Ulrike Kriener: "Ein Text, der meine Zweifel widerspiegelt" Die Schauspielerin über ihre Lesung aus dem Buch Kohelet im Diözesanmuseum Freising

Am 15. Februar 2025 wird Ulrike Kriener aus dem Buch Kohelet des Alten Testaments lesen. Im Interview erzählt die Schauspielerin, warum sie gerade diesen Text ausgewählt hat und was sie daran fasziniert.
 
Ulrike Kriener sitzt auf einem Stuhl vor einem Bücherregal
Frau Kriener, Sie lesen am 15. Februar im Diözesanmuseum aus dem Buch Kohelet. Wie sind Sie auf diesen Text aus dem Alten Testament aufmerksam geworden?

Ulrike Kriener: Vor einigen Jahren habe ich für den WDR eine Dokumentation zum Thema gemacht, wie ich zu meinem Glauben stehe. Im Rahmen des Filmes habe ich das Lassalle-Haus in der Schweiz kennengelernt und wurde quasi in eine Schweigewoche „geworfen“, die gerade dort stattfand. Das hieß, morgens früh von einem riesigen Gong geweckt werden und ab 6:00 Uhr meditieren, gemeinsam mit anderen Menschen in einem großen Raum, etwa acht Stunden am Tag. Diese Erfahrung der Meditation war für mich so nachhaltig und hat bei mir so viel verändert, dass ich von da an öfter dahin gefahren bin.

In einem dieser Aufenthalte wurde ich von Niklaus Brantschen, dem Leiter - er ist Jesuit und Zenmeister - gebeten, in der Abendandacht einen kleinen Text aus dem Buch Kohelet zu lesen. Es gibt sehr viele bekannte Textstellen in diesem Buch, aber diesen Teil kannte ich nicht. Und ich war völlig verblüfft. Das klang so frisch, so modern! Irgendwann, als wir uns am Ende der Woche alle verabschiedeten, kam eine Teilnehmerin zu mir und sagte: „Wenn du das irgendwann einmal als Lesung machen würdest, würde ich sofort kommen. Es war so schön.“ Letztlich hat diese eine begeisterte Zuhörerin den Samen gelegt.
 
Ulrike Kriener sitzt lachend auf einem Stuhl vor einem Bücherregal
Was hat Sie an diesem Text so berührt, dass Sie sich entschlossen haben, ihn öffentlich vorzutragen?

Ulrike Kriener: Ich war froh, in der Bibel einen Text gefunden zu haben, der meine Zweifel und mein Hadern widerspiegelt. Kohelet stellt Fragen, die auch mich bewegen: Wie kann man Glauben und Zuversicht finden in einer Zeit, in der man Ungerechtigkeit, Kämpfe und Kriege sieht, in einem Leben, das durchaus nicht friedvoll ist? Wie Trost finden ohne den Blick aufs Jenseits? Kohelet beschönigt nichts. Er ist auf der Suche. Das finde ich modern, weil ich glaube, dass es heute nur wenigen Menschen gegeben ist, einfach nur zu danken und zu jubilieren, dass Gott da ist. Ich glaube, es gehört zum Glauben dazu, Zweifel zu haben. Und es ist gut, das auch in der Bibel zu lesen.

Inwiefern sind die Botschaften des Buches Kohelet für Menschen heute relevant?

Ulrike Kriener: Kohelet fordert uns auf, eine Haltung zu finden, mit der wir leben können. Er denkt nicht schwarz oder weiß. Es geht ihm nicht um das „Entweder-oder". Es geht um das „Sowohl-als-auch". Obwohl das Leben oft so entmutigend und deprimierend ist, hast du, Mensch, das Recht, auch glücklich zu sein. Nimm, was sich dir bietet. Jetzt ist der Moment. Er vertröstet nicht auf später, aufs Jenseits. Das finde ich sehr ermutigend.

Wie Kohelet müssen wir heute auch unseren eigenen Standpunkt immer wieder neu finden. Wir müssen aufpassen, nicht in ein Schwarz-weiß-Denken zu verfallen, in eine Haltung, in der man alles weiß, nicht mehr zuhört. Sehen was ist, in aller Deutlichkeit, und doch offen bleiben, um sich auch freuen zu können.
 

"Alles ist Windhauch" - Ulrike Kriener liest aus der Bibel

Ein beeindruckender Abend, an dem der lebenskluge und inspirierende Text eine perfekte Verbindung mit berührender Musik eingeht.
 
Samstag, 15.02.2025, 17:30 Uhr
Lichthof des Diözesanmuseums

Stimmungsvoll begleitet von:
Evelyn Huber - Harfe
Basem Darwisch - Oud & Cajon
Rageed William - Nay & Duduk
 
Preise: 25 / 30 / 35 Euro

Reservierungen unter: kunstvermittlung@dimu-freising.de
089 / 2137-74240 und -74369. 
Das Diözesanmuseum freut sich auf Ihren Besuch!