Der Haushalt der Erzdiözese München und Freising für das Jahr 2005
Wirtschaftliche Basis für Glaubensverkündigung, Seelsorge, caritative und soziale Dienste
Bericht des Erzbischöflichen Finanzdirektors,
Domkapitular Dr. Sebastian Anneser
Ein geordneter Haushalt:
Voraussetzung zur Finanzierung der Aufgabenvielfalt
Der Haushalt der Erzdiözese wird wesentlich durch die Kirchensteuer geprägt. Knapp 88 % der Erträge, insgesamt rd. 339 Mio. Euro werden von Steuerbeiträgen der Kirchenmitglieder im Jahr 2005 erwartet. Die Kirchensteuer ist damit Hauptfinanzierungsquelle der kirchlichen Aufgaben im Diözesangebiet. Zur Förderung des Grundverständnisses möchte ich zunächst einen kurzen Überblick zu dieser Steuer geben.
Die Kirchensteuer ist keine Erfindung der Kirche. Als nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Aufgaben der Kirche mit zunehmender Industrialisierung und steigender Bevölkerungszahl wuchsen, waren es die staatlichen Organe, die diese Steuer zur Finanzierung der kirchlichen Aufgaben einführten.
Das System hat sich bis heute gehalten. Die Kirchensteuer beträgt in Bayern und Baden- Württemberg 8 % der Lohn- bzw. Einkommensteuer, in den übrigen Bundesländern 9 %. Gerade nach dem zweiten Weltkrieg konnte durch diesen Beitrag der Kirchenmitglieder eine Vielfalt von Aufgaben zur Förderung des Gemeinwohles der Gesellschaft finanziert werden. Dazu zählen die Kernaufgaben wie die Seelsorge, aber auch die Caritas und die Pflege der Kultur mit Schulen, Universitäten und eine Vielzahl von Einrichtungen, die heute aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind.
Die notwendigen Mittel für diese gesamtgesellschaftlichen Aufgaben werden nur von einem vergleichsweise geringen Teil der Katholiken aufgebracht. Etwa ein Drittel der Kirchenmitglieder zahlt auch Kirchensteuer, da nur sie zur Einkommensteuer veranlagt werden bzw. ihr Gehalt dem Kirchenlohnsteuerabzug unterliegt.
Die Verwendung der Mittel ist kein Geheimnis. In Informationsbroschüren und -blättern informiert heute jede Diözese neben den Veröffentlichungen zum Haushalt über die Verwendung der Gelder. In der Erzdiözese München und Freising informiert eine Beilage zum Kirchensteuerbescheid jedes einzelne, steuerpflichtige Kirchenmitglied. Der Haushalt wird jährlich neben den Veröffentlichungen in den Printmedien im Internet bereitgestellt.
Trotz dieser Informationspolitik und der Bedeutung dieser Abgabe für die gesamte Gesellschaft ist das Aufkommen in den letzten Jahren stark rückläufig gewesen. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Steuergesetzgebung, die zu einem Rückgang der Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Lohnsteuer geführt hat. Ich nenne als Stichwort hier nur die sogenannte „große Steuerreform“, die alles in allem zu einem geschätzten Rückgang von ca. zwölf bis fünfzehn Prozent führen wird. Aber auch die hohe Arbeitslosigkeit und der Rückgang der Beschäftigtenquoten haben neben den Kirchenaustritten zu dieser Entwicklung beigetragen.
Das Ergebnis im Kalenderjahr 2004
Mit Beginn der Steuerreform im Jahre 2001 wurde erstmals der Haushalt aufgrund dieses Sonderfaktors zurückgenommen. Im Haushaltsjahr 2004 begann die Umsetzung der dritten und letzten Stufe der Reform mit Rückführung des Spitzensteuersatzes auf 45 % und Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 16 %. Nach internen Berechnungen führte alleine diese Korrektur zu Steuermindereinnahmen in der Planung von insgesamt knapp 6,2 % oder 22,4 Millionen Euro. Tatsächlich sind die Steuereinnahmen um 21,8 Millionen Euro gesunken, davon die Kirchenlohnsteuer um 17,8 Millionen Euro und die Kircheneinkommensteuer um 4 Millionen Euro.
Die Erzdiözese hat damit in einem Jahr mehr als sechs Prozent ihrer Haupteinnahmequelle verloren. Glücklicherweise lagen diese Verluste noch im Planwert, so dass insgesamt der Haushalt ordnungsgemäß abgewickelt werden konnte. Trotzdem sind Verluste in dieser Größenordnung nur schwer zu verkraften und sie belasten vor allem den Handlungsspielraum in der Zukunft.
Die deutschen Diözesen berechnen ihre Steueranteile nach dem Wohnsitz ihrer Mitglieder. Aus dieser sogenannten interdiözesanen Verrechnung bezog die Erzdiözese einen Betrag von knapp 19,5 Millionen Euro, der zum überwiegenden Teil für Rückzahlungen von Verpflichtungen aus Vorjahren Verwendung fand. Ein Anteil von fünf Millionen Euro stand für die Finanzierung der diözesanen Aufgaben zur Verfügung.
Die staatlichen Leistungen für den Religionsunterricht, die konkordatären Leistungen zur Priesterbesoldung und die Einnahmen der Erzdiözese aus Erbpachten, Mieten und Ausschüttungen von zweckgebundenen Stiftungen beziffern sich auf insgesamt etwa 48 Millionen Euro bei Gesamteinnahmen von 395 Millionen Euro. Dieser Vergleich führt nochmals die Bedeutung der Kirchensteuer vor Augen.
Schwerpunkt der Verwendung der Kirchensteuermittel lag – wie in den Vorjahren – im Bereich der Seelsorge. Zu diesem Bereich zählen neben den Besoldungsausgaben für Priester und dem pastoralen Personal auch die Bereitstellung von Mittel für Baumaßnahmen in den Pfarreien. Exemplarisch hierzu möchte ich die Renovierung der Wallfahrtskirche St. Rasso in Grafrath bei Fürstenfeldbruck nennen. In einem Zeitraum von nunmehr fast fünf Jahren konnte im vergangenen Jahr die Innenrenovierung abgeschlossen werden. Aus dem Bauetat flossen mehr als 1,2 Millionen Euro in Restaurierungsmaßnahmen. Die Kirche ist geistlich, historisch wie künstlerisch eng mit dem ehemaligen Augustinerchorherrenstift Dießen verbunden und dient heute vor allem als Wallfahrtskirche.
Das für die Verteilung der Steuermittel zuständige und im Wesentlichen aus den Kirchenverwaltungen der einzelnen Pfarreien hervorgehende Gremium – der Diözesansteuerausschuss - verfügte im Laufe des vergangenen Jahres über die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln zur Renovierung von zehn Kindertagesstätten in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Traunstein, Starnberg, Fürstenfeldbruck und München. Damit wurde einem weiteren Schwerpunkt der diözesanen Arbeit, dem caritativen und sozialen Bereich, zusätzliche Möglichkeiten einer sinnvollen und werteorientierten Mittelverwendung eröffnet.
Der Mittelverbrauch erfordert gerade in Zeiten rückläufiger Einnahmen zusätzliche Haushaltsdisziplin von allen Verantwortlichen. Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ordinariat, in den Außenstellen und in den Pfarreien, die mit dem verantwortungsvollen Umgang dazu beigetragen haben, trotz knapper werdender Mittel einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen.
Haushalt 2005 mit 385 Millionen Euro
Um 10 Millionen Euro niedriger als das Ergebnis 2004
Ich habe die Fakten zur Steuerreform eingangs bereits erwähnt. In Zahlen ausgedrückt heißt das nach unserer Einschätzung einen nochmaligen Rückgang der Lohnsteuer um mehr als elf Millionen Euro und der Einkommensteuer um knapp 4,7 Millionen Euro. In der Summe bedeutet dies nochmals eine Reduzierung des Kirchensteueretatansatzes 2005 gegenüber dem Ergebnis 2004 um knapp 16 Millionen Euro oder 4,6 Prozent.
Die Erzdiözese erwartet im Jahre 2005 eine Rückerstattung aus der bereits erläuterten interdiözesanen Verrechnung für die Vorjahre. Diese Erstattung ist in der Planrechnung mit einem Betrag von 12 Millionen Euro erfasst.
Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre bis zur geschätzten Größe im Jahr 2005 so ist seit 1999 die Kirchenlohnsteuer um knapp 50 Millionen Euro gefallen. Das sind immerhin mehr als 18 Prozent. Glücklicherweise verbesserte sich die Kircheneinkommensteuer in dem gleichen Zeitraum um 17 Millionen Euro, sodass ein gewisser Ausgleich stattfinden konnte, der in vielen Bistümern in dieser Form nicht möglich war.
Eine bereits im Jahre 2003 eingerichtete Arbeitsgruppe unter der Leitung des Generalvikars legte noch im selben Jahr die Kürzung der Sachkosten im Ordinariat und in den Kirchenstiftungen in den Jahren 2004 und 2005 um je fünf Prozent fest. Im gleichen Umfang wurden die Zuschüsse an Verbände und kirchennahe Einrichtungen gekürzt. Insgesamt bedeutet das eine Ausgabenreduktion um 6,4 Millionen Euro.
Die Diözesanleitung ist sich bewusst, diese linearen Kürzungen nicht dauerhaft vornehmen zu können. Solidarität unter den Zuschussempfängern ist wesentliche Voraussetzung für derartige Maßnahmen. Viele Einrichtungen arbeiten aufgrund der Leistungskürzungen – auch von Staat und Kommune – an der existentiellen Grenze. Ich kenne keine kirchliche Einrichtung mehr, deren wirtschaftliche Kraft in den vergangenen Jahren nicht erheblich gelitten hätte. Dazu zähle ich auch einige Pfarreien im Diözesangebiet, deren finanzielle Ausstattung angespannt ist und die Kostenschere zunehmend in finanzielle Bedrängnis bringt.
Weitgehend verschont von Kürzungsmaßnahmen in der Vergangenheit blieben die refinanzierten Bereiche. Ich nenne hier vor allem die Kindertagesstätten. Sollten die Verluste in der Steuerentwicklung auch in Zukunft anhalten, werden einige dieser Einrichtungen mit hohem Defizit in ihrem weiteren Bestand hinterfragt werden müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Staat und Kommunen Pflichtleistungen zurücknehmen.
Signifikante Steigerungen zeigen sich bei den Ausgleichszahlungen an den Verband der Diözesen Deutschlands mit mehr als 3,8 Millionen Euro infolge erhöhter Sonderumlagen für die Ost-Bistümer sowie Finanzausgleichszahlungen an die West-Bistümer.
Insgesamt sieht der Haushalt im Jahre 2005 Einnahmen und Ausgaben von 385.229.000 Millionen Euro vor, ein Rückgang um 10,1 Millionen Euro gegenüber dem Ergebnis des Jahres 2004. Den größten Anteil an den Aufwendungen mit rd. 63 % und steigende Tendenz haben unverändert die Personalkosten. Trotz deutlicher Rücknahme im Vorjahr und nochmaliger Kürzung im Jahr 2005 um 1,6 Millionen steht der Bauetat mit knapp 16 % an den Gesamtaufwendungen nach wie vor an zweiter Stelle.
Seelsorge und Denkmalpflege
Der Bauetat
Seelsorge ist Dienst am Menschen und für die Menschen. Seelsorge geschieht in erster Linie mit Personen. Der Dienst am Nächsten erfordert neben Personal auch Räume für gemeinsame Treffen in Stille, Gebet oder Gesprächskreisen. Diesen Zweck erfüllen in erster Linie circa 3.100 Kirchen, aber auch die 504 Pfarrheime und Pfarrzentren im Gebiet der Erzdiözese. Insgesamt befinden sich circa 5.000 Gebäude im Eigentum der Erzdiözese sowie Kirchen- und Pfründestiftungen. Gebäude, die nahezu keine Erträge abwerfen und die es aus dem Bauetat zu erhalten gilt, will man nicht planlosen Substanzverzehr betreiben.
Viele Gebäude, allen voran die Kirchen, stehen unter Denkmalschutz und die Verantwortlichen im Ordinariat und den Außenstellen arbeiten eng mit den Denkmalschutzbehörden zusammen. Kirchen als Kulturdenkmäler prägen oftmals das Ortsbild im Raum Oberbayern und im Voralpenland. Sie sind Touristenmagnet und tragen wesentlich zum Charakter einer ganzen Landschaft bei.
Das kirchliche Bauwesen leistet einen bedeutenden Beitrag zu den Arbeitsplätzen einer krisengeschüttelten Branche. Mit dem Rückfluss von 16 % an bezahlter Mehrwertsteuer aus den Baurechnungen erhält darüber hinaus das öffentliche Gemeinwesen einen nicht unerheblichen Betrag aus den Mitteln der Gläubigen.
Das Bauvolumen aus Kirchensteuermitteln beläuft sich im Jahre 2005 auf insgesamt 71 Millionen Euro. Das sind nur rund 1,6 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Für Kindergärten werden unverändert 8,2 Millionen Euro und für die diözesaneigenen Schulen drei Millionen Euro eingeplant. Das Budget für diözesaneigene Gebäude wurde um 600.000 Euro niedriger auf 4,3 Millionen Euro festgelegt. Somit verbleibt für die pfarreieigenen Gebäude in der Seelsorge wiederum der Löwenanteil von 55,8 Millionen Euro.
Einen Überblick der zum Stichtag 31.12.2004 durch das Baureferat aktuell betreuten Projekte der Substanzerhaltung gibt nachfolgende tabellarische Übersicht.
Hinzu kommen noch 45 laufende Neubauprojekte verschiedener Gebäudetypen mit einem kalkulierten Gesamtvolumen von 140 Millionen Euro.
Ich habe Sie im vergangenen Jahr von einer strukturellen Änderung im Bauwesen des Erzbistums unterrichtet. Diese Umstrukturierungsmaßnahmen sind zwischenzeitlich abgeschlossen und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Ziel, die Eigenverantwortung in den Pfarreien zu stärken, findet sich in den Umsetzungsbeschlüssen wieder. Praktisch können zwar aufgrund des weitgehend ausgeschöpften Etats in 2005 größere Maßnahmen erst wieder im Jahre 2006 nach dem neuen Prozessablauf begonnen werden. Für Vorarbeiten hierzu wie Planungen, Befunduntersuchungen stehen jedoch Mittel bereit, die in Abstimmung mit dem Baureferenten sinnvoll für diese Maßnahmen einzusetzen sind. Auch für Notfälle stehen Mittel bereit.
Produktivstart der Neustrukturierung soll Anfang April 2005 sein. Umfangreiche Informationsveranstaltungen zu diesem Thema haben bereits im Februar und März stattgefunden. Die durchweg positive Resonanz bestätigt mich in der Einschätzung, den richtigen Weg gefunden zu haben.
Die Erzdiözese – ein bedeutender Arbeitgeber in Oberbayern
Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland erreichen noch nie dagewesene Rekordwerte. Auch in Bayern zeigen die Arbeitslosenquoten steigende Tendenz. Fast täglich ist von Arbeitsplatzabbau in Industrie- und Dienstleistung die Rede, Firmensitze und Produktionsstätten werden in das Ausland verlagert.
Trotz einer nunmehr auch für das Seelsorgepersonal ausgesprochenen grundsätzlichen Deckelung der Planstellen sichert der Arbeitgeber Erzdiözese München einer hohen Zahl an Beschäftigten das tägliche Auskommen. Der Schwerpunkt des Arbeitsplatzangebotes betrifft den Raum Oberbayern, der sich im Wesentlichen mit dem Diözesangebiet deckt.
Mehr als 16.000 Frauen und Männer erhalten derzeit über die Personalabrechnungsstelle in der Erzbischöflichen Finanzkammer ihr Gehalt. Den Schwerpunkt bilden die Mitarbeiter in den Pfarreien, die in den verschiedensten Berufsfeldern wie Hausmeister, Mesner, Musiker, Sekretariatskräfte oder als Kindergärtnerinnen arbeiten und ganz wesentlich zur Aufrechterhaltung des kirchlichen Betriebs vor Ort beitragen. Das Angebot in den Pfarreien betrifft vor allem Teilzeitstellen, die ein Nebeneinander von Familie und Beruf ermöglichen.
Der Anteil der Personalkosten an den insgesamt vorhandenen Aufwendungen in der Erzdiözese steigt. Lag dieser Wert im Jahr 2003 noch bei 60,8 %, so ist nach den Planungen für 2005 dieser auf über 63 % angestiegen. Seitens der Diözesanleitung wurde deshalb im Verwaltungsbereich bereits in den Vorjahren ein Planstellenstop verfügt, der im Jahr 2004 auf das in der Seelsorge tätige Personal ausgedehnt wurde. Ein Mehr an Arbeitskräften wäre bei rückläufigen Steuereinnahmen verantwortungslos. Die Deckelung des Personalbestandes in der Seelsorge wird begleitet von einer kritischen Prüfung der Wiederbesetzung jeder frei werdenden Stelle im Ordinariat. Die Wiederbesetzungssperre von drei Monaten wird ausgedehnt auf sechs Monate, die Optimierung von Arbeitsprozessen und –abläufen in der Verwaltung des Ordinariats ist voll im Gange. Diese Anstrengungen zeigen Wirkung. Die Personalkosten sind im vergangenen Jahr unter Berücksichtigung von Erstattungen verschiedener Einrichtungen vergleichsweise gering um weniger als ein Prozent angestiegen. Allerdings engen bei stark rückläufigen Erträgen auch nur geringfügige Kostensteigerungen den Handlungsspielraum in der Zukunft deutlich ein.
Die Diözesanleitung ist nach Kräften bemüht, auch in Zukunft betriebsbedingte Kündungen zu vermeiden. Ob ihr das gelingt, hängt ganz wesentlich von der weiteren Entwicklung der Kirchensteuer und damit in erheblichem Maße von Gesetzgebung und der Bereitschaft der Mitglieder ab, auch in Zukunft diesen Solidarbeitrag zu leisten.
Sichtbare Nächstenliebe
Die Caritas
Nächstenliebe ist eine Grundbotschaft der kirchlichen Glaubenslehre. Die Nächstenliebe der Christen geschieht oft im Stillen, zum Beispiel in der unmittelbaren Hilfe für einen Nachbarn bei der Bewältigung seiner alltäglichen Probleme. Die katholische Kirche hat in der Vergangenheit versucht, das Angebot zu bündeln in selbständig handelnden Einrichtungen. Ich greife die bekannteste Organisation heraus, die Caritasverbände der einzelnen Diözesen. Die Pfarrcaritas der Pfarreien in ihrem Zusammenwirken mit den Verbänden bilden ein Netzwerk zwischen den Bistümern, das im Bedarfsfall reibungslos funktioniert. Ich erinnere an den Aufruf der deutschen Bischöfe zur Spendensammlung für die Opfer der Flutkatastrophe. Innerhalb von nur wenigen Tagen wurden bundesweit mindestens 16,5 Millionen Euro mobilisiert und über Caritas international an die betroffenen Menschen weitergeleitet. Allein aus dem Erzbistum München steuerten Spender mehr als 1,2 Millionen Euro bei. Die vor Ort tätigen Mitarbeiter dieser Organisation leisten professionelle Hilfe und arbeiten eng mit anderen Wohlfahrtsverbänden zusammen.
Der Dienst und die Hilfe am Nächsten ist weiterhin Schwerpunkt der Mittelverwendung. So wurden wiederum die Mittel zur Schwangeren – und Schwangerenkonfliktberatung in unveränderter Höhe bereitgestellt, immerhin ein Betrag von ca. 1,9 Millionen Euro. Unangetastet wie schon im Vorjahr blieben der Fonds für Frauen in Konfliktsituationen und für Arbeitslose, zusammen knapp 500.000 Euro. In unveränderter Höhe stehen mehr als zwölf Millionen Euro für 571 Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft im Diözesangebiet bereit, die sowohl für den laufenden Unterhalt als auch Baumaßnahmen Verwendung finden werden.
Bildung als Schwerpunkt
Die diözesanen Schulen
Schneller als erwartet hat sich der Orden der Maria-Ward-Schwestern entschlossen, die Trägerschaft von Realschule und Gymnasium in München, Stadtteil Nymphenburg, an die Erzdiözese abzugeben. Die Schule genießt einen hervorragenden Ruf.
Mit insgesamt 1.015 Schülerinnen und 61 Lehrkräften gehört sie zu den größeren kirchlichen Bildungseinrichtungen im Gebiet der Erzdiözese.
Damit wird die Erzdiözese ab dem Kalenderjahr 2006 Träger von 21 Schulen, nämlich vierzehn Realschulen, sechs Gymnasien und einer Volksschule sein. Mehr als 11.000 Schülern werden neben einem hohen Standard der Wissensvermittlung christliche Grundwerte näher gebracht. Eltern, die sich für die christliche Grundhaltung in der Erziehung entschlossen haben, werden durch die Kirche unterstützt. In vielen Fällen können die diözesanen Schulen nicht alle Bewerbungen an Schülern aus Platzgründen berücksichtigen. Solche Bewerbungen müssen leider abgelehnt werden, da schlichtweg die Kapazitäten an Räume und Personal erschöpft sind. Auch die Einführung eines Schulgeldes ab dem Schuljahr 2004/2005 hat an dieser hohen Nachfrage nichts geändert. Die betroffenen Eltern zeigten für diese moderate Belastung von 40 Euro je Monat für insgesamt elf Monate im Jahr überwiegend Verständnis. Sie tragen mit diesem Beitrag ganz wesentlich zum Erhalt des diözesanen Schulwesens bei.
Das Schulgeld und die Zuschüsse des Staates reichen nicht aus, den laufenden Betrieb der Schulen zu decken. Durchschnittlich 200.000 Euro müssen jährlich je Schule aus Haushaltsmitteln beigesteuert werden, um den laufenden Bedarf zu decken. Hinzu kommt die große Baulast für die Gebäude. Die Erzdiözese muss deshalb auch bei den diözesanen Schulen in Zukunft sehr genau prüfen, ob sie sich weitere Trägerschaften wird leisten können.
Lohn- und Einkommensteuer
Hohe Abhängigkeit von einer kaum beeinflussbaren Größe
Ich habe ihnen eingangs die Bedeutung der Kirchensteuer für die Finanzkraft der Erzdiözese erläutert. Diese Aussagen gelten im Übrigen für alle deutschen Diözesen. Im vergangenen Jahr haben die Hiobsbotschaften deutlich zugenommen. Die Diözesen sind bemüht, durch Restrukturierungsmaßnahmen im Ordinariat wie auch in den Außenstellen und in den Pfarreien die Kostenstruktur den dramatisch rückläufigen Erträgen anzupassen. Die Gründe für den Rückgang sind hinreichend bekannt: Neben den Kirchenaustritten, die selbstverständlich die Ertragskraft schwächen, sind es vor allem die steigenden Arbeitslosenzahlen, Abwanderungsverluste und rückläufige Beschäftigungsquoten. Die Hauptursache war jedoch die Tendenz der Steuergesetzgebung, die direkten Steuern (Lohn- und Einkommensteuer) zu senken und die indirekten Steuern (Verbrauchsteuern) anzuheben. Die Diözesen partizipieren aber ausschließlich von der Lohn- und Einkommensteuer.
Die christlichen Kirchen in Deutschland sind mit ihren Verbänden derzeit noch Garant für einen bedeutenden Teil eines sozialen Netzes, das in zunehmendem Maße durch die Aushöhlung der Erträge in den diözesanen Haushalten brüchig wird. Die Grenzen der Anpassung der Kostenstruktur sind in vielen Fällen bereits überschritten und Gespräche in den vergangenen Monaten mit caritativ tätigen Verbänden zeigen, dass viele, vor allem kleinere Einrichtungen, zwischenzeitlich an der Existenzgrenze arbeiten. Kostensparprogramme können nur das Symptom kurieren, nicht aber die Ursache. Die Diözesen haben allesamt weniger ein Kostenproblem als vielmehr ein Ertragsproblem und das seit mehr als zehn Jahren. Ohne weitere Leistungsreduzierungen in den Kernbereichen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Schwächsten der Gesellschaft, kann die Ertragskrise nicht gemeistert werden, es sei denn, der Ausgleich wird in anderer Weise geschaffen.
Kennzeichen der kirchlichen Dienste waren und sind die ehrenamtliche Unterstützung durch Menschen, denen das Gemeinwohl und die Solidargesellschaft in besonderem Maße am Herzen liegt. Als Multiplikatoren in der Helferfunktion vervielfachen sich die eingesetzten finanziellen und personellen Ressourcen. Ich danke allen ehrenamtlich Tätigen in den verschiedensten Bereichen, vor allem in den Pfarreien, Verbänden und sonstigen Außenstellen des Ordinariats für diesen wichtigen Dienst, an einer Kultur der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe zu arbeiten.
München, im März 2005
Dr. Sebastian Anneser
Erzbischöflicher Finanzdirektor