Im Erzbistum startet das auf zwei Jahre angelegte Projekt "Multiprofessionell arbeiten in pastoralen Teams". In vier Projekt-Seelsorgeeinheiten wird ab Herbst 2022 je eine qualifizierte Kraft mit anderem beruflichen Hintergrund in die Pastoralteams integriert. Projektleiterin Doris Bose stellt das Projekt im Gespräch vor.
Frau Bose, Sie sind Leiterin des Projekts „Multiprofessionell arbeiten in pastoralen Teams“, das gerade in seine Pilotphase geht. Weshalb beschäftigt sich die Erzdiözese mit dieser Frage?
Doris Bose: Bis zum Jahr 2030 werden, so die Prognosen, in der Erzdiözese München und Freising rund 30 Prozent des pastoralen Personals nicht mehr zur Verfügung stehen. Zum einen gehen die „Babyboomer“, also die geburtenstarken Jahrgänge, in den Ruhestand, gleichzeitig gibt es weniger Menschen, die neu in den pastoralen Dienst treten. Das Projekt will einen möglichen Beitrag leisten, wie man mit dieser Situation kreativ umgehen kann.
Was heißt eigentlich „multiprofessionell arbeiten“?
Doris Bose: Multiprofessionell arbeiten bedeutet, dass unterschiedliche Berufe mit verschiedenen Kompetenzen zusammen an der Verwirklichung einer gemeinsamen Vision für die Pastoral vor Ort beteiligt sind. So kann sich im konkreten Fall eine Sozialpädagogin, die von ihren Kompetenzen her stärker sozialraumorientiert ausgerichtet ist, in ein pastorales Team einbringen. Sie kann auch Menschen in den Blick nehmen, die aufgrund des bereits vielfältigen pastoralen Engagements der anderen Mitarbeitenden nicht so sehr im Fokus stehen und damit auch wirksam zur Erfüllung des diakonischen Auftrags der Kirche beitragen, der ja nicht losgelöst ist von der pastoralen Arbeit.
Die Erzdiözese plant, einige Stellen für multiprofessionelles Arbeiten zu schaffen. Woher sollen die Bewerberinnen und Bewerber dafür kommen? Und an welche Berufe denkt man dabei?
Doris Bose: Wir denken dabei an Menschen, die andere Grundqualifikationen mitbringen. Wir starten unser zweijähriges Projekt in insgesamt drei Pfarrverbänden und einmal auf Dekanatsebene. Dafür suchen wir zunächst zwei SozialpädagogInnen und zwei MedienexpertInnen, die die Teams vor Ort verstärken sollen.
Wieso wurden speziell diese beiden Berufe ausgewählt?
Doris Bose: Wir wollen verdeutlichen, dass wir als Kirche nach draußen gehen. Wir möchten den Menschen begegnen und nicht warten, bis sie zu uns kommen. Der eine Fokus liegt mit Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen im diakonischen Bereich, der andere befasst sich mit Kirche im Netz und wie es gelingen kann, in digitalen Räumen, die für viele ganz real sind, ein Angebot der Gemeinde zu schaffen mit Antworten auf die Fragen der Menschen. Wenn die Projekte erfolgreich sind, kann sich die Liste der Professionen durchaus noch erweitern.
In welchen Gemeinden ist die Projektphase angesiedelt?
Doris Bose: Wir starten im Pfarrverband München-Milbertshofen, im Pfarrverband München-Menzing, der Stadtkirche Bad Reichenhall und im Dekanat München-Giesing.
Was zeichnet diese vier Projektgemeinden bzw. -dekanate aus?
Doris Bose: Die vier Pastoralteams, die sich auf diesen Weg einlassen, haben eine große Bereitschaft, von den Bedürfnissen der Menschen her sich den pastoralen Herausforderungen zu stellen. Sie sind bereit zu Innovation. Sie wollen prüfen, ob man personelle Ressourcen auch anders als bisher in der Pastoral gewohnt einsetzen kann. Und sie sind offen dafür, die Menschen vor Ort sowie zusätzliche Professionen im Team noch einmal anders miteinzubeziehen.
Inwieweit sind die Ehrenamtlichen in den Projektgemeinden mit an Bord?
Doris Bose: Wir haben so genannte Konsultationen in unser Projekt eingebaut. Unsere Pilotteams vor Ort werden die Menschen mit einbeziehen, die für dieses Projekt wichtig sind. Pfarrgemeinderäte und die Kirchenverwaltungen, die ja selbst Teams mit unterschiedlichen beruflichen Kompetenzen darstellen, haben dabei beispielsweise ihren Platz.
Woran merken Sie nach zwei Jahren, dass das Projekt erfolgreich gewesen ist? An einer steigenden Zahl der Gottesdienstbesuche?
Doris Bose: Das kann nicht das Erfolgskriterium sein. Es geht darum, zu schauen, wo die Kirche durch das Projekt für die Menschen vor Ort wieder stärker relevant geworden ist, und so betrachtet die Wirksamkeit der Arbeit erhöht werden konnte. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sie über positive Erlebnisse im Zusammenhang mit Kirche erzählen. Die Aufgabe der Kirche ist es nicht einzig, Kirchenbänke zu füllen, sondern vielmehr zu fragen: Wo sind die Menschen, die Kirche brauchen könnten, und dann auch dorthin zu gehen.
Text: Gabriele Riffert, Juni 2022
Ressort 4 -
Seelsorge und kirchliches Leben
Schrammerstraße 3
80333 München
Ressort4-Ressortleitung(at)eomuc.de
Ressortleiterin, Ordinariatsdirektorin
Ruth Huber