Katrin Daubner*, 45, wohnt mit ihren beiden Kindern im Landkreis Ebersberg. Die Tochter ist zehn, der Sohn acht Jahre alt. Seit drei Jahren lebt die Marketing-Managerin, die in Teilzeit tätig ist, von ihrem Mann getrennt. Die Wochenenden verbringen die Kinder regelmäßig bei ihrem Vater. Die Angebote der Fachstelle für Alleinerziehende schätzt Katrin Daubner sehr.
Meine Vorstellung war immer ganz konservativ: heiraten, Haus, Kinder kriegen, der klassische Traum. Dann ist dieser Traum zerbrochen. Das war erstmal hart, und ich bin immer noch damit beschäftigt, das loszulassen, ad acta zu legen. Die Scheidung zu managen. Mich neu zu sortieren.
Mein bester Freund hat gesagt, sei doch froh, du kannst dein Drehbuch total neu schreiben. Ich habe gesagt, ich will nichts neu schreiben. Mittlerweile denke ich, er hat Recht. Das ist nämlich das Positive an dem Ganzen: Ich kann jetzt zum Beispiel an den Seminaren von Susanne Ehlert von der Fachstelle für Alleinerziehende teilnehmen und mich mit meiner Herkunftsfamilie und mit mir selbst beschäftigen. Sowas wie eine Familienaufstellung hätte ich früher schon immer gerne gemacht, aber mein Mann hatte dagegen Vorbehalte. Jetzt habe ich die Freiheit.
Heimat in der katholischen Kirche
Überhaupt ist die Arbeit der Alleinerziehendenseelsorge großartig. Die katholische Kirche ist für mich, bei allen Kritikpunkten, die ich habe, eine Heimat. Die Angebote helfen uns, Netzwerke zu schaffen. Es ist wichtig, dass die Kinder in einer Gruppe von alleinerziehenden Eltern sind und sehen, wir sind viele. Es ist wichtig, dass sie sich nicht an den Rand gestellt fühlen.
Generell liegt der Fokus bei mir gerade sehr auf den Kindern. Jede Mama will ja ihren Kindern mitgeben, dass sie glücklich werden. Ich orientiere mich sehr stark an ihnen, möchte ihnen nach der Trennung viel Stabilität bieten.
Fühle ich mich dabei defizitär? Nein! Ich genieße es, wie es im Moment ist. Es war ein Weg, dahin zu kommen. Aber ich fahre zum Beispiel gerne weg. Mein Ex-Partner ist nicht gern verreist. Jetzt machen wir das einfach. Zum Beispiel in den Pfingstferien fahren wir mit der Fachstelle für Alleinerziehende nach Südtirol. Darauf freuen uns schon sehr! Dinge gestalten zu können, Freiraum zu spüren, das genieße ich. Ich denke, uns geht’s gut. Die Kinder haben ihre Hobbies. Wir haben unser Leben. Wir haben einen Haufen Spaß. Die Kinder sind mit ihren Freunden unterwegs, ich habe meine Freunde. Es ist gut wie es ist!
Ohne Freiräume geht es nicht
Unser Tagesablauf ist eng getaktet, und die Kinder brauchen noch viel Betreuung. Das ist intensiv, aber das gehört eben dazu. Der Tag geht schnell rum. Wenn man wirklich für alles alleine zuständig ist – die Toilettenspülung funktioniert nicht, man muss mit der Krankenkasse was klären, die Steuererklärung – egal was, man muss alles alleine wuppen. Das ist zeitintensiv.
Was bei mir der Vorteil ist: Ich schaffe mir Freiräume. Ich mache viele Sachen, die mich interessieren, die mir Kraft geben, die mir Spaß machen. Ich treibe Sport, gehe mit meinen Sportkumpels in die Berge, engagiere mich politisch. Ich glaube, es gibt viele Alleinerziehende, die diese Fähigkeit nicht haben. Oder die aus finanziellen Gründen gezwungen sind, sehr viel zu arbeiten. Dann kann man es sich nicht aussuchen. Ich sage für mich, ich mache lieber Abstriche bei verschiedenen Sachen. Ich habe zum Beispiel mein Zeitungs-Abo gekündigt, habe kein Netflix oder Spotify. Aber mir ist dieser Freiraum extrem wichtig. Ich glaube, wenn man den nicht hat, gehen ziemlich schnell die Akkus alle. Hinzu kommt, dass man diese unvorhergesehenen Sachen, zum Beispiel, wenn das Kind in der Nacht spuckt, überhaupt nicht mehr auffangen kann, wenn alles auf Kante genäht ist.
Mein Ex-Partner hat die Kinder regelmäßig an den Wochenenden. Die Väter picken sich ja gerne die Wochenenden raus. Wo in der Früh kein Wecker läutet, wo kein Arzttermin, kein Zeitdruck ist, keine Hausaufgaben zu machen sind.
Unterschiedliche Lebensweisen akzeptieren!
Ich denke, ganz entscheidend für die Situation ist es, wie der Vater und die Mutter zueinander stehen. Ob sie es schaffen als Eltern zu kooperieren - oder eben nicht. Gestern zum Beispiel: Die Kinder waren in der Früh erkältet. Es war Montag. Da bringt er sie normalerweise morgens in die Schule. Um halb eins kam ein Anruf mit unterdrückter Nummer, da kann ich immer davon ausgehen, dass er das ist. Mehr nicht. Am Nachmittag fahre ich in den Hort, um die Kinder abzuholen. Und die Erzieherin schaut mich an wie ein Auto und meint: Ihre Kinder sind doch krank. Heftig! Er hat sie in der Schule entschuldigt, er hat sie im Hort entschuldigt. Ich habe ihn mehrfach zurückgerufen. Er ist nicht ans Telefon gegangen, hat keine SMS geschickt. Diese Störfeuer, die da kommen, kosten viel Kraft.
Meine erste und größte Forderung an die Politik ist, dass das Ehegattensplitting abgeschafft wird und dass der Steuervorteil dahin kommt, wo Kinder sind. Egal in welcher Konstellation. Und von der Gesellschaft, von anderen Eltern, wünsche ich mir einfach, dass Diversität mehr akzeptiert wird. Ich lese gerade das Buch von Michelle Obama, in dem sie unter anderem beschreibt, wieviel Kraft es sie gekostet hat, dass sie als Schwarze beim Studium in Harvard zu einer Randgruppe gezählt hat. Ich fühle mich nicht als Randgruppe, aber ich werde als Alleinerziehende so betrachtet. Weil alles, was nicht der Norm entspricht, ob sexuelle Orientierung, Hautfarbe oder Familienkonstellation, erstmal beäugt wird. Es soll jeder so leben und so sein wie er will! Warum kann man das nicht einfach so stehen lassen?
*Name von der Redaktion geändert