Rund 40 Personen sind geistliche Begleiterinnen und Begleiter in der Erzdiözese München und Freising. Schwester Christine Zeis ist eine von ihnen und sieht diese Art der Seelsorge als Zukunft der Kirche.
„Geistliche Begleitung will die Beziehung des Begleiteten zu Gott fördern und unterstützen. Die Sehnsucht nach einem Weg mit Gott, also Glaube und Leben verbinden, das ist die Absicht“, erklärt Schwester Christine Zeis. Sie ist eine der rund 40 geistlichen Begleiterinnen und Begleitern der Erzdiözese München und betreut Exerzitien-Kurse. Zeis lebt seit 2004 mit vier Mitschwestern der Missionarinnen Christi im Haus Emmaus in Weilheim. Geistliche Begleiterin ist sie seit 1996, aber Menschen begleitet sie schon ihr gesamtes Berufsleben: „Für suchende Menschen da zu sein, hat mich mein Berufsleben lang begleitet und nicht losgelassen.“ Zuerst arbeitete sie in einer Pfarrei in der Jugendarbeit, dann rief sie eine Kontaktstelle in Leipzig ins Leben, in Jena arbeitete sie in einer Einrichtung für junge Erwachsene, und in Weilheim war sie dann Noviziats Leiterin. Sie begleitete also junge Schwestern in der Ordensausbildung oder auch Interessierte.
Für Schwester Zeis ist die geistliche Begleitung ihre Berufung: „Vielleicht habe ich das Charisma, diese Gabe des Geistes geschenkt bekommen, für suchende Menschen da zu sein und mit ihnen begleitend unterwegs zu sein.“ Sie hält die geistliche Begleitung für eine sehr gute Möglichkeit, für Christinnen und Christen da zu sein und den ganz persönlichen Weg mit Gott zu finden. „Ich staune immer darüber, was geschieht, wenn sich jemand einlässt und öffnet auf die Führung des Heiligen Geistes“, erklärt Zeis.
"Das Schöne ist dieses Miterleben, wie sich Menschen entfalten, finden und stabilisieren"
16 Menschen sind gerade Zeis Klientinnen und Klienten. Sie sind zwischen 35 und 85 Jahre alt. „Jedes Lebensalter ist spannend. Bei der jüngeren Frau geht es um Lebenswegentscheidungen. Das mache ich so gerne. Aber auch mit der älteren Dame ist es sehr spannend, sich die Frage zu stellen: „Wie kann ich in dieser Lebensphase Gott in meinen Alltag integrieren?“, erzählt Zeis. Wichtig bei der Suche nach einer passenden geistlichen Begleiterin ist Zeis die Freiheit: „Beide Personen sind frei zu entscheiden: Wird das etwas mit der geistlichen Begleitung oder nicht? Es ist kein Gesichtsverlust, von keiner Seite zu sagen: Lieber nicht, ich suche weiter. Diese Freiheit ist etwas ganz Wesentliches der geistlichen Begleitung.“
Möglich seien solche Gespräche auch online. Eine ihrer Klientinnen lebt zum Beispiel in Südafrika, da ist die Online-Begleitung die einzige Möglichkeit. Die Gespräche sind prozessbegleitend, finden also etwa alle vier bis sechs Wochen statt und dauern dann mehr oder weniger eine Stunde. Beides ist laut Christine Zeis auch situationsabhängig: „Manchmal ist auch eine engmaschigere Begleitung nötig. Zum Beispiel bei krisenhaften Situationen.“ Die geistliche Begleitung kann demnach über mehrere Jahre gehen: „Das Schöne ist, dass Beziehung über längere Zeit wächst, das Dabeisein an Entwicklungen, dieses Miterleben, wie sich Menschen entfalten, finden und stabilisieren.“
Um mit solchen krisenhaften Situationen umzugehen, greift Zeis auf verschiedene Ressourcen zurück: Ihre langjährige Erfahrung, ihre Gemeinschaft, Beten und persönlicher Rückzug. „Ich brauche ganz viel stille Zeit für mich, und das hat auch was mit der Aufgabe zu tun. Außerdem bete ich auch viel für die Menschen, die ich begleite“, erklärt sie.
Das Handwerkszeug für ihre Arbeit gibt ihr zum einen die Ausbildung zur geistlichen Begleiterin. „Die hilft mir, in einer professionellen Distanz auf die Menschen einzugehen und mich dennoch auf eine enge Beziehung einzulassen.“ Dafür gibt es verschiedene Lehrgänge, die auch unterschiedliche Voraussetzungen haben. Ein Theologiestudium sei keine Voraussetzung. Die Eignung sei auf einer anderen Ebene und werde oft im persönlichen Gespräch abgewogen. Die Diözesen organisieren auch immer wieder Fortbildungen und Interventionsgruppen. Das gehöre auch zur Qualitätssicherung und sei sehr wichtig, berichtet die Geistliche Begleiterin.
Christine Zeis ist außerdem ausgebildete Gestalttherapeutin. Mit diesem diagnostischen Hintergrund könne sie gut abgrenzen, ob die geistliche Begleitung der richtige Schritt ist oder doch zum Beispiel eine Psychotherapie passender wäre.
Text: Magdalena Rössert, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund, November 2023