Was macht man mit der Zeit, die bleibt, wenn man unheilbar krank ist? Mit ihrem neuen „Herzenswunsch-Krankenwagen“ ermöglichen die Malteser im Erzbistum München und Freising Palliativpatienten einen letzten Ausflug. Egal ob in die Allianz-Arena oder nach Süditalien.
v.l.: Die ehrenamtlichen Fahrer Vincent Rieck und Reinhard Schilz wurden von Erik Waalkes in die Nutzung des neuen Herzenswunsch-Krankenwagens eingeführt
Das Fahrzeug, das Eric Waalkes gerade vorführt, sieht für den Laien aus wie ein ganz normaler Krankenwagen: Ein weißer Transporter mit neonroten und gelben Markierungen und Blaulicht auf dem Dach. Nur wer genau hinschaut, sieht zwei untypische Schriftzüge: „Erzdiözese München und Freising“ steht da und „Herzenswunsch-Krankenwagen“. Beides hat man bewusst dezent gehalten, erklärt der Diözesanreferent für Soziales Ehrenamt bei den Maltesern. „Wir möchten, dass unsere Gäste sich in ihrer Privatsphäre wohl fühlen und man von außen nicht genau sieht, wer hier drin ist.“
Ein Blick in den Fond des Fahrzeugs zeigt noch ein paar weitere „Gimmicks“, wie Waalkes sie nennt, die den Wünschewagen vom üblichen Krankentransportwagen unterscheiden. Zum Beispiel ein LED-Nachthimmel – inklusive dem Sternbild Großer Wagen. Den sehen Gäste, die auf der Transporttrage liegen. Auch die integrierte Blumenvase gehört nicht zur Standardausstattung bei den Maltesern. Der Herzenswunsch-Krankenwagen ist für Menschen mit schweren Krankheiten gedacht, die den Tod vor Augen haben. Für Waalkes keine Patienten, sondern „Gäste“: „Diese Menschen wissen, dass sie bald sterben, und wir helfen ihnen, sich ihren letzten Wunsch zu erfüllen.“
Regeln gibt es für die Wünsche erst einmal kein. Jeder Wunsch, der umsetzbar ist, soll auch erfüllt werden. Eine Fahrt zu einem Fußballspiel in die Allianz-Arena zum Beispiel. Aber auch eine mehrtägige Reise zu einer Wallfahrtskirche in Süditalien haben die Malteser schon unternommen. Hospizpatienten oder ihre Angehörigen können dafür einfach den Hilfsdienst anfragen. Der Ablauf der Fahrt und aller damit verbundenen organisatorischen Fragen planen Waalkes und sein Team.
Herzenswunschfahrten dank Spenden kostenfrei
Die Gäste werden bei Bedarf in ihrem Bett abgeholt. Ein Transportstuhl mit Raupenantrieb ermöglicht es den Maltesern, auch schwer in ihrer Bewegung eingeschränkte Gäste wie ALS-Patienten nahezu überall hinzubringen. Um das „Wie?“ sollen sich die Gäste oder ihre Angehörigen keine Gedanken machen. Deshalb werden auch die Kosten vollständig übernommen.
Domkapitular Hans segnet am 15. Dezember 2024 den Herzenswunsch-Krankenwagen auf dem Domvorplatz in München
„Möglich ist das durch entsprechende Spender und Förderer“, erklärt Eric Waalkes. Herzenswunsch-Fahrten bieten die Malteser an vielen Standorten in ganz Deutschland an. Seit Mitte 2018 auch im Erzbistum München und Freising. Bisher haben die Touren in umgewidmeten Krankentransportern stattgefunden. Der neue Spezialtransporter soll nun noch besser auf die Bedürfnisse schwer kranker Gäste ausgerichtet sein. Die Erzdiözese hat die Neuanschaffung mit 60.000 Euro unterstützt.
Gefahren wird immer in Teams aus zwei Ehrenamtlichen. Reinhard Schilz ist schon einige Herzenswunschtouren gefahren. Die Gäste verhalten sich dabei unterschiedlich. „Manche reden viel, andere sitzen ruhig da und freuen sich einfach, dass wir dorthin unterwegs sind, wo sie noch einmal hin wollten.“ Sein jüngster Gast in diesem Jahr war 45, der Älteste über 70 Jahre alt. Reinhard Schilz ist wie die meisten Ehrenamtlichen auch hauptberuflich bei den Maltesern im Fahrdienst tätig. Kranke Menschen komfortabel und würdevoll zu chauffieren, ist für ihn Alltag. Trotzdem sind die Herzenswunschfahrten niemals Routine. Wirklich vorbereiten kann er sich auf sie nur bedingt.
Erfahrene Ehrenamtliche als Herzenswunschfahrer
Jeder Gast geht mit dem Tod und dem letzten Wunsch anders um. Da helfen nur Fingerspitzengefühl, Erfahrung und bei Reinhard Schilz die eigene Lebensgeschichte. „Ich war auch selbst schon sehr krank und kurz davor zu sterben“, erzählt der 63-Jährige, „da kann ich mich ein bisschen hinein versetzen und hab eine Vorstellung, was die Gäste fühlen, wenn sie bei uns im Auto sind.“ Dazu gehört auch das Wissen, dass die Herzenswunschfahrer vielleicht die letzten Menschen sind, die die Gäste in ihrem Leben sehen werden.
Der Tod fährt immer mit – und trotzdem ist es ein Ehrenamt, das Reinhard Schilz' Teamkollegen Vinzent Rieg viel Freude macht. Das liegt seiner Erfahrung nach vor allem der Ausstrahlung der Gäste, die sich darüber freuen, etwas ein letztes Mal machen zu können. „Wir können für sie da sein und ihnen diesen Wunsch erfüllen, auch wenn es bald zu Ende geht – das gibt einem wahnsinnig viel zurück.“
Für 2024 konnten rund 15 Herzenswunsch-Fahrten mit den bestehenden Fahrzeugen stattfinden. Nun hoffen die Malteser, mit dem neuen Herzenswunsch-Krankenwagen im kommenden Jahr doppelt so viele Fahrten durchführen zu können. Und wenn sich genügend Ehrenamtliche finden, könnten sogar wöchentliche Fahrten möglich werden.
v.l.n.r.: Christoph Friedrich (Malteser Diözesangeschäftsführer), Stephanie Freifrau von Freyberg (Malteser Diözesanleiterin), Richard Stefke (Leiter des Ressorts Caritas und Beratung des Erzbischöflichen Ordinariats München), Alois Obermaier (Abteilungsleiter Soziale Verbände und Träger) und Domkapitular Hans-Georg Platschek nach der Segnung der Fahrzeuge
Drei neue Fahrzeuge im In- und Ausland im Einsatz
Insgesamt konnten die Malteser drei Fahrzeuge neu beschaffen, die am 15. Dezember 2024 von Domkapitular Hans-Georg Platschek nach einem Gottesdienst vor der Münchner Frauenkirche gesegnet wurden: Neben dem Herzenswunsch-Krankenwagen einen Auslands-Truck und einen Rettungswagen. „Die Sankt Antonius-Stiftung der Erzdiözese hat uns in Summe mit 560.000 Euro unterstützt“, erklärte Stephanie Freifrau von Freyberg, Diözesanleiterin bei den Maltesern im Erzbistum. „Das gesamte Volumen betrug knapp 750.000 Euro und wäre von uns Maltesern allein nicht zu stemmen gewesen. Immerhin brauchen die Fahrzeuge spezielle Ein- und Ausbauten, um auch wirklich zielgerichtet und auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten zu sein.“
Der Rettungswagen ist rund um den Flughafen München im Einsatz. Hier können neben dem Flughafen als Einsatzgebiet auch die unmittelbaren Autobahnen und umliegenden Gemeinden und Städte rettungsdienstlich versorgt werden. Der Auslands-Truck wird künftig schwerpunktmäßig für die Malteser Hilfe für Osteuropa eingesetzt. Hier unterstützen die Malteser in Bad Reichenhall seit vielen Jahren im Rahmen einer Partnerschaft mit den rumänischen Maltesern die Bedürftigen vor Ort. Die rund 1.300 Kilometer, die die Trucks regelmäßig nach Rumänien zurücklegen, sind eine Herausforderung. Die Malteser sind darauf angewiesen, dass das Fahrzeug sie sicher ans Ziel bringt und vor allem viele Hilfsgüter zu transportieren, um den Menschen vor Ort maximal zu helfen.
„Die Malteser leisten wirksame und direkte Hilfe für Not leidende Menschen im In- und Ausland sowie im Katastrophenschutz. Durch moderne Rettungsfahrzeuge wird die Einsatzbereitschaft und -sicherheit gewährleistet“, so Richard Stefke, Leiter des Ressorts Caritas und Beratung des Erzbischöflichen Ordinariats München. „Wir freuen uns, dass wir mit Mitteln der Stiftung dazu einen Beitrag leisten konnten und somit auch die unermüdliche Arbeit der vielen Ehren- und Hauptamtlichen unterstützen, die sich beim Malteser-Hilfsdienst mit viel Herzblut engagieren. Ein Vergelt’s Gott allen Mitarbeitenden und gute Fahrt!“
Text: Korbinian Bauer, Redakteur beim Sankt Michaelsbund, Dezember 2024
Malteser Hilfsdienst e.V.
- Diözesangeschäftstelle München und Freising
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Diözesan-Geschäftsführer:
Christoph Friedrich
Landes- und Diözesangeschäftsstelle
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