Das Eltern-Kind-Programm EKP® der Katholischen Erwachsenenbildung fördert nicht nur Kleinkinder, sondern unterstützt ebenso Mütter und Väter bei Fragen rund ums Elternsein, beim Kontakteknüpfen und bei der Integration. Das Dachauer Forum bietet nun auch fremd- und zweisprachige Gruppen an.
Die bilinguale griechisch-deutsche Eltern-Kind-Gruppe im Dachauer Forum
„Nein, eine Krabbelgruppe sind wir nicht“, stellt Szilvia Jördens klar, die als Fachreferentin das Eltern-Kind-Programm EKP® beim katholischen Erwachsenenbildungswerk Dachauer Forum betreut und auch selbst eine Gruppe leitet. Das hätte man durchaus annehmen können, geht es beim EKP®, das aus dem Flüchtlingsfonds der Erzdiözese gefördert wird, doch um Kinder vom Säuglings- bis zum Kindergartenalter, die sich zum Spielen und Singen treffen.
Wie Jördens erläutert, stehe die Qualitätsmarke EKP® jedoch anders als bei so manchen offenen Krabbeltreffs für ein festes, ganzheitliches Konzept mit geschlossenen Gruppen – und vor allem gehe es dabei bewusst nicht nur um die Kinder, sondern auch um die Eltern. Mit diesem bereits vor über 40 Jahren entwickelten Angebot der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) sind also tatsächlich auch die Erwachsenen angesprochen.
Eltern können Kontakte knüpfen
Klar stehen beim tatsächlichen Zusammenkommen zunächst einmal die Kleinen im Fokus, und der Ablauf der rund eineinhalb- bis zweistündigen Treffen ist ganz an die Bedürfnisse der Kinder angepasst: Da gibt es Begrüßungsrituale und thematische Einheiten zu Jahreszeiten oder kirchlichen Festen, da werden Lieder gesungen, da wird gebastelt, Brotzeit gemacht und frei gespielt.
Das Entscheidende aber ist: Die Eltern geben nicht ihr Kind in der Gruppe ab, um sich dann zu verabschieden, sondern sie machen mit und sind selbst Teil des Konzepts. Nicht nur können sie untereinander Kontakte knüpfen und so Menschen in ähnlichen Lebenssituationen kennen lernen, sondern sie finden bei den Gruppentreffen auch wertvolle Gelegenheiten zum Austausch – über Alltägliches, aber auch über sensible Themen.
Logo des Eltern-Kind-Programms
Friederike Breetzmann-Lioliou, die beim Dachauer Forum eine bilinguale griechisch-deutsche Eltern-Kind-Gruppe leitet, erzählt, wie es dabei sogar zu rührenden Szenen kommt: Während ihre Zweijährigen sich dem freien Spiel widmeten, hätten Mütter in der geschützten Atmosphäre einer geschlossenen Gruppe, in der sich alle kennen, endlich einmal die Chance, vertrauensvoll und offen zu reden – über Kaiserschnitt und Stillen, über Erziehungsfragen oder die Sorge, wann und wie das eigene Kind sauber wird. Da flössen schon auch mal Tränen der Erleichterung, weil es so gut tue, sich auf diese Weise verstanden und unterstützt zu fühlen, verrät die Gruppenleiterin.
Erfolgsmodell mit fremdsprachigen Gruppen
Dass es mittlerweile auch fremd- oder zweisprachige Gruppen gibt, ist übrigens eine neuere Entwicklung, die gerade Fahrt aufnimmt und sich zu einer Erfolgsgeschichte zu mausern scheint. Wie Jördens erzählt, sei die Katholische Erwachsenenbildung auf das Dachauer Forum zugegangen und hätte angestoßen, auch muttersprachliche Gemeinden für das EKP® zu gewinnen. Daraufhin hätte man sich verschiedene Maßnahmen überlegt und beispielsweise Gottesdienste der kroatischen und der italienischen Gemeinde besucht, um auf das Angebot aufmerksam zu machen. Auch seien Werbemittel in andere Sprachen übersetzt und in Kirchen ausgelegt worden.
Der Durchbruch gelang aber unerwartet auf ganz andere Weise: Breetzmann-Lioliou, eine Griechin der dritten Generation in Dachau und mit einem Deutschen verheiratet, hatte ursprünglich selbst als Mutter mit ihrem Kind an einer EKP®-Gruppe teilgenommen und spielte mit dem Gedanken, Leiterin einer neuen griechischsprachigen Gruppe zu werden. Um Eltern in Dachau dafür zu gewinnen, rührte sie nicht bei den griechisch-orthodoxen Kirchgängern die Werbetrommel, sondern kritzelte einfach mit Edding in griechischer Sprache auf einen deutschsprachigen EKP®-Flyer: „Jetzt auch auf Griechisch!“ – und legte ihn in einem griechischen Café in Dachau aus. Kurz darauf war die Gruppe voll.
Deutsches Brauchtum und griechische Traditionen
Die Kinder in der bilingualen Gruppe profitieren von der zweifachen sprachlichen und kulturellen Förderung, singen deutsche und griechische Lieder, lernen hiesiges Brauchtum kennen, erfahren aber zugleich auch etwas über typisch griechische Traditionen, etwa beim Basteln von rot-weißen Armbändern, den sogenannten martákia („Märzchen“), die man sich zum 1. März umbindet.
Das Team des seit 50 Jahren bestehenden Dachauer Forums
Und für Eltern mit Migrationshintergrund sind die muttersprachlichen Gruppen ein wertvoller Baustein der eigenen gesellschaftlichen Integration: Sie erfahren von der Gruppenleiterin oder anderen Eltern alles Mögliche über das Leben in Bayern, etwa was im Kindergarten auf ihr Kind und sie zukommt. Auch die Möglichkeit, selbst Gruppenleiterin zu werden, besteht – für eine eingewanderte Frau vielleicht der erste Schritt ins deutsche Berufsleben.
55 Gruppen im Landkreis
Insgesamt 55 EKP®-Gruppen bietet das Dachauer Forum derzeit über den ganzen Landkreis Dachau verteilt an. Neben den vielen deutschsprachigen Gruppen, in denen fremdsprachige Teilnehmerinnen selbstverständlich auch willkommen sind, gibt es spanisch-, polnisch- und ukrainischsprachige; Gruppen in italienischer und kroatischer Sprache sind in Planung.
Väter dürfen selbstverständlich auch teilnehmen, und auch wenn sie gegenüber den Müttern deutlich in der Minderheit sind, werden es mit zunehmend familienfreundlichen Elternzeitregelungen immer mehr, wie Szilvia Jördens bestätigt. Und wenn vormittags sowohl Mama als auch Papa in der Arbeit sind, dann darf auch gern die Oma aushelfen und mit ihrem Enkelkind zur Gruppe kommen. Denn wenn es darum geht, „gemeinsam die Welt zu entdecken mit allen Sinnen und viel Spaß“, wie es in den Infos zum Eltern-Kind-Programm heißt, können sich Menschen jeglichen Alters und unterschiedlichster Kulturen die Hand reichen.
Text: Joachim Burghardt, Redakteur beim Sankt Michaelsbund, Juni 2023
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