Am 6. Oktober 2019 beauftragte Weihbischof Wolfgang Bischof das neue Leitungsteam für den Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus – vier Ehren- und drei Hauptamtliche. Damit wird nach dem PV Geisenhausen der zweite Pfarrverband kollegial geführt. Das arbeo magazin hat vier der frisch Beauftragten getroffen.
Das Leitungsteam: Angelika Röhrmoser, Feldkirchen-Westerham (ehrenamtlich, 1.v.r.), Harald Petersen Pastoralreferent (hauptamtlich, 2.v.r.), Theresa Messerer Großhöhenrain (ehrenamtlich, 3.v.r.), Annemarie Biechl Unterlaus (ehrenamtlich, 1.v.l.), Pater Richard Basta Priester (hauptamtlich, 2.v.l.), Matthias Ludwig Feldkirchen-Westerham (ehrenamtlich, 3.v.l.), Judith Seipel Pastoralreferentin (hauptamtlich, 4.v.l.)
arbeo magazin: Die Erzdiözese schaut auf Ihr Pilotprojekt und fragt sich: Wird es funktionieren? Wie nervös sind Sie?
Theresa Messerer: Dadurch, dass das Ergebnis o en ist, mache ich mir keinen Druck. Es ist doch großartig, wenn man sich so ausprobieren kann.
Matthias Ludwig: Es wäre wirklich schade, wenn es nicht funktioniert, denn ich glaube, dass das Konzept gut ist. Aber auch wenn manche aus dem Projekt ein Politikum machen – ich bin da eigentlich sehr entspannt.
Angelika Röhrmoser: Ich freue mich einfach, dass die Stimmen der Ehrenamtlichen Gehör finden, auch über den Pfarrgemeinderat hinaus.
arbeo magazin: Ihr Pfarrverband wurde von der Erzdiözese als Pilot ausgewählt, nachdem Ihr ehemaliger Pfarrer seine Stelle gewechselt hatte. Wie ist das abgelaufen? Wer hat zu diesem Projekt Ja gesagt?
Harald Petersen: Die drei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Leitungsteam sind, sind gefragt worden, weil sich dadurch ja unsere Stellen und Stellenbeschreibungen verändern. Der Pfarrverband als solches wurde nicht gefragt. Das ist ja auch bei klassischen Neu- und Umbesetzungen nicht üblich.
arbeo magazin: Wie ging es dann für Sie konkret los?
Harald Petersen: Wir sind ja schon seit Anfang 2018 in der Vorbereitungsphase als Pilotprojekt. Da wurde viel Vorarbeit geleistet, vor allem in der Koordinierungsgruppe, in der alle drei Pilotprojekte der Erzdiözese vertreten sind (neben Feldkirchen-Höhenrain-Laus auch die Pfarrverbände Geisenhausen und Neuaubing- Westkreuz, Anm. d. Red.). Da ging es zum Beispiel darum, was Leitung eigentlich bedeutet, welche Aufgaben ein Leitungsteam hat und daraus resultierend, wen man dafür braucht.
Theresa Messerer: Auf Pfarrverbandsebene haben wir uns im Pfarrverbandsrat alle Pfarreien angeschaut und überlegt, wo Kirche bei uns stattfindet, welche Menschen bei uns sind und wo Kirche gebraucht wird. Wir haben auch überlegt, welche Stellenanforderungen es für Ehrenamtliche im kollegialen Leitungsteam gibt.
arbeo magazin: Wie haben Sie Leitung für sich definiert?
Harald Petersen: Wir haben einen Kriterienkatalog aufgestellt, der Kernaufgaben definiert, zum Beispiel Koordination, Repräsentation, Netzwerken oder Organisation.
Theresa Messerer: Das Spannende ist, dass sich mit Ehrenamtlichen das Bild der Leitung grundlegend ändert. Pfarrer sind heute oft schwer erreichbar und wohnen oftmals gar nicht mehr am Ort. Das ist bei Ehrenamtlichen anders, die wohnen in der Pfarrei mit ihren Familien. Da ist der alltägliche Kontakt mit den Pfarreimitgliedern einfach leichter.
Harald Petersen: Ich glaube, dass hier eine der großen Stärken liegt. Hauptamtliche kommen oft von außen in die Pfarrei und bringen ihre Idee von Kirche mit. Wenn die Gemeinde jetzt durch die Ehrenamtlichen selbst in der Pfarreileitung vertreten ist, kann die Gemeinde mitentscheiden: Wie stellen wir uns unser Gemeindeleben vor?
arbeo magazin: Wie werden Sie von der Diözesanleitung unterstützt?
Harald Petersen: Vor allem der Austausch in der Koordinierungsgruppe, in der wir mit den anderen beiden Pilotprojekten zusammen sind, ist sehr hilfreich. Dann haben wir eine sehr engmaschige Begleitung durch das Projektteam Pastoral planen und gestalten und die Region Süd. Immer, wenn wir Fragen hatten, war jemand da.
arbeo magazin: Wie schwer war es, Ehrenamtliche für das Leitungsteam zu finden?
Theresa Messerer: Die Suche hat sich schon etwas schwierig gestaltet. Auch der Pfarrgemeinderat bei uns hat einige Absagen bekommen. In die Leitung eines Pfarrverbandes zu gehen, ist eine Aufgabe, bei der manche sagen: Das traue ich mir nicht zu, oder: Es ist zu viel Arbeit.
Angelika Röhrmoser: Es ist ja tatsächlich nicht klar, wie viel Arbeitsaufwand es sein wird. Besonders jetzt, nach den Pfarrgemeinderats- und Kirchenverwaltungswahlen, war es schwierig, auch noch geeignete Kandidaten für das Leitungsteam zu finden.
Matthias Ludwig: Ehrenamtliche wachsen halt einfach nicht auf Bäumen. Ich suche auch schon seit zehn Jahren Nachfolger für den Pfarrgemeinderat und die Kirchenverwaltung. Ich sehe hier eine Schwachstelle des neuen Leitungsmodells.
arbeo magazin: Wie organisieren Sie sich jetzt als Team?
Theresa Messerer: Wir wollen uns alle zwei Wochen treffen, donnerstagabends, weil die Ehrenamtlichen ja berufstätig sind. Eine Geschäftsordnung haben wir noch keine, die können wir selbst aufstellen. In der legen wir dann fest, wie wir zu einer Einigung kommen, sei es im Konsens, sei es demokratisch. Das ist noch offen.
Matthias Ludwig: Das Tolle an diesem Modellprojekt ist an der Stelle, dass wir ausprobieren können, was funktioniert und was eben nicht.
arbeo magazin: Ist das Projekt eigentlich befristet?
Matthias Ludwig: Ja, wir sind beauftragt für zwei Jahre.
Harald Petersen: Interessanterweise steht die Befristung nicht in unseren Urkunden, wie uns aufgefallen ist. (lacht)
arbeo magazin: Der Dienstvorgesetzte für die Hauptamtlichen im Team ist der Dekan. Wie sieht das mit den Ehrenamtlichen aus? Wie sind die eingebunden in die diözesane Struktur?
Angelika Röhrmoser: Das ist in der Tat eine Frage, die wir klären müssen. Für mich wäre jetzt auch der Dekan der erste Ansprechpartner, wenn etwas vorfallen würde oder Probleme auftreten. Aber festgeschrieben ist das nicht.
Harald Petersen: Hier funktionieren unsere Sprachregelungen nicht mehr. Als Hauptamtlicher kann ich den Dekan klar als Vorgesetzten benennen. Für die Ehrenamtlichen fehlt hier der Begriff. Was ist denn der Pfarrer für den Pfarrgemeinderatsvorsitzenden? Haben Sie da einen guten Begriff dafür?
Matthias Ludwig: Für Pfarrgemeinderäte gibt es eine Satzung, in der steht, welche Funktion der Pfarrer für den Vorsitzenden hat. Das gibt es für das Leitungsteam momentan einfach noch nicht, deshalb hängt alles noch etwas in der Luft. Solche Satzungen müssen aus unseren Erfahrungen erst entwickelt werden. In gewisser Hinsicht ist unser Modellprojekt ein Freiflug. Das macht es für uns spannend und abenteuerlich, aber sicher manchmal auch anstrengend.
arbeo magazin: Wenn die örtliche Feuerwehr den Pfarrer zur Weihnachtsfeier einlädt: Wer von Ihnen geht dann hin?
Angelika Röhrmoser: Der, der Zeit hat. (lacht)
Interview: André Lorenz für das arbeo magazin für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Erzdiözese München und Freising