In Kürze ist es wieder soweit: In Bayern bekommen hunderttausende Schülerinnen und Schüler ihr Zwischenzeugnis. Laut einer Forsa-Umfrage haben viele Kinder Angst, zuhause Vorwürfe oder Ärger zu bekommen, selbst wenn die Noten eigentlich ganz gut sind. Dabei führt Druck nur selten zum Erfolg. Unser Autor Thomas Gampl, stellvertretender Schulleiter am Erzbischöflichen St.-Irmengard-Gymnasium in Garmisch-Partenkirchen, gibt Tipps zum richtigen Umgang mit Zeugnisnoten.
Kopf hoch! Noten sind nicht das Wichtigste auf der Welt. Und mit den Eltern und Lehrkräften lassen sich gemeinsam Lösungen finden.
Bleiben Sie gelassen – auch dann, wenn Ihr Kind schlechte Zensuren mit nach Hause gebracht hat. Es bleibt ausreichend Zeit, die Leistungen, wo nötig, zu verbessern. Vor allem aber sollte man bedenken: Auch mit einer Vier in Geschichte oder Biologie kann man glücklich durchs Leben gehen. Noten sind nicht das Wichtigste auf der Welt.
Die meisten Experten sind sich einig, dass zu viel Druck schadet. Eltern sollten also auf ein schlechtes Zeugnis nicht mit überzogenen Vorwürfen reagieren. Das heißt nicht, dass Sie die Sechs in Mathematik ignorieren müssen. Allein: Schuldzuweisungen helfen nicht weiter. Sinnvoller ist es, gemeinsam mit dem Kind die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Das Zeugnis strotzt nur so vor schlechten Noten und Sie sollen loben? Ja! Studien zeigen, dass Sie mit Lob mehr erreichen als mit Tadel. Irgendwo gibt es auch in den schlechtesten Zeugnissen Lichtblicke: Vielleicht hat sich das Kind von einer Fünf auf eine Vier verbessert. Oder in dem ein oder anderen Fach blitzt doch eine nicht ganz so schlechte Note auf. Beides sollte man lobend würdigen.
Gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind das Zeugnis durch. Freuen Sie sich zunächst über die guten Noten und sprechen Sie dann auch über die schlechten. Mangelhafte Leistungen in einzelnen Nebenfächern zeugen vor allem davon, dass Ihr Kind bei der ein oder anderen Leistungsabfrage unvorbereitet war. Das kann schon einmal vorkommen und ist kein Beinbruch. In Deutsch, Mathematik oder den Fremdsprachen sind schlechte Noten dagegen eher ein Problem. Hier bauen die Folgejahre auf dem auf, was zuvor gelernt wurde. Deshalb sollte man in diesen Fächern zu große Wissenslücken vermeiden.
Thomas Gampl ist stellvertretender Schulleiter am Erzbischöflichen St.-Irmengard-Gymnasium in Garmisch-Partenkirchen
Versuchen Sie zu verstehen, woran es liegt, dass die Leistungen in manchen Fächern nicht zufriedenstellend sind. Fragen Sie auch ihr Kind nach seiner Einschätzung. Sie werden schnell feststellen, dass es tausend Gründe gibt, die NICHT in der Verantwortung ihres Kindes liegen: Der Lehrer erklärt nicht gut. Die Schulaufgabe war zu schwer. Die Note war ungerecht. Und vieles mehr. Das alles ist denkbar. Sie müssen das nicht sofort beiseite schieben. Aber Sie sollten sich damit auch nicht zufriedengeben, sonst verlieren Sie eine entscheidende Frage aus dem Blick: Wo kann Ihr Kind und wo können Sie etwas anders und besser machen? Überlegen Sie gemeinsam, wie sich die Leistungen bei Bedarf verbessern lassen.
Eine bekannte Fußballregel von Sepp Herberger lautet: Man muss auch wegbleiben können. Das dürfen auch Eltern mit Blick auf die Schule gelegentlich beherzigen. Natürlich sollten Sie helfend eingreifen, wenn etwa der Übertritt gefährdet ist oder Sitzenbleiben droht. Wenn aber in der 7. oder 8. Klasse mal eine Vier im Zeugnis steht, ist das kein Grund für besondere Maßnahmen. Das heißt nicht, dass Sie Ihrem Kind das Gefühl geben sollten, dass Noten völlig egal sind. Kinder sollten aber mit zunehmendem Alter mehr und mehr selbst die Verantwortung für ihren Schulerfolg übernehmen. Geben Sie Ihren Kindern diesen Freiraum.
Wenn Sie Handlungsbedarf sehen, aber selbst nicht mehr weiter wissen, dann sollten Sie das Gespräch mit den Lehrkräften suchen. Auch hier gilt: Keine Panik. Keine Vorwürfe. Sie sollten nicht gegen, sondern gemeinsam mit der Lehrkraft nach Lösungen suchen. Fragen Sie gezielt nach: "Was können wir tun?" "Was empfehlen Sie?"
Bitte keinen Druck! Auch wenn einmal eine Note nicht gut ausfällt, hilft eher Ermutigung und gemeinsame Analyse als Schimpfen
Für den Fall, dass bei schwerwiegenden Problemen auch der Fachlehrer nicht mehr helfen kann, stehen weitere Ansprechpartner bereit. An den meisten weiterführenden Schulen gibt es Beratungslehrkräfte, an vielen auch Schulpsychologen. Beratungslehrkräfte sind vor allem für Fragen zur Schullaufbahn zuständig, helfen aber auch bei allgemeinen Problemen. Schulpsychologen können etwa bei Fragen zur Lernpsychologie wertvolle Tipps geben. Weitere Hilfe finden Sie auch bei den staatlichen Schulberatungsstellen. Entsprechende Kontakte finden Sie
hier.
Zum Abschluss gibt es aber noch eine Art Joker-Tipp. Der kann Ihnen helfen, die Zensuren Ihres Kindes in einem anderen Licht zu sehen und entspannter damit umzugehen: Wenn Sie sich heimlich doch furchtbar über das Zeugnis ihres Kindes geärgert haben, aber aufgrund der hier genannten Tipps zurückhaltend waren und der Ärger deshalb noch in Ihnen rumort, dann empfiehlt sich ein vergleichender Blick auf die eigenen Leistungen. Legen Sie ruhig einmal eines Ihrer alten Zeugnisse aus der entsprechenden Jahrgangsstufe neben das Ihres Kindes. Das macht in den meisten Fällen demütig.
Zum Schluss: Eingangs wurde erwähnt, dass in diesen Tagen tausende Schülerinnen und Schüler ihre Zeugnisse erhalten. Natürlich lassen sich diese nicht alle über einen Kamm scheren. Die hier genannten Tipps sind deshalb nur als Anregungen für den Umgang mit Zeugnissen gedacht. Nicht für jedes Kind gilt jeder Tipp gleichermaßen. Manche brauchen etwas mehr Freiheit, andere vielleicht doch etwas mehr Hilfestellung oder sanften Druck. Die Entscheidung darüber müssen Sie selbst treffen.
Text: Thomas Gampl, Studiendirektor i.K., stellvertretender Schulleiter
Erzbischöfliches St.-Irmengard-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen, Januar 2024
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Dr. Sandra Krump
Vorsitzende der Diözesankommission für
Katholische Tageseinrichtungen für Kinder