Ein Modellprojekt des Katholischen Kreisbildungswerks Bad Tölz-Wolfratshausen will Ehrenamtliche fit machen für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Vernetzung – in und außerhalb kirchlicher Räume.
Zuschauer der Zukunftswerkstatt in Kloster Beuerberg.
Vortrag über neue Führungsqualitäten mit Sabine Asgodom im Kloster Beuerberg.
In einer sich rasch verändernden Welt, im Zeitalter der Work-Life-Balance und einer Gesellschaft, in der traditionelle Milieus verschwinden, wurde es schon häufig totgesagt: das Ehrenamt. Dennoch ist ehrenamtliches Engagement – sei es im Sport- oder Kulturverein, in der Pfarrei oder der Flüchtlingsarbeit – immer noch „das schlagende Herz“ vieler Gemeinden in Bayern und ein „fundamentaler Pfeiler“ der Gemeinschaft. Diese These vertritt zumindest ein Pilotprojekt des Katholischen Kreisbildungswerkes Bad Tölz-Wolfratshausen, das sich als regionale Weiterbildungsoffensive versteht. „Fit für Ehrenamt & Soziale Führung“ nennt sich die Initiative, die besonders ehrenamtliche Leitungskräfte stärken will.
Das Pilotprojekt wird neben dem Kreisbildungswerk von der Freisinger Domberg-Akademie getragen. Zudem begleitet es die Katholische Stiftungshochschule München wissenschaftlich und die Katholische Erwachsenenbildung Bayern tritt als Förderer auf. Ab Anfang 2025 ist geplant, die Erkenntnisse und Ansätze aus dem Projekt auf alle bayerischen Kommunen zu übertragen.
Die Präsentationen der Zukunftswerkstatt stießen auf großes Interesse.
Engagement wandelt sich
Das Konzept beruht laut Projektleiterin Ruth Busl auf den Grundpfeilern Sinnstiftung, Sozialraumorientierung, Digitalisierung und Führungskompetenzen. Gerade „Sinnstiftung“ sei ein zentraler Antrieb für ehrenamtliches Engagement. Deshalb biete das Projekt regelmäßig den Kurs „Ich engagiere mich ehrenamtlich – was bringt mir das?“ an. Besonders die jüngere Generation fasse das Ehrenamt nämlich differenzierter auf als etwa im traditionellen Sinne einer langfristigen Vereinsmitgliedschaft. „Die Jungen wollen sich engagieren, aber anders. Sie denken eher projektbezogen und oft größer, im Hinblick auf die Ökologie etwa auch global, und sie fordern Unterstützung sowie Weiterbildung ein“, erklärt Ruth Busl.
Deshalb lege das Projekt großen Wert darauf, junge Menschen zu befähigen, Führungsverantwortung zu übernehmen, um den anstehenden Generationenwechsel in ehrenamtlichen Leitungspositionen erfolgreich zu bewältigen. Zugleich sollen die vielen bereits langjährig Engagierten in ihren Tätigkeiten unterstützt werden und neue Kompetenzen – gerade in der digitalen Welt – vermittelt bekommen. Das geschieht bei „Fit für Ehrenamt & Soziale Führung“ durch Coachings, Vorträge und Workshops, die die Ehrenamtlichen kostenlos nutzen können.
Auch Probleme in der Ehrenamtsführung gehörten zur Agenda.
Einmalige Gelegenheit zur Vernetzung
„Ich empfinde das Projekt als sehr wertvoll“, betont Ursula Scriba aus Münsing, die schon an mehreren Veranstaltungen der Initiative teilgenommen hat. Vor kurzem besuchte sie etwa einen Vortrag zum Thema „Fundraising im digitalen Zeitalter“. „Voller Begeisterung und mit Liebe gemacht“, lautet Ursula Scribas Fazit zu der Veranstaltung, die viele verschiedene Möglichkeiten aus dem Bereich Fundraising aufgezeigt hätte – sei es das Crowdfunding, einen Newsletter, der für Spenden wirbt, oder das Einrichten von Internet-Links, die Spenden mit wenigen Klicks ermöglichen. Es gäbe sonst kaum eine ähnliche Möglichkeit, landkreisweit mit anderen ehrenamtlichen Verantwortungsträgern in Kontakt zu kommen, so die Architektin, die sich im Vorstand der Vereine „Kunst am See“ und „Kulturerbe Bayern“ engagiert. „Man begegnet dabei Leuten, die ihr Ehrenamt nicht seit gestern ausüben, und ihre Erfahrungen auch in die Gespräche mit einbringen“, erklärt Ursula Scriba.
Auch für Claudia Pfrang, Direktorin der Domberg-Akademie, sind Gestaltung und Vernetzung innerhalb der verschiedenen Sozialräume durch das Ehrenamt ein wichtiges Thema, das das Projekt anschneidet. „Ehrenamtlich Engagierte übernehmen zentrale, gesellschaftliche Aufgaben, welche Staat und Kirche nicht mehr leisten können, vor allem in Krisenzeiten, wie während der Corona-Krise oder bei der Ankunft ukrainischer Geflüchteter zu erkennen war“, so Claudia Pfrang. Freiwilliges Engagement könne dazu beitragen, die Lebensqualität der Menschen mit „passgenauen Lösungen für die Probleme vor Ort“ zu verbessern.
Kirche als einladender Ort
Claudia Pfrang betont in diesem Zusammenhang, dass ein großer Teil des ehrenamtlichen Engagements „im oder aus dem kirchlichen Bereich“ heraus stattfinde. 61 Prozent kirchlich-religiöser Menschen engagierten sich ehrenamtlich. Kirche werde als einladender Ort gesehen, welcher sozialen Zusammenhalt nachweisbar stärke. „Es ist von großer Relevanz, dass sich das Engagement innerhalb kirchlicher Strukturen nicht auf diese beschränkt, sondern sich mit zivilgesellschaftlichen Organisationen vernetzt“, sagt die Akademie-Direktorin.
Weil die „soziale Schere“ immer schneller auseinandergehe, müsse sich das Ehrenamt konsolidieren und zukunftsfähig aufstellen, so das Fazit von Projektleiterin Ruth Busl. „Ich glaube es gab nie eine Zeit, in der man das Ehrenamt nicht brauchte. Für mich ist das Ehrenamt eine Selbstverständlichkeit.“ Bei „Fit für Ehrenamt & Soziale Führung“ gehe es auch darum, die Menschen wieder daran zu erinnern.
Text: Klaus Schlaug, Redakteur beim Sankt Michaelsbund, Juli 2024
KBW Bad Tölz-Wolfratshausen e.V.
Franzmühle, Salzstrasse 1
83646 Bad Tölz