Energie, Entsorgung, Emissionen: Gebäude, die saniert oder neu errichtet werden, können entscheidend zum Klimaschutz beitragen, wenn die Bauherren und Planer dieses Anliegen entschlossen angehen. Die Erzdiözese München und Freising will hier Zeichen und Impulse setzen, wie etwa mit einem Materialkatalog, den sich sogar der Bezirk Oberbayern zu eigen gemacht hat.
Schöpfungsbewahrung als Auftrag: Die Schulcontainer der Erzbischöfliche Ursulinen-Realschule in Landshut als Beispiel dafür, dass auch bei provisorischen Lösungen Nachhaltigkeit eine Rolle spielt.
Hermann Hofstetter wärmt es das Herz, wenn er im Pfarrheim von Sankt Emmeram in den Keller steigt. Nicht allein wegen der Wärmepumpe, die für Heizung und Kühlung sorgt. Die Pfarrei im Münchner Osten nimmt Fragen der Klimafreundlichkeit und der Nachhaltigkeit schon seit vielen Jahren ernst. Und nicht erst, seit das Thema ein Mediendauerbrenner ist und seit rasant ansteigende Gaspreise Familien mit niedrigem Einkommen genauso den Angstschweiß auf die Stirn treiben wie Wirtschaftsfachleuten. Die Kirchenverwaltung von Sankt Emmeram hat die Wärmepumpe bereits 2013 einbauen lassen.
Hermann Hofstetter klopft auf einen großen roten Kessel, der zur Anlage gehört: „Sankt Emmeram hat sich gegen den damaligen Mainstream gestellt, denn viele Pfarreien haben bis vor kurzem neue Öl- und vermehrt Gasheizungen einbauen lassen, weil es auf den ersten Blick halt das Billigste war.“ Solche kurzsichtigen Entscheidungen ärgern den Beauftragten für Umweltmanagement im Erzbischöflichen Ordinariat München. „Schon lange ist klar, es wird eine Co2-Abgabe kommen und der Staat wird öffentliche Einrichtungen auf deutlich mehr Klimafreundlichkeit verpflichten. Da kann man doch keine Heizung mit fossilen Brennstoffen einbauen!“ Aber viele hätten nur die momentanen und nicht die langfristigen Kosten vor Augen und der Umweltschutz gerate dann ganz schnell aus dem Blick.
Setzen sich mit viel Energie für Klimaschutz ein und freuen über jede Wärmepumpe: Stephan Giglberger (li.), ehrenamtlicher Umweltbeauftragter der Münchner Pfarrei St. Emmeram und Hermann Hofstetter (re.), Beauftragter für Umweltmanagement im Erzbischöflichen Ordinariat München
Abreißen vernichtet Ressourcen
„In Sankt Emmeram hatten wir damals Vordenker in der Kirchenverwaltung und aufgeschlossene Architekten“, erklärt Stephan Giglberger, der ehrenamtliche Umweltbeauftragte der Pfarrei. Die Wärmepumpe wird mit Strom aus erneuerbarer Energie betrieben, so dass ihr Co2-Ausstoß beim Heizen und Kühlen fast bei null liegt. Das sanierungsbedürftige Pfarrheim sei damals nicht abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden: „Denn dann wären ja die bei der Errichtung eingesetzte Energie und das Material unwiderruflich verloren gegangen und neue Ressourcen verbraucht worden.“ Stephan Giglberger hat allen Respekt davor, wie umfassend die Pfarrei schon vor rund zehn Jahren den Umweltschutz gedacht hat und das Pfarrheim nach ökologischen Kriterien sanieren ließ.
Das Bauwesen ist auch das große Sorgenkind von Hermann Hofstetter: „Mit jedem neu gebauten Quadratmeter werden beim Einsatz herkömmlicher und umweltbelastender Baustoffe im Schnitt 300 Kilo Co2 in die Atmosphäre abgegeben.“ Die Erzdiözese München und Freising hat 2020 deshalb einen Leitfaden „Nachhaltige Baumaterial- und Baustoffwahl“ herausgegeben, an dem Hofstetter mitgearbeitet hat und auf den er ein wenig stolz ist: „Der Bezirk Oberbayern hat diesen Materialkatalog für alle seine Bauvorhaben zugrunde gelegt.“ Inwieweit er auch praktisch umgesetzt wird, müssen Politik und Verwaltung entscheiden. Die Erzdiözese hat das an mehreren Stellen schon getan. So entsteht in Wörth bei Erding gerade ein Kindergarten, „und der hat entschlossene Bauherren“, lobt der Umweltmanager. Die Kirchenverwaltung teilte den Planern mit, dass sie entsprechend der Nachhaltigkeitskriterien eine Holzarchitektur will und der Rohstoff aus einheimischen Forsten stammt. „Die Krone setzt dem Ganzen auf, dass das Holz nun sogar teilweise aus kirchlichen Wäldern kommt, das einheimische Sägewerke zuschneiden.“
Beeindruckende Holzarchitektur: Die Kita in Wörth bei Erding wird entsprechend der Nachhaltigkeitskriterien mit Rohstoffen aus einheimischen Forsten gebaut, darunter teilweise aus kirchlichen Wäldern.
Keine faulen Kompromisse eingehen
Klimafreundliches Handeln bedeutet für Hermann Hofstetter „keine faulen Kompromisse einzugehen, sondern für scharfe Sachdiskussionen und viel Arbeit bereit zu sein“. Billiger sei es nicht zu haben, wenn den kommenden Generationen keine völlig geplünderte Schöpfung hinterlassen werden soll. Den Schuss für entschiedene Nachhaltigkeit hätten viele gehört: „Aber der muss zu einer Trendwende führen, die epochal ist, zu einer Umkehr und für die muss die Kirche erst einmal bereit sein.“ Anzeichen dafür sieht er, gerade auch in Bereichen, über die zuvor kaum jemand nachgedacht hat. Als Beispiel nennt er die Schulcontainer für die Erzbischöfliche Ursulinen-Realschule in Landshut. Das Gebäude befindet sich gerade im Umbau, die Schülerinnen erhalten ihren Unterricht in den bekannten viereckigen Containern, die schnell auf- und abzubauen sind.
Keine faulen Kompromisse eingehen: Die provisorischen Schulcontainer der Erzbischöfliche Ursulinen-Realschule in Landshut sind nachhaltig hergestellt und schadstoffarm.
„Normalerweise sind das Standardprodukte von großen Herstellern“, erläutert Hofstetter. Die Materialien kommen aus aller Herren Länder und in den dabei verwendeten Baustoffen sind oft chemische Weichmacher, Lösungsmittel und Stabilisatoren enthalten. Sie können für Menschen schädlich sein. Schon gar nicht stehen sie so im nachhaltigen Materialkatalog der Erzdiözese. „Wir hatten früher Container, in denen Lehrer und Schüler über Kopfschmerzen oder andere Beschwerden geklagt haben und Messungen das zweifelsfrei auf die verwendeten Baustoffe zurückführen konnten.“ Das Erzbistum hat deshalb die Bestellung für die Landshuter Schulcontainer mit starken Vorgaben ausgeschrieben: möglichst geringer und unproblematischer Chemikalieneinsatz, Verwendung nachhaltigen Materials, PVC-Böden etwa kamen also nicht in Frage. Noch während der Produktion der Container hat die Erzdiözese Kontrollmessungen auf Schadstoffgehalte durchführen lassen.
Die billigste Lösung ist nicht die preiswerteste
Natürlich ist das nicht die billigste Lösung, gibt Hermann Hofstetter zu. „Gerade die Kirche darf aber den Umweltschutz nicht vernachlässigen und auf Dauer ist nachhaltiges Planen sogar preiswerter, weil ja hohe Folge- und Entsorgungskosten gespart werden.“ Wie in Sankt Emmeram, wo der Umweltbeauftragte Stephan Giglberger an der Wärmepumpe steht und es so ausdrückt: „Bewahrung der Schöpfung ist ein biblischer Auftrag und wenn wir den Glauben ernst nehmen, dann müssen wir das leben und umsetzen.“
Text: Alois Bierl, Chefreporter Sankt Michaelsbund, August 2022