Firmung als Stärkung und Geschenk Ein Gespräch mit dem Diplom-Theologen Helmut Heiss

Eine bewusste Entscheidung für den Glauben, genau in einem Alter, in dem gerade ohnehin vieles schwierig und im Umbruch ist – ist das der richtige Zeitpunkt? Ja, sagt der Diplom-Theologe Helmut Heiss, der die Firmung als Dienst der Kirche an den jungen Menschen und Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung sieht. Das Sakrament soll die Jugendlichen stärken und ihnen helfen, ihren eigenen Weg zu finden. Im Glauben und im Leben.
 
Firmung Pfadfinder durch Weihbischof Bischof
Besonderer Anlass, besonderer Ort: Weihbischof Wolfgang Bischof firmt im Sommer 2022 Mitglieder der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg in einer Jurte auf der Fraueninsel
Was bedeutet Firmung eigentlich?
Die Firmung findet in der Pubertät statt. In dieser Zeit, in der die Jugendlichen häufig Schwierigkeiten haben in der Persönlichkeitsentwicklung oder im Gemeinschaftsleben, setzt die Kirche mit der Firmung ein Zeichen. Dieses Zeichen ist mit einem Ritus verbunden, zu dem vier Elemente gehören.

Das erste Element ist der Name. Der junge Mensch tritt vor den Bischof oder einen anderen Firmspender und wird nach seinem Namen gefragt. Das ist wichtig, denn das zeigt, du, Leonie, oder du, Maximilian, bist wichtig, du wirst gebraucht. Du bist bedeutsam im Reich Gottes und in der Gesellschaft.

Das zweite Element ist die Hand. Der Firmling steht bei der Firmung sozusagen in der Mitte. Von hinten legt der Pate oder die Patin die Hand auf die rechte Schulter des Firmlings. Der Bischof hält seine Hand über dessen Kopf und an die Stirn. Der oder die Jugendliche wird also gestützt und gehalten. Diese Handhaltung drückt auch aus, dass jetzt der Heilige Geist in dem Jugendlichen ist, dass er ihm geschenkt ist, ihn stärkt und ihn sein ganzes Leben lang führen soll.

Das dritte Element ist das Öl. Das Öl ist im Orient auch ein Nahrungsmittel, es spielt in der Medizin und in der Kosmetik eine Rolle und wurde in biblischen Zeiten immer wieder benutzt zur Salbung der Könige, Priester und Propheten. Das Öl verweist auf die besondere und wertvolle Rolle der jungen Menschen als Christinnen und Christen. Sie haben Teil an diesem königlichen, priesterlichen und prophetischen Amt – in der Kirche und im Leben.

Und schließlich das vierte Element, das Wort. Wenn der Bischof sagt „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“ geht es nicht um eine Leistung, die der oder die Jugendliche bringen soll, sondern es geht um ein Geschenk, um etwas, das man gratis bekommt. Dieses Wort freut sich natürlich auf eine Antwort. Aber diese Antwort muss lebenslang nachklingen, das geht nicht auf Knopfdruck im Sinne von: Ab jetzt bist du ein volles Mitglied, das folgende Pflichten in der Kirche und in der Pfarrei hat. Sondern die Antwort klingt ein Leben lang nach und fällt sehr unterschiedlich aus.

Woher kommt der Begriff Firmung?
Wenn jemand firm ist, ist er fit. Firmung kommt vom lateinischen Wort firmare, das heißt stärken oder bestärken.
 
Wie läuft die Vorbereitung auf das Sakrament ab?
Das ist sehr unterschiedlich. Jede Pfarrei, jeder Pfarrverband hat ihre oder seine eigene Firmvorbereitung. Es gibt Firmgruppen, Aktionstage, Projekte oder Gemeindepraktika. Etliche Pfarreien machen mit den Firmlingen eine Fahrt, zum Beispiel nach Assisi. Auch Pilgern ist eine Möglichkeit. Einer der neueren Ansätze ist das Mentoring. Dabei begleitet eine Patin oder ein Pate den Firmling bis zur Firmung und darüber hinaus. Auf diese Weise soll eine längerfristige Beziehung entstehen.

Auch die Dauer der Vorbereitung ist von Pfarrei zu Pfarrei unterschiedlich, üblicherweise läuft sie über einen Zeitraum von zwischen zwei und vier Monaten. Das Ziel ist aber eigentlich fast überall das gleiche: Die Jugendlichen sollen sich mit den eigenen Charismen beschäftigen, ihre Stärken und Fähigkeiten neu entdecken. Als Kirche sind wir Anwalt der Jugendlichen auf diesem Weg – auch in der Pubertät, auch wenn es mit Herausforderungen für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden sein kann, die sich um die Vorbereitung der Jugendlichen kümmern.

Wie gehen Seelsorgerinnen und Seelsorger damit um, dass viele Jugendliche nicht mehr selbstverständlich mit der Pfarrei in Verbindung stehen, sich aber mit der Firmung bewusst für den Glauben und die Kirche entscheiden sollen?
Wir verstehen das Sakrament der Firmung als Bestärkung und damit als wichtigen Baustein in der Persönlichkeitsentwicklung eines jungen Menschen. Dazu gehört auch der Zuspruch von Gott. Dass Jugendliche in der Regel wenig Zugang zu der Pfarrei haben, in der sie leben, das ist schon seit 20 Jahren oder länger so. Dass sie danach noch in den Gottesdienst gehen, war auch schon damals kaum der Fall. Ich glaube trotzdem, dass es ein wichtiger Dienst der Kirche ist, am Leben der Jugendlichen in dieser schwierigen Phase der Pubertät teilzuhaben und sie zu bestärken, ihnen zu helfen, ihren eigenen Weg zu finden.

Wie ist der Ablauf der Firmung?
Die Firmung findet in der Regel im Rahmen einer Eucharistiefeier statt, meistens am Freitag oder Samstag. Nach der Predigt folgt das erweiterte Taufbekenntnis, bei dem Fragen an die Firmlinge gestellt werden. Widersagt ihr dem Bösen? Glaubt ihr an Gott? Glaubt ihr an Jesus Christus? Glaubt ihr an den Heiligen Geist?

Bei der Firmung selbst bittet der Bischof um den Heiligen Geist für die Firmlinge. Die Jugendlichen treten nach vorne, stehen oder – in seltenen Fällen – knien vor dem Bischof. Dann folgt das Wort, also die Nennung des Vornamens des Jugendlichen und der Satz „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“. Die Antwort des Jugendlichen lautet Amen. Das bedeutet, ja, das glaube ich. Und zuletzt der Handschlag des Bischofs mit dem Zuspruch „Der Friede sei mit dir“. Dann folgt der Gottesdienst dem normalen Verlauf mit Fürbitten, Gabenbereitung und so weiter.

Muss es ein Bischof sein, der die Firmung spendet, oder kann das auch ein Pfarrer tun?
Das kann auch der Pfarrer machen. In den vergangenen Jahren, in denen wegen Corona große Gottesdienste oft nicht möglich waren, sind häufig die Pfarrer vom Bischof beauftragt worden. Das hatte den Vorteil, dass diese Firmungen in einem kleineren, persönlicheren Rahmen stattfinden konnten, teilweise mit nur zehn Firmlingen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Bischof die Firmspendung an Pfarrer und Dekane delegiert.

Wie können Familien das Fest zuhause gestalten?
Der wichtigste Rat, den wir zu diesem Thema geben können: Die Jugendlichen sollen gefragt werden, wie sie selber dieses Fest feiern möchten. Wo, wie und mit welchen Gästen. Wenn ich das Firmsakrament ernstnehme, dann muss ich als Vater oder Mutter die Jugendlichen einbeziehen.

Was, wenn ein Jugendlicher nicht gefirmt werden will?
Das ist relativ oft der Fall. Manchmal entscheidet sich das schon vor der Firmvorbereitung, manchmal auch währenddessen oder erst kurz vor der Firmspendung. Und das ist völlig in Ordnung. Wenn jemand zu dem Entschluss kommt, das ist nichts für mich, dann muss ich das als Verantwortlicher ernstnehmen. Welche Begründung sollte ich finden, ihn zu überzeugen, das trotzdem zu machen, ihn zu überreden? Außerdem hat der oder die Jugendliche im kommenden Jahr erneut die Möglichkeit, sich anzumelden. Lieber nimmt ein junger Mensch sein Selbstbestimmungsrecht so wahr, als das er motivationslos oder mit einer gewissen Wurschtigkeit nur mitmacht, weil alle mitmachen.
 
Interview: Christina Tangerding, Freie Redakteurin, Oktober 2022

Porträt Helmut Heiss
Pastoralreferent Helmut Heiss leitete bis zum 30. April 2023 den Fachbereich Sakramentenpastoral im Erzbischöflichen Ordinariat München (EOM).

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N.N.