Der Campus St. Michael in Traunstein will ein Ort sein, an dem Menschen zusammen Modelle zukunftsfähigen Lebens entwickeln und ausprobieren. Auf dem Gelände des Jungeninternats entsteht hierzu der nachhaltige Bildungscampus mit seinen zukunftsweisende Bauten und vielfältige Naturanlagen. Zahlreiche Partner realisieren zusammen mit dem Stiftungsmanagement Projekte, Veranstaltungen und Angebote in den Bereichen Nachhaltigkeit, Persönlichkeitsbildung und Schöpfungsspiritualität.
Insektengarten auf dem Campus St. Michael in Traunstein
Baustelle des Forumsgebäudes
Selbst mit verbundenen Augen würden Besucherinnen und Besucher der großen Baustelle gewahr, die das Gelände des
Campus St. Michael auf der Wartberghöhe in Traunstein derzeit dominiert. Erdstöße eines riesigen Bohrers lassen die Tische im direkt benachbarten Jungeninternat St. Michael erzittern. Auf dem planierten Gelände laufen die Arbeiten zur Errichtung eines Gebäudekomplexes aus Lehm. Auf der anderen Seite der Baustelle bestaunen die Kinder der gerade erst im Herbst 2021 eröffneten KinderGärtnerei St. Oswald, eines beeindruckenden Holzbaus, das Baugerät.
Das altehrwürdige Bestandsgebäude des Studienseminars mit seiner Kirche aus dem Jahr 1929, die neue KinderGärtnerei, das neu entstehende Internatsgebäude und das nun entstehende Forum, das zentrales Herzstück des neuen Campus werden wird, sind Sinnbild einer Tradition im Aufbruch. Für Stiftungs-Direktor Wolfgang Dinglreiter, Dr. Rebecca Rogers-Fuchs und Johanna Nimmervoll vom Stiftungs-Management ist das 44.000 Quadratmeter große Gelände ein „Kraftfeld“ – so auch der Name des von der Stiftung St. Michael halbjährlich herausgegebenen „Magazins der nachhaltigen Zukunftsmöglichkeiten“.
Auf diesem Kraftfeld sollen Gebäude, „wie gemacht für gelingende Beziehungen“, Menschen jeden Alters zusammenführen, sollen zahlreichen CampusPartnern Raum für Kreativität und für Projekte aller Art – vom Gartenbau über Sport und Erholung bis zu Veranstaltungen zu den Themen Nachhaltigkeit, Persönlichkeitsentwicklung und Schöpfungsspiritualität – erhalten.
„Wir wollen hier kein loses Netzwerk schaffen, sondern durch eine enge Vernetzung Gleichgesinnter Synergien in Sachen Nachhaltigkeit erreichen – und das geht hier nur durch die Kooperation kirchlicher und nichtkirchlicher Partner“, erklärt Direktor Dinglreiter. „Der Campus bietet einen gut bereiteten Boden für individuelles Wachstum und wird ein Ort sein, an dem Menschen sich mit dem Thema Zukunft beschäftigen können. An unserem Bildungsort wird es nicht nur theoretische Impulse für den Kopf geben, sondern man wird ganz praktisch zukunftsfähige Lebensmodelle konkret entwickeln und ausprobieren können. Nachhaltigkeit soll hier erlebbar werden.“ Die von der Erzdiözese München und Freising getragene Stiftung, der Wolfgang Dinglreiter, Dr. Rebecca Rogers-Fuchs, Johanna Nimmervoll und Dr. Christian Lenze vorstehen, fungiert dabei als Rahmen und Impulsgeber.
Bewahrung der Schöpfung als zentrale christliche Aufgabe
Zahlreiche Partner der CampusCommunity sind schon auf dem Gelände und in den Räumen des Campus beheimatet oder werden zukünftig in den neuen und umgebauten Gebäuden einziehen, wie zum Beispiel die Frühförderstelle Traunstein, der Gebraucht-Spielzeugladen Carifant, der Familienstützpunkt Traunstein der Caritas und das Büro für Ehe-, Familien- und Lebensberatung sowie das CARIfee – ein Café, das von der Caritas als Inklusionsprojekt mit psychisch und seelisch beeinträchtigten Menschen, betrieben wird.
Für Jugendliche wie Erwachsene gibt es – neben vielen anderen Einrichtungen, Initiativen und Einzelpersonen der CampusCommunity – unter anderem das „Q3. Quartier für Medien.Bildung.Abenteuer“, des weiteren für Erwachsene das Katholische Kreisbildungswerk, das Büro der Spirituellen Begleitung für die Kindertageseinrichtungen des Erzbischöflichen Ordinariats München oder den Kunstverein Traunstein.
Mit dem Campus Traunstein machte die Erzdiözese vor über zehn Jahren aus der Not eine Tugend. Wegen sinkender Schülerzahlen stand das Jungeninternat vor dem Aus. Statt das Internat zu schließen, entschied das Ressort Bildung der Erzdiözese, in einem größeren Rahmen zu denken und eine Bildungslandschaft zu gestalten, der das Leitbild der Bewahrung der Schöpfung und der Lebensgrundlagen als zentrale Herausforderung und Bildungsaufgabe des 21. Jahrhunderts zugrunde liegt.
„Die Bewahrung der Schöpfung ist für uns Christen und Christinnen ein zentraler Auftrag“, betont Wolfgang Dinglreiter. „Auf dem Campus wird versucht Laudato si konkret umzusetzen." Papst Franziskus habe 2015 in dieser Enzyklika davon gesprochen, dass die Zukunft des „Lebenshauses Erde“ davon abhänge, wie die Menschen das rechte Maß fänden, die Ressourcen der Natur für die Bedürfnisse zu nutzen und für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Der Arbeit des Stiftungs-Managements und seiner Community liegt eine in acht Spuren selbstdefinierte Schöpfungsspiritualität zugrunde, die „Wege zu einem nachhaltigen und gerechten Lebensstil in christlicher Verantwortung“ aufzeigt. Die Spuren sollen „Menschen ermutigen – gemeinsam mit Anderen- Modelle zukunftsfähigen Lebens zu entwickeln und auszuprobieren“.
Das Land, in dem Milch und Honig fließen
Der Campus St. Michael will hierfür ein Ort sein und Raum bieten, dies praktisch zu tun. Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Veranstaltungen und Kursen sowie Besucherinnen und Besucher können zum Beispiel darüber staunen, wie sich Gott in der Natur zeigt, so in der Imkerei auf dem Gelände, im – biblisch gesprochen – „Land, wo Milch und Honig fließen“. Laut Wolfgang Dinglreiter sollen die Gärten Sinneserfahrungen ermöglichen, „nach denen Menschen hungern“, und diese mit der Natur in Verbindung bringen – eine Schöpfungserfahrung, die zu mehr Wertschätzung der Natur führt und in der sich die und der Einzelne bewusster wahrnehmen.
In der KinderGärtnerei St. Oswald, komplett in Holzbauweise errichtet und laut der Betrachtung eines Jungen „ein Baumhaus am Boden“, kommen schon die Kleinsten in die Berührung mit der Natur. Die Pädagogik der KinderGärtnerei St. Oswald ist stark auf die Erlebnis- und Erfahrungswelten eines gärtnerischen Jahreskreises ausgerichtet. „Jedes Kind bekommt hier zum Beispiel sein eigenes Beet“, berichtet Rebecca Rogers-Fuchs. „Sie säen und ernten hier selbst.“ Hier und im Schöpfungsgarten könne man Biodiversität erleben, ergänzt Wolfgang Dinglreiter. „Wenn die Schüler zu Erntedank ihr Kräuterbrot mit Kräutern aus dem eigenen Garten belegen, dann werden Natur und Biodiversität konkret und bleiben nicht nur Kopfsache.“
Die Angebote auf dem Campus sollen Rebecca Rogers-Fuchs zufolge auch eine plastische Antwort auf die Frage geben, wie man sein Leben nachhaltig gestaltet – zusammengefasst unter dem Begriff „Lebenskunst“. Dies gehe man mit den vielen unterschiedlichen CampusPartnern an, was zu einer neuen Angebotsqualität führe. „Es geht nicht darum, 'mit erhobenem Zeigefinger' zu sagen, was alles nicht geht, sondern zu zeigen, wie sich im Alltag Beiträge zur Schöpfungsbewahrung umsetzen lassen, man Selbstwirksamkeit erfährt und Biodiversität konkret erlebt, indem man zum Beispiel einen Garten insektenfreundlich anlegt.“
Beim ökologischen Bauen ganz vorne
Das Motto „Erlebe, wie es auch sein könnte“ soll sich für Besucherinnen und Besucher des Campus nicht nur im Grün, im Weidenhaus, in den Spielbereichen, in der regenerativen Wärmeerzeugung mit Biomasse, der Dachbegrünung, im Nahwärmenetz, der Thermosolaranlage, den Photovoltaikanlagen und im Regenrückhaltebecken widerspiegeln, sondern auch in den Gebäuden.
„Die Diözese liegt beim ökologischen Bauen ganz vorne“, freut sich Wolfgang Dinglreiter. Das Forum wird der erste tragende Lehmbau Deutschlands sein, der laut Architektin Anna Heringer neue Maßstäbe setzt. Hier soll die Stiftung unterkommen, eine Mensa, ein Café, eine Rezeption, Büros, Veranstaltungsräume und Räume für Partner im Co-Working-Space.
„Wir freuen uns über unsere tolle CampusCommunity, mit denen wir uns regelmäßig in der Campusklausur oder im gemeinsamen Campus-Team Umwelt austauschen“, erzählt Rebecca Rogers-Fuchs. „Wir arbeiten partizipativ zusammen, und die CampusCommunity kann ihre Projekte zum Beispiel in unserem Magazin ‚Kraftfeld‘ vorstellen, was eine öffentlichkeitswirksame Plattform darstellt.“
So berichtet beispielsweise das Katholische Bildungswerk in den „Campusgeschichten“ über den ersten Vatervorbereitungskurs in Südostbayern, das Q3. Quartier für Medien.Bildung.Abenteuer über die „Q3. FamilyAkademie“, in der Jung und Alt gemeinsam eingeladen waren, mit verschiedenen Medien zu experimentieren, und die Solidarische Landwirtschaft Chiemgau über ihre gemeinschaftlich getragene Lebensmittelerzeugung.
Stiftungsdirektor Dinglreiter resümiert: „Wir wollen als Bildungscampus gesehen werden, der hinaus zu den Menschen geht und auf dem kirchliche und nicht-kirchliche Einrichtungen und Initiativen voneinander lernen, wie man Inhalte gemeinsam und inspirierend anpackt und umsetzt. Dazu wollen wir diözesanweit wirken, wie beispielsweise in dem Lehrgang zur Schöpfungspädagogik für die Schöpfungspädagogen an Schulen oder in einem Förderprogramm für Start-ups mit öko-sozialen Zielsetzungen.“
Text: Ralf Augsburg, Stabsstelle Kommunikation, April 2022
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