Eine gute Beziehung braucht regelmäßige Pflege und ist ein ständiges Geben und Nehmen. Das sagen viele, und Martina weiß das auch. Dennoch fragt sie sich, wie sie diese Grundsätze im Alltag verwirklichen soll. Mit einem Mann wie Daniel, der mit ihr kaum noch über „Kleinigkeiten“ wie Gefühle sprechen will und sie mit den Sorgen mit ihrem 15-jährigen Sohn allein lässt. Zufällig findet sie in den Unterlagen zur Ehevorbereitung, die sie vor vielen Jahren am Erzbistum absolviert hatten, einen Hinweis auf die „Kommunikationstrainings für Paare“, die dort ebenfalls angeboten werden. Daniel ist sogar damit einverstanden, mit ihr zusammen einen der Kurse zu belegen und sich anzuhören, was die ReferentInnen zu sagen haben.
"Was liegt dir auf dem Herzen?" - leicht gefragt, schwer beantwortet. In den Kommunikationstrainings wird das Reden leichter gemacht.
Einer von ihnen ist Robert Benkert. Der erfahrene Eheberater ist verantwortlich für die Kurse im Erzbistum, die seit rund 30 Jahren angeboten werden. Er kennt viele solcher Paare und Geschichten. Grob lassen sich die Teilnehmer in vier Gruppen einteilen, sagt er: Paare in der „Rush Hour des Lebens“ mit Anfang 30; Paare, die seit zehn bis 15 Jahren verheiratet sind; solche, deren Kinder erwachsen sind – und diejenigen, bei denen einer der beiden gerade in Rente gegangen ist („Papa ante portas“). Viele von ihnen hätten vor allem eines gemeinsam: Trotz der langen gemeinsamen Zeit falle es ihnen immer noch schwer, dem vertrauten Partner zu sagen, was ihm oder ihr auf dem Herzen liege oder gar, was ihn oder sie belaste.
EPL (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm) und
KEK (Konstruktive Ehe und Kommunikation) sind die etwas sperrig klingenden Namen der beiden wichtigsten Kursangebote, die im Erzbistum München und Freising von rund 200 Paaren pro Jahr besucht werden. Sie wurden vor rund 30 Jahren in München vom Institut für Kommunikationstherapie in Zusammenarbeit mit der Erzdiözese entwickelt. Die Teilnahme an den rund 60 Kursen pro Jahr ist unabhängig von Familienstand, Konfession oder Religion.
Zunächst stellen die beiden Trainer den vier Paaren pro Kurs die wichtigsten Voraussetzungen und Grundlagen für eine gute Kommunikation in der Beziehung vor, und die Paare – was noch wichtiger ist – üben sie in Rollenspielen gleich ein. Es geht um Themen wie „Ich kann mit dir reden, auch wenn ich sauer bin“, „Wir kommen einen Schritt weiter“ oder „Unsere Beziehung ist lebendig“. Jedes Paar kann in einem eigenen Raum die persönlichen Anliegen besprechen, die ihm wichtig sind. Ein Trainer begleitet sie dabei.
Die EPL-Kurse sind für junge Paare gedacht, die kurz vor der Ehe stehen oder gerade geheiratet haben und sich das kommunikative Rüstzeug für die vielbeschworenen „Stürme des Alltags“ holen wollen. Wie Robert und Helena aus Andechs beispielsweise. „Beide sind Anfang 30, haben gerade ihre erste Stelle angetreten und investieren viel Zeit in ihre Karriere. Sie merken allmählich, dass die Schmetterlinge im Bauch weniger werden und dass ihnen kaum noch Zeit zu zweit bleibt.“ Abends sind sie oft müde und erschöpft, für Sex und Zärtlichkeiten bleibt kaum noch Raum. Wenn dann noch Kinder dazukommen, kann es schnell passieren, dass sie sich einander immer fremder werden. Nicht umsonst fällt fast die Hälfte der Trennungen in die erste Lebensphase des ersten Kindes.
Die Paare in den KEK-Kursen dagegen sind schon länger verheiratet. „Sie blicken bereits zurück und fragen sich, ob alles richtig gelaufen ist oder ob sie vielleicht etwas ändern sollten.“ Für beide Kurse gilt, dass sich die Paare nicht in einer Krise befinden sollten. „Denn dann sollten sie sich eher an die Ehe- und Familienberatung hier im Erzbistum wenden“, sagt Robert Benkert, der dort ebenfalls als Eheberater im Einsatz ist.
Darüber hinaus werden im Erzbistum sogenannte
APL-Kurse (Aufbaukurse im Partnerschaftlichen Lernprogramm) angeboten, zur Auffrischung und Vermittlung von Themen wie Stressbewältigung und der vielzitierten Work-Life-Balance.
Der KEK-Kurs ist derweil für Martina und Daniel genau das Richtige. Sie lernen dort, wie wichtig eine Gesprächskultur, die von beiden aktiv gelebt und gefördert wird, für den Erfolg einer Beziehung ist. Sie erhalten ein kommunikatives Grundhandwerkszeug an die Hand, auf das sie setzen und auf das sie sich verlassen können, wenn es darauf ankommt.
Auch wenn man schon länger verheiratet ist, lohnt sich immer ein Blick auf vielleicht festgefahrene Beziehungsmuster, besonders in der Kommunikation.
Vermittelt werden insgesamt fünf Zuhörer- und fünf Sprecher-Regeln, wobei vor allem das Zuhören vielen Paaren schwerfalle, sagt Robert Benkert. Dazu gehört,
- sich dem anderen bewusst zuzuwenden („anfeuerndes Zuhören“),
- wiederzugeben, was man gehört hat,
- nachfragen, wenn etwas nicht verstanden wurde,
- den Partner auch mal zu loben und
- die eigenen Gefühle zu benennen und ins Gespräch einfließen zu lassen.
Zu den Sprecher-Regeln zählen
- die berühmten Ich-Botschaften („Ich fühlte mich durch deine Aussage verletzt“ statt „Du hast mich damit verletzt“),
- konkret zu werden, wo sonst häufig nur Allgemeinplätze stehen,
- konkret benennen, wie man das Verhalten des Partners wahrnimmt,
- konkret bei einer Sache zu bleiben und nicht abzuschweifen, und
- Worte für die eigenen Gefühle zu finden und sie auszusprechen.
Beim Erlernen und Einüben dieser Grundregeln vor allem in Rollenspielen leisten die Coaches und Therapeuten wertvolle Unterstützung, indem sie darauf hinweisen, wenn eine Regel missachtet, falsch interpretiert oder nicht konsequent genug eingehalten wird.
Dieses Eingreifen und Unterstützen durch erfahrene Kommunikationstrainer wie Robert Benkert ist denn auch der entscheidende Mehrwert der Kurse. Denn viele Paare haben, anders als früher, von der einen oder anderen Regel bereits gehört, „aus Seminaren und Workshops bei der Arbeit oder im Studium, aus Büchern oder Sendungen im Fernsehen“. Aber: „Die Regeln zu kennen ist das eine, sie in der eigenen Beziehung anzuwenden eine ganz andere Sache. Den entscheidenden Schritt zu tun, sich zu öffnen und dem anderen mehr Raum zu geben: Das sind alles Dinge, die früher und heute gleich schwerfallen. Der Kopf kennt zwar die meisten Regeln, tut sich aber immer noch schwer damit, all das in der Praxis auch umzusetzen.“ Eine andere Sache komme noch hinzu: „Das Bewusstsein für Paarprobleme ist gewachsen, weil viele in ihrem direkten Umfeld hautnah miterleben, wie schnell eine Ehe scheitern kann. Die meisten Teilnehmer wissen, dass glückliche und langjährige Beziehungen nicht vom Himmel fallen. Aber daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und es besser zu machen, ist auch heute noch die große Herausforderung.“
Auch bei Martina und Daniel war es offenbar, wie so häufig, die Frau, die stärker unter dem mangelnden Austausch gelitten hat. Im Kurs selbst hatte Daniel dann aber ein richtiges „Aha-Erlebnis“, als er gemerkt hat, wie wichtig – und befreiend – es ist, zuzuhören und über die eigenen Gefühle zu sprechen. Für ihn als Trainer sei das jedes Mal wie ein religiöses Geschenk, sagt Robert Benkert. „Es ist wie eine Offenbarung. Und für die meisten Paare ist es eine beglückende Erfahrung, wenn sie im Kurs lernen, wie sie sich wieder besser auf das Paar-Sein einlassen können.“ Dazu gehört beispielsweise, sich einen Abend pro Monat Zeit für sich zu nehmen, ins Kino oder zu zweit essen zu gehen und dabei nicht über die Schulprobleme der zehnjährigen Tochter zu reden.
Am Ende war Daniel froh, dass er den Kurs besucht hat. Er kann nur bestätigen, was Robert Benkert den Teilnehmern immer wieder mit auf den Weg gibt: „Mit einer guten Gesprächs- und Kommunikationskultur gelingt die Ehe besser. Nehmen sie sich Zeit zu zweit! Werden sie wieder aktiver! Machen sie sich Gedanken darüber, wie sie den anderen positiv überraschen können, und sei es nur mit einer Kleinigkeit. Zeigen sie ihrem Partner, dass er ihnen nicht gleichgültig ist.“
Text: Christian Horwedel
Ehevorbereitung und -begleitung
Schrammerstr. 3
80333 München
Ehevorbereitung(at)eomuc.de
Fachbereichsleiter:
Markus Reischl, Pastoralreferent und Kommunikationstrainer
Referenten in der Ehevorbereitung und -begleitung:
Robert Benkert, Pastoralreferent und Eheberater
Sylvia Braun-Schmidtner, Pastoralreferentin
Robert Seisenberger, Pastoralreferent,
Paar- und Familientherapeut
• Hochzeits- und Ehevorbereitungskurse
• Kommunikationstraining EPL für junge Paare
• Beratung u. Begleitung zum Thema kirchliche Trauung
• Beziehungsschule und Partnerschaftsvorbereitung in Schulen
und anderen Einrichtungen