktur zu schaffen oder ein Tablet auf die Schulbank zu legen. Unser Anspruch von Bildung und Erziehung ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler sich inhaltlich mit den positiven und negativen Potenzialen und Auswirkungen der Digitalisierung auseinandersetzen.“
Otmar Würl leitet das Erzbischöfliche
St.-Irmengard-Gymnasium in
Garmisch-Partenkirchen.
Der Gedanke des „Mehrwerts“ ist dabei leitend für alle Überlegungen. Denn die digitalen Möglichkeiten sind kein Selbstzweck an den Erzbischöflichen Schulen. Wenn es darum geht, eine sichere Entscheidung darüber treffen zu können, wann es sinnvoller ist, auf das klassische Arbeitsblatt zu setzen, und in welchen Situationen digitale Medien und Methoden Möglichkeiten eröffnen, die man mit Papier und Bleistift niemals gehabt hätte, sind auch die Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte gefordert. Das Ressort Bildung setzt deshalb auf schulinterne Fortbildungen genauso wie auf ressortübergreifende Weiterbildungsangebote.
Wie wichtig ein solch vorausschauendes Handeln sein kann, wurde spätestens mit Beginn der Corona- Pandemie vor Augen geführt. „Natürlich war und ist diese Zeit auch für unsere Schulen sehr herausfordernd, aber sie lässt auch das, was sie in ihrem Anspruch und in ihrem Wirken kennzeichnet, besonders zur Geltung kommen“, unterstreicht Dr. Sandra Krump. Während vielerorts lange nach Möglichkeiten für einen funktionierenden digitalen Unterricht gesucht wurde, konnten Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte an den Schulen der Erzdiözese München und Freising die Erfahrung machen, dass digitaler Unterricht tatsächlich so funktionieren kann, wie sich das alle wünschen.
Zeitgemäße IT-Ausstattung
Geschaffen wurde diese gute Basis insbesondere auch durch die vorausschauende Investition von Kirchensteuereinnahmen. „Weil wir uns mit der Thematik schon so intensiv auseinandergesetzt hatten, konnten wir auch sehr gut die Voraussetzungen für die staatlichen Fördermittel erfüllen und eine große Hebelwirkung erzielen“, so Dr. Sandra Krump. Allein 2020 konnten sechs Millionen Euro staatlicher Zuschuss für die digitale Ausstattung der Erzbischöflichen Schulen generiert werden.
„Vonseiten des Schulträgers wurde schon vor Jahren begonnen, nach einem grundlegenden Standard die Schulen mit einer zeitgemäßen IT-Ausstattung zu versorgen und mit Veröffentlichungen allgemeine Grundlagen für eine entsprechende Entwicklung der Schulen und des Unterrichts zu legen“, betont Otmar Würl, Schulleiter des Erzbischöflichen St.-Irmengard-Gymnasiums in Garmisch-Partenkirchen.
Stefan Antoni, Schulleiter des Erzbischöflichen
Pater-Rupert-Mayer-Gymnasiums, Pullach
Digitale Lernplattform
Einen funktionierenden Distanzunterricht, quasi über Nacht, stellte während des ersten Lockdowns auch das Erzbischöfliche Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium Pullach auf die Beine. „Wir haben dafür auf die digitale Lernplattform der Erzdiözese gesetzt“, so Schulleiter Stefan Antoni. Eine Entscheidung, die sich ausgezahlt hat: „Wir haben sehr viele ausgesprochen positive Mails von Eltern und sogar von Großeltern erhalten.“
Der Unterricht funktioniert, die Eltern sind hochzufrieden und das Ministerium erkennt die Leistung der katholischen Schulen an. Doch zurücklehnen will man sich nicht im Ressort Bildung des Erzbischöflichen Ordinariats. Denn die Pandemie hat weit mehr zur Folge als lange Phasen des Distanzunterrichts, und gerade die Erzbischöflichen Schulen sind von dem Anspruch geprägt, „mehr“ als Unterricht zu bieten, vielmehr ein ganzheitliches Bildungs- und Erziehungsverständnis zu leben.
Eigenes Video-Format
Tag für Tag beweisen sie, dass (nicht nur) in Corona- Zeiten noch „mehr“ als digitaler Unterricht möglich ist: Projekte, wie die des Schulseelsorgers an den Erzbischöflichen Pater-Rupert-Mayer-Schulen in Pullach zeugen davon. Domvikar Manfred Maurer kreierte ein eigenes Video-Format auf Youtube mit geistlichen Impulsen und Nahrung für die Seele. Die Erzbischöfliche Maria-Ward-Realschule St. Zeno in Bad Reichenhall gab in kleinen Videos Anleitungen zum Kochen und Backen für die Jugendlichen, die auf diese Weise nicht nur etwas tun, sondern auch den Familien im Homeoffice eine Freude bereiten konnten.
Die Erzbischöflichen Schulen vermitteln weit mehr als „nur” digitales Know-how. Denn ein ganzheitliches Bildungskonzept muss neben der Frage des Zugangs zum Erwerb digitaler Kompetenzen auch die Frage nach dem Zugang zu klassischen Kulturtechniken im Blick behalten. Gibt es Raum und Anregung zum „analogen“ Lesen? Haben die Schülerinnen und Schüler Möglichkeiten des kreativen Gestaltens und der Entfaltung ihrer künstlerischen, handwerklichen oder sportlichen Talente? Auch mit diesen Fragen beschäftigt man sich im Ressort Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat Tag für Tag.