Behutsamer Umgang mit der Schöpfung Erzdiözese baut nachhaltig und Ressourcen schonend

Mit Blick auf nachfolgende Generationen errichtet und renoviert die Erzdiözese kirchliche Gebäude umweltfreundlich, findet Lösungen für leerstehende Gebäude und sucht sich dafür Partner.
 
Dach der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Brannenburg
Kupferbänder bewahren hölzerne Dachschindeln vor Vermoosung: Dach der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Brannenburg
In der katholischen Schule, dem Pfarrheim in der Landpfarrei oder der Filialkirche in der Münchner Innenstadt - überall schaut das Erzbistum München und Freising darauf, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit eingehalten wird. Das gilt für Handlungsfelder wie die Bildung genauso wie für den Umgang mit Geldanlagen – und natürlich erst recht im Bereich des Bauens und Renovierens.

In den Nachhaltigkeitsleitlinien von 2015 ist von der „Verantwortung für die von Gott geschaffene Welt“ und von der Bewahrung der „Fülle der Schöpfung“ und der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen die Rede. Dieser sorgsame Umgang mit Ressourcen hat vielleicht auf den ersten Blick nicht direkt mit den ureigenen kirchlichen Aufgaben zu tun. Aber Diözesanbaumeister Marinus Kohlhauf sagt: „Im Bereich der Nachhaltigkeit spielt natürlich die Ökologie eine große Rolle. Ökologie ist gleich Schöpfungsbewahrung, und das ist eines unserer christlichen Ur-Anliegen!“

Ganz topaktuell wird der Umgang mit Ressourcen beim Punkt „Energieversorgung kirchlicher Gebäude“. Peter Kotthoff, Fachreferent im Ordinariat und Bauberater in der Region Süd, weist darauf hin, dass immer noch viele Pfarreien ihre Gebäude mit fossilen Brennstoffen beheizen, allen voran Erdöl – mit entsprechend hohen Kosten. Vermehrt lassen sich Pfarreien aber auch in Richtung punktueller Beheizung beraten, stellt Kotthoff fest. Das bedeutet, dass alternativ elektrische Bankheizungen oder beheizbare Sitzpolster installiert werden. Damit sei der Energieverbrauch sehr viel geringer als durch die konventionellen Heizungen, die zum Beispiel riesige Kirchenräume aufheizen müssten.

Photovoltaik und Solarthermie

Ein anderes System: Die Wandtemperierung, die bereits in zahlreichen Kirchen existiert, zum Beispiel in der Pfarrkirche St. Jakob in Rohrdorf (Landkreis Rosenheim). Dabei wird erwärmtes Wasser durch Kupferleitungen geschickt, die im Sockelbereich der Kirchenwände unter Putz verlegt werden. Die Wände erwärmen sich leicht. Für den Kirchenbesucher stellt sich ein Wohlfühleffekt ein, obwohl die absolute Temperatur im Normalfall niedriger ausfällt als gewohnt. Ein zweiter Effekt sei, dass feuchte Wände durch die Erwärmung zum Trocknen gebracht würden, so Bauberater Kotthoff, und sich so selbst besser erwärmen könnten.
 
Diözesanbaumeister Marinus Kohlhauf (l.) und Fachreferent Peter Kotthoff im Erzbischöflichen Ordinariat München
Diözesanbaumeister Marinus Kohlhauf (l.) und Fachreferent Peter Kotthoff
Bereits eingeführt ist in vielen Pfarreien Photovoltaik und Solarthermie. Zur Strom- und Warmwassererzeugung haben viele Pfarrheime, Kindergärten oder Pfarrhäuser Anlagen auf dem Dach. Ein Programm der Erzdiözese hat Kredite für die Einrichtung an die Pfarreien vergeben. Weil aber viele Kirchen unter Denkmalschutz stehen, gibt es hier noch keine klare (gesetzliche) Lösung, wie man mit den „Zellen auf dem Dach“ umgeht.

Mit dem Versuch, kirchliche Gebäude effektiver zu heizen, geht die energetische Kooperation einher. So betreibt in der Pfarrei Söllhuben (Landkreis Rosenheim) Lorenz Hilger eine Hackschnitzelheizung, die nicht nur seinen Gasthof und das Hotel, sondern auch die kirchlichen Gebäude mit Wärme versorgt. Eine zukunftsträchtige Lösung, sagt Diözesanbaumeister Marinus Kohlhauf, allerdings mit einer Einschränkung: In den Kirchen gehe es eher darum, Energie einzusparen. Mit Lösungen wie den erwähnten Bankheizungen soll auf eine komplette Heizungsanlage verzichtet werden. „Aber wir schauen natürlich nach links und rechts, um mit Partnern solche kleinen Wärmenetze aufzubauen.“

Zusammenarbeit im Bau- und energetischen Bereich mit Verbänden und Gemeinden ist im kirchlichen Umfeld immer mehr angesagt. Allein schon deswegen, weil zum Beispiel Pfarrheime instand gehalten und beheizt werden müssen, aber die Auslastung immer geringer wird. „Eine Immobilie ist nur dann wirtschaftlich und damit nachhaltig, wenn sie genutzt wird“, sagt Kohlhauf.

Lebenszyklus einer Immobilie im Blick

Beispiel Pfarrheim: Eine Auslastung unter 70 Prozent sei nicht wirtschaftlich; der Trend gehe dahin, sich mit kommunalen Partnern zusammen zu tun, um Gebäude zu entwickeln, die man gemeinschaftlich nutzt. Der Fokus liegt im Bereich der Erzdiözese in jüngster Zeit weniger auf Neubauten, sondern auf einer Bestandsaufnahme, welche Gebäude in Zukunft wie genutzt werden können. Peter Kotthoff gibt ein Beispiel: Eine Kommune übernimmt im Erbbaurecht ein Pfarrheim, um ihrerseits mehr Kindergartenplätze zur Verfügung stellen zu können. Zum Ausgleich bekommt die Pfarrei Räume im geplanten Rathaus-Neubau.
 
Wenn dann doch ein Neubau notwendig wird, achtet die Erzdiözese streng auf Nachhaltigkeit bei den Baumaterialien. Auf den ersten Blick sei das meist um ein paar Prozente teurer, als mit herkömmlichen Materialien zu bauen, erklärt der Diözesanbaumeister. Allerdings schauen sich die Bauplaner im Erzbistum nicht nur die Gestehungskosten an, also, was eine Baumaßnahme bis zur Fertigstellung kostet. Vielmehr sei der Lebenszyklus einer Immobilie wichtig. Und da gehe es eben nicht um 10 bis 15 Jahre, sondern um ein halbes Jahrhundert oder mehr.

Außerdem bringen nachhaltige Materialien einen entscheidenden Vorteil: Anders als Verbundstoffe, die bei Renovierungen nur noch entsorgt werden können, werden Materialien wie Stein oder Holz wieder getrennt und sind reparabel. „Im Idealfall landen die Materialien am Ende ihres Lebens auf dem Komposthaufen und nicht in der Sondermülldeponie“, spitzt Kohlhauf zu. Selbst, wenn man nur wirtschaftliche Gesichtspunkte in Betracht ziehe, zahle sich diese Vorgehensweise aus. Darüber hinaus sei natürlich der ökologische Faktor entscheidend, führt Kohlhauf an. Ein gutes Beispiel ist für den Leiter des Bauwesens im Ordinariat die Entstehung von Dämmstoffen: Styropor hat bei der Herstellung einen erheblich höheren Energiebedarf als beispielsweise Holzwolle.

Kupferbänder verlängern die Lebenszeit der Holzschindeln

Damit Kirchenverwaltungen und Pfarreien etwas an der Hand haben, um sich bei der Auswahl von Baustoffen zu orientieren, hat das Erzbistum den Leitfaden "Nachhaltige Baumaterialien" herausgegeben. Das gut 30 Seiten starke Heft hat auch den Bezirk Oberbayern überzeugt: Hier wird der Katalog für alle Bauvorhaben genutzt. „Wir wollen uns damit auf natürliche Baumaterialien zurück besinnen. Wir müssen wegkommen von Stoffen mit hohen chemischen, künstlichen Anteilen,“ ist Kohlhauf überzeugt. Der Leitfaden schlägt zum Beispiel vor, bei Elektroinstallationen nur halogenfrei zu arbeiten oder bei Bodenbelägen auf PVC-freie Materialien zu achten. Ergänzt werden die Infos durch rechtliche und technische Erläuterungen.

Mit baulichen Unterstützungsinstallationen verhilft das Ordinariat auch Stoffen, die in den vergangenen Jahrzehnten immer unbeliebter wurden, wieder zu neuer Attraktivität: Holzschindeln haben zum Beispiel eine kürzere Lebenszeit als Ziegel- oder Schieferdächer, erklärt Peter Kotthoff. Während sie früher oft bei Kirchendächern verbaut wurden, verlangen die Pfarreien heute meist beständigeres Material bei der Renovierung. Mit Kupferbändern verlängern die Handwerker die Lebenszeit der Holzschindeln. Wenn das Kupferionen-Wasser über das Holz läuft, verhindert es den Ansatz von Flechten und Moosen. Bei Dachneudeckungen werden Kupferbänder gleich mit eingebaut. Die natürlichen Dachschindeln halten so, davon gehen die die Fachleute aus, erheblich länger als Dächer ohne Kupfer.
 
Studierendenwohnheim in Rosenheim – kurz vor der Fertigstellung der Außenanlagen im Winter 2022/2023
Studierendenwohnheim in Rosenheim – kurz vor der Fertigstellung der Außenanlagen im Winter 2022/2023
Gerade Renovierungen mit möglichst natürlichen Materialien haben aber eine Kehrseite: Stoffe, die früher verwendet wurden, müssen jetzt aufwendig entsorgt werden. So wurden viele Kirchendächer mit Asbestfaser-Zementplatten gedeckt. Die damaligen Kosteneinsparungen gegenüber anderen Ziegeln werden jetzt mit teuren Entsorgungsaktionen bezahlt.

Ein Musterbeispiel für die möglichst nachhaltige Art und Weise, mit der das Erzbistum an notwendige Bau- und Renovierungsmaßnahmen herangeht, kann das neue Studierendenwohnheim in Rosenheim sein. Hier haben die Bauherren 2021/2022 das ehemalige Kapuzinerkloster Sankt Sebastian in eine Wohnanlage für Studentinnen und Studenten umgewandelt. Neben dem gut erhaltenen, unter Denkmalschutz stehenden Klosteraltbau entstand ein dreistöckiges neues Gebäude in massiver Holzbauweise, außen ist Mineralputz aufgetragen. Die Dämmung besteht aus Holzfasern, die Fenstertüren sind aus Holz und Aluminium.

Weil man das Holz in ferner Zukunft problemlos entsorgen können soll, wurde auch bei den Innenwänden ohne Verleimungen gearbeitet, stattdessen wurde Aluminiumnägel verwendet. Geheizt wird mit 100 Prozent regenerativer Energie über städtische Fernwärme. Das Flachdach wurde begrünt, und eine Photovoltaikanlage draufgesetzt. „Einfach, aber großzügig“ charakterisiert Bauberater Kotthoff die neuen, 21 Quadratmeter großen Studentenzimmer mit jeweils eigenem Bad und Gemeinschaftsküche. Neben der Tatsache, dass der knappe Markt an erschwinglichem Wohnraum in der Studentenstadt Rosenheim mit 60 Plätzen unterstützt wird, hat die Erzdiözese hier eine zukunftsorientierte Art des Bauens beschritten und ein Wohnheim geschaffen, in dem sich die Studenten wohlfühlen. Auch, weil nach dem Grundsatz „Kosteneffektiv, aber nicht billig“ gebaut wurde.
Text: Willi Witte, Radioredakteur beim Sankt Michaelsbund, November 2023

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