Laut dem Statistischen Bundesamt sind in Deutschland 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche armutsgefährdet. Dies hat auch Auswirkungen auf ihre Ernährung. Im Lichtblick Hasenbergl in München bekommen Kinder und Jugendliche aus armutsbetroffenen Familien gesundes Essen und lernen, sich selbst richtig zu versorgen.
Die Kinder und Erwachsenen vom Lichtblick Hasenbergl präsentieren ihr gesundes Essen
Pommes statt Gemüse, Schokolade statt Obst, Toast statt Vollkornbrot – oft bekommen Kinder nicht das Essen, das für eine gesunde Entwicklung am besten wäre, sondern ein Essen, das schnell geht, wenig kostet und sie am einfachsten zufrieden stellt. Vor allem in armutsbetroffenen Familien ist dies der Fall, sagt Johanna Hofmeir. Sie leitet den Lichtblick Hasenbergl, eine Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge der Erzdiözese. Dort werden Kinder und Jugendliche betreut, die in einem sozial belasteten Umfeld aufwachsen. „Wir haben sehr viele Eltern im Niedrigverdienstbereich, auch Eltern, die verschuldet sind, und zwar einfach, weil es zum Leben nicht wirklich reicht.“
Es liegt auf der Hand, dass sich diese Menschen mit einem sehr geringen Einkommen auch nur günstige Lebensmittel leisten können. „Und günstig bedeutet einfach oft hoch verarbeitet, also ganz viel Fett, ganz viel Zucker und ganz viele chemische Stoffe“, macht Johanna Hofmeir deutlich. Hinzu komme, dass auch einfach vielen das Wissen über gesunde Lebensmittel fehlt. Was der Körper braucht, um gesund zu bleiben, was dauerhaft hoher Zucker- und Fettkonsum im Körper anrichtet und wie man sich am besten ernährt, sei vielen Eltern einfach nicht klar, so Johanna Hofmeir.
Eltern sind erschöpft
Neben dem Mangel an Geld und Wissen sei aber ein Faktor ganz entscheidend dafür, dass Kinder, die in Armut aufwachsen, schlechter ernährt werden, und zwar die Erschöpfung, unter der ihre Eltern leiden. „Ich höre immer wieder von den Müttern: 'Ich halte es einfach nicht mehr aus. Der schreit so und dann gebe ich ihm halt den Schokoriegel, weil ich weiß, dann ist er ruhig und dann ist er zufrieden. Es wird mir einfach zu viel.'"
Unter den Folgen leiden die Kinder oft ein Leben lang. Forschungen belegen, dass sich ein Mangel an Mikronährstoffen negativ auf das Wachstum der Kinder auswirken kann. Oft sind diese kleiner als ihre Altersgenossen, die ausgewogen ernährt werden. Dies wiederum beeinflusst auch die Entwicklung des Gehirns und damit das Sprechen und Lesen sowie die Motorik. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Knochenschwäche haben ihre Ursache oft in falscher Ernährung während der Kindheit. Hinzu können psychische Probleme, wie Depressionen kommen.
Auch Johanna Hofmeir stellt bei den Kindern, die im Lichtblick Hasenbergl betreut werden, schon viele Beeinträchtigungen fest. Sie litten häufiger an Infektionskrankheiten und bräuchten auch länger, um wieder gesund zu werden. Viele würden über diffuse Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen klagen. Manche seien zappelig und unruhig, andere eher schlapp und müde und hätten Konzentrationsschwierigkeiten bei den Hausaufgaben. Und auch Erkrankungen, an denen die Eltern leiden, machen nachdenklich. Diese seien, „im erschreckend hohen Maße bereits mit Ende 30 und Anfang 40 von Herzinfarkten und Schlaganfällen betroffen.“ Dieses Schicksal möchte die Leiterin den Kindern ersparen.
„Gesund isst gut“
Dass gesundes Essen nicht nur gut für den Körper ist, sondern auch richtig lecker schmeckt, erfahren die Kinder im Lichtblick Hasenbergl am eigenen Leib. „Gesund isst gut“ lautet hier das Motto. Schon von klein auf werden sie in der Einrichtung an frische, regionale und saisonale Lebensmittel gewöhnt. Das ist nicht immer einfach, vor allem, wenn die Kinder sehr an Zucker und Fett gewöhnt sind, aber die Mitarbeiter haben da so ihre Tricks, verrät Johanna Hofmeir: „Unsere Kinder lieben Bratlinge. Da kann man so viel Gemüse reinpacken, wie es geht, solange das irgendwie in Bratling- oder in Kügelchenform ist, essen das unsere Kinder.“
Und die Kleinen dürfen auch selbst mit anpacken. Bei Kochaktionen helfen die Kinder beim Schnippeln und Zubereiten gesunder Speisen und erfahren ganz nebenbei, was hochwertige Lebensmittel ausmacht, warum Vollkorn- besser ist als Weißmehl, was dem Körper gut tut und was ihm schadet. Darüber hinaus lernen sie, wie man mit dem scharfen Messer umgeht, wie man richtig schneidet oder warum Hähnchenfleisch durchgebraten werden muss. Theorie und Praxis gehen hier Hand in Hand und bleiben so am besten im Gedächtnis.
Im Lichtblick Hasenbergl kommt viel Gemüse auf den Tisch
Beim regulären Mittagstisch im Lichtblick Hasenbergl gibt es vor allem Gemüse, dreimal pro Woche wird vegetarisch gegessen. Fisch und Fleisch gibt es jeweils nur einmal, von regionalen Erzeugern und im Lichtblick frisch zubereitet. Auch wenn die Kinder während der Hausaufgaben Hunger bekommen, schneiden die Betreuerinnen Obst oder Gemüse auf. Und in den Ferien bekommen die Kinder ein gesundes Frühstück im Lichtblick Hasenbergl.
Ganz wichtig ist Johanna Hofmeir auch, dass die Kinder über die Herkunft der Lebensmittel Bescheid wissen: „Wir haben Hochbeete, die wir bepflanzen, auf denen sie dann selber ernten können, sowohl Gemüse als auch Kräuter. Wir unternehmen aber auch Ausflüge auf den Bauernhof, um zu schauen, wo kommt das Essen ursprünglich her, oder auf den Gemüsehof, der unsere Küche beliefert.“
Längerer Prozess
Dass die Umstellung von Fertiggerichten und Süßigkeiten auf naturbelassene und vitaminreiche Lebensmittel nicht von heute auf morgen passiert, wird ebenfalls berücksichtigt. Gemüsegewöhnung und Geschmacksbildung spielen eine große Rolle im Lichtblick Hasenbergl. „Wir wissen, fünf- bis zehnmal müssen die Kinder etwas probieren, bevor sie eine Speise als vertraut erkennen und dann eben auch mögen.“ Ebenso wichtig ist es, dass sich die Kinder bewusst mit dem Essen auseinander setzen: „Es gibt bei uns kein ‚bäh!‘, sondern ein 'es schmeckt mir nicht, weil es mir zu hart, zu weich, zu scharf, zu salzig ist'“, stellt Johanna Hofmeir klar.
So würden die Kinder aufgefordert, Kritik zu üben, positiv wie negativ, und darüber nachzudenken, was sie auf dem Teller haben. Dadurch lernen sie auch einen respektvollen Umgang mit Lebensmitteln und eine Wertschätzung für das Essen. Damit sich diese Haltung auch zu Hause durchsetzt, werden die Eltern eingebunden. Für sie gibt es ebenfalls Angebote und Veranstaltungen, bei denen sie zum Beispiel Tipps bekommen, worauf sie beim Einkaufen achten sollen oder welche gesunden Snacks sie ihren Kindern mitgeben können.
Der Lichtblick Hasenbergl tut viel, um Kinder und Eltern eine gesunde Ernährung zu bieten und um sie zu befähigen, selbst gut für sich zu sorgen. Das ist in anderen Betreuungseinrichtungen nicht selbstverständlich. Johanna Hofmeir wünscht sich deshalb, dass das Thema gesunde Ernährung auch dort mehr Beachtung findet: „Ich würde mir wirklich wünschen, dass das Thema gesunde Ernährung in Kombination auch mit gesunder Lebensführung zu einem Dauerthema in den Kindergärten und Schulen wird.“ Vor allem in belasteten und bildungsbenachteiligten Familien reiche es einfach nicht aus, was momentan an Ernährungswissen vermittelt werde. Außerdem wirbt die Leiterin für mehr Verständnis für die Eltern in armutsbetroffenen Familien: „Sie sind erschöpft, haben wenig Geld, oft fehlt ihnen auch das Wissen, aber sie wollen das Beste für ihr Kind.“
Text: Lydia Jäger, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund, Dezember 2024
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