Die Ukrainerin Sofiia Tymofieieva möchte Ärztin werden. Der Krieg gegen ihr Land schien das unmöglich zu machen. Sie ging daher nach München, wo sie jetzt mit der Hilfe des Malteser Jobmentorings ihrem Berufswunsch ein Stück näher kommt.
Seit der sechsten Schulklasse hat Sofiia Tymofieieva den Wunsch, Ärztin zu werden. Um sich ihren Traum zu erfüllen, ist sie besonders fleißig in der Schule und absolviert erfolgreich das Abitur in ihrer Heimatstadt Dnipro im Osten der Ukraine. Als der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beginnt, zerplatzt Sofiias Traum wie eine Seifenblase. Die Folgen des Krieges werden für sie und ihre Familie real, und Sofiia lebt in einem permanenten Zustand der Angst. Unter diesen Bedingungen kann sie sich nicht vorstellen, ein Medizinstudium in ihrem Heimatland zu beginnen. Im Sommer vergangenen Jahres fasst sie schließlich einen Entschluss: Sie wird ihre Eltern und ihren Bruder in Dnipro zurücklassen, um im Ausland Medizin zu studieren.
Im September ist es dann soweit: Sofiia verlässt die Ukraine und gelangt über Umwege nach München. Mit Hilfe von ukrainischen Landsleuten findet sie sich in der Großstadt gut zurecht, ein bisschen Deutsch spricht sie auch schon. Für ein Medizinstudium an der Universität reichen die Deutschkenntnisse der 18-jährigen aber nicht aus.
Über Mund-zu-Mund-Propaganda erfährt sie schließlich vom Malteser Jobmentoring, das geflüchteten Menschen hilft, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zurecht zu finden und zu integrieren. Und weil gute Sprachkenntnisse wichtig sind, um eine Arbeit aufzunehmen oder eine Ausbildung zu beginnen, gibt es beim Malteser Jobmentoring ehrenamtliche Sprach-Paten, die den Geflüchteten dabei helfen, die vorgeschriebenen Deutsch-Kurse erfolgreich zu absolvieren. So einen Malteser Sprach-Paten bräuchte auch Sofiia, um den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderten Deutschkurs C1 an einer Münchner Sprachenschule zu bestehen.
Sie wendet sich an Bakhodir Karshiboev, der sich beim Malteser Jobmentoring speziell um die Geflüchteten aus der Ukraine kümmert. Der setzt Sofiia zunächst auf die Warteliste für Sprachpatenschaften. Eine Soforthilfe sei nicht möglich gewesen, zu groß sei der Andrang der Geflüchteten aus der Ukraine, erklärt Karshiboev. Gut vierzig Prozent der Teilnehmer im Malteser Job-Mentoring Programm kämen mittlerweile aus der Ukraine, das sei die mit Abstand größte Gruppe. Die Malteser legten zudem großen Wert auf eine Eins-Zu-Eins-Betreuung, bei der sich immer ein Ehrenamtlicher um einen Geflüchteten kümmert. Zurzeit kämen auf 140 Geflüchtete rund 130 Ehrenamtliche, so Karshiboev. Das bedeute, dass man nicht sofort jedem Wunsch nach Hilfe entsprechen könne.
Neben den Sprachpatenschaften gehört die Bewerbungsbegleitung zu den am meisten nachgefragten Modulen des Jobmentorings, ergänzt Monika Heck, die zusammen mit Bakhodir Karshiboev das Integrationsprojekt leitet. Allein in diesem Bereich engagierten sich gut 55 Ehrenamtliche. Die finde man vor allem über Freiwilligenagenturen. Dort schalte man Anzeigen, auf die sich unter Umständen bereits nach ein oder zwei Tagen Interessenten meldeten. Etwa zwei Wochenstunden müssten die ehrenamtlichen Helfer als Paten im Jobmentoring investieren. Alle drei Monate fänden Schulungen statt, in denen die Helfer Einblicke in das Asylrecht bekommen und lernen, wie sie mit den Betroffenen den richtigen Berufswunsch entwickeln und dementsprechend die Bewerbungsunterlagen gestalten können.
Nach einer Wartezeit bekommt Sofiia schließlich mit Serife Cantürk ihre Sprach-Patin zugewiesen. Die helfe ihr nicht nur beim Erlernen der deutschen Sprache, sondern erkläre ihr vor allem auch die kulturellen Zusammenhänge, die sie als Ausländerin nicht sofort verstehe, erzählt Sofiia. „Sie war meine erste Berührung mit der deutschen Kultur und ist mittlerweile für mich wie eine Freundin.“
Dass zwischen Ehrenamtlichen und Geflüchteten Freundschaften entstehen können, bestätigt auch Monika Heck. In den fast sieben Jahren, auf die man im Malteser Jobmentoring bereits zurückblicken könne, habe sie solche Entwicklungen oft erlebt. Sie erinnert sich an einen Ehrenamtlichen, der einem Teilnehmer im Jobmentoring nach erfolgreicher beruflicher Vermittlung sogar beim Umzug in eine neue Wohnung geholfen habe. Die Beziehungen hielten oft länger, als man denkt, so Heck.
Auch Sofiia tut die Freundschaft mit ihrer Sprachpatin gut. Mit ihrer Hilfe kann sie es nun tatsächlich schaffen, Ärztin zu werden. Wenn sie den Deutsch-Kurs in der Tasche hat, möchte sie sich zum Mediziner-Test anmelden, den sie bestehen muss, um zum Studium zugelassen zu werden. Ob sie dann als Ärztin irgendwann in die Ukraine zurückkehren wird? „Das wäre schon schön", sagt sie spontan. Und nach einer kurzen Denkpause: „Wahrscheinlich möchte ich doch lieber hier in Deutschland als Ärztin arbeiten.“
Text: Paul Hasel, Redakteur beim Sankt Michaelsbund, Juni 2024
Das Malteser Jobmentoring besteht aus fünf Modulen: Sprachpatenschaften, EDV-Training, Nachhilfe für geflüchtete Auszubildende, Bewerbungsbegleitung sowie Training für Vorstellungsgespräche. Für alle Module werden fortlaufend ehrenamtliche Helfer gesucht. Bewerbungen können per Mail direkt an Monika Heck gerichtet werden: monika.heck@malteser.org.
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