Neun Ständige Diakone werden Ende September 2020 von Kardinal Reinhard Marx in ihren Dienst einberufen; einer davon ist blind. Aleksander Pavkovič folgte stetig seiner Berufung und freut sich nun auf seine neuen Aufgaben mit all ihren Herausforderungen.
Mit seinen Sinnen den Menschen zugewandt: Aleksander Pavkovič
Heilig ist ihm vor allem eines: Sein Wetter-Tagebuch aus der dritten Grundschulklasse. Aleksander Pavkovič hütet es – und führt noch heute Buch über seine Wetterbeobachtungen. Ein „Draht nach oben“ war ihm früh gegeben, auch wenn es ursprünglich mehr um Gewitterwolken und Regengebiete ging, als darum, den Glauben zu verkünden. Wäre er sehend zur Welt gekommen, wäre er vermutlich Meteorologe geworden. Doch es sollte anders kommen für einen, der weder Schatten noch Schemen erkennen kann.
Sein Handicap, nicht sehen zu können, nimmt er gelassen. „Es ist gewissermaßen ein Vorteil, geburtsblind zu sein. Ich musste nicht erleben, wie ich meine Sehkraft verliere. Das macht es leichter, denn den Verlust musste ich nie spüren." Er gehört damit zu einer kleinen Minderheit, denn 80 bis 90 Prozent der Mitglieder im Blinden- und Sehbehindertenverein haben die Behinderung durch Krankheit, Unfall oder altersbedingt erlangt. Aleksander Pavkovič bedauert seine Blindheit nicht: „Es sind Eindrücke, die ich mir nicht erschließen, nicht vorstellen kann. Ich versuche auch nicht, es mit etwas anderem zu vergleichen. Es ist aber zugleich nichts, von dem ich sage, dass es mal da war und es fehlt mir jetzt. Insofern ist es nichts, das ich vermisse. Es gibt Dinge, da kann ich nicht mitreden, nicht mitempfinden, aber sie fehlen mir auf emotionaler Ebene nicht, weil ich sie nie hatte."
Künftig möchte Aleksander Pavkovič in seiner Arbeit als Ständiger Diakon und in Unterstützung des Seelsorgeteams seiner Heimatgemeinde Herz-Jesu in München-Neuhausen der innigen Christus-Beziehung, die er selbst hat, ein Gesicht geben. Dazu braucht er keine Sehkraft: „Ich trage Lebensfreude und Kraft in mir und möchte das ausstrahlen. Der Ständige Diakon im Zivilberuf packt an, und mein Tun sollte für sich sprechen."
Im Hauptberuf ist Aleksander Pavkovič Sprachwissenschaftler, hat Slawistik mit dem linguistischen Schwerpunkt, Tschechisch und Balkanphilologie in München studiert. 2004/2005 folgte der Magister-Studiengang, 2010 dann seine Promotion. „Journalistisches und wissenschaftliches Arbeiten hat mir immer Spaß gemacht, darum schrieb ich dahingehend auch Bewerbungen", sagt er. „Doch was lag da näher, als dass jemand mit meiner Behinderung auch beruflich mit der Sehbehinderung zu tun hat?"
Der Münchner startete als IT-Trainer und pendelte täglich von München nach Nürnberg; jungen Menschen lehrte er dort den Umgang mit Computern und Smartphones, vermittelte ihnen die nötige Medienkompetenz. 2013 wechselte er zum Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund, wo er in der Medienabteilung Beratungen, Informationen und Textservices anbietet.
Seit er 25 Jahre alt ist engagiert sich Pavkovič außerdem in katholischen Blinden und Sehbehinderten-Vereinigungen. Er hat an zahlreichen Jugendaktivitäten teilgenommen, internationale Jugend-Begegnungswochen geleitet und war – auch auf weltkirchlicher Ebene – in den Vorständen aktiv. Zuletzt hatte er das Amt als Präsident der Internationalen Föderation katholischer Blindenvereine vier Jahre lang inne. „Im Hinblick auf die Diakonenweihe muss ich aber ein bisschen was abgeben, nicht immer nur drauflegen", sagt er.
Im Alltag helfen Aleksander Pavkovič Apps auf seinem Handy (darunter ein kompletter Ordner mit Wetter-Apps), zum Beispiel den richtigen Weg zu Taufeltern zu finden – und ob er dorthin einen Schirm mitnehmen sollte. Pavkovič ist froh, dass die Pastoral in seiner Gemeinde so vielfältig aufgestellt ist und er bald dazu gehören wird. Zu seinen zukünftigen Aufgaben gehört unter anderem die Assistenz im Gottesdienst, bei der Eucharistie bereitet der Diakon die Gaben vor und übergibt sie dem Hauptzelebranten. Darin sieht er eine Herausforderung, ist die Liturgie doch durchzogen von Bewegungen und Handlungen, die er nicht sieht. „Für mich wird es herausfordernd sein, in der Liturgie mitzuwirken. Denn es sind viele Bewegungen mit Gesten verbunden, die ich einüben muss." Als sichtbares Zeichen seiner Sehbehinderung und zur eigenen Sicherheit führt Pavkovič stets seinen Blindenstock mit sich.
Mit welchen „Zwischentönen" nimmt er als Blinder Kontakt zu einem anderen Menschen auf, nicht selten gerade zu denen, die Hilfe und Unterstützung brauchen? Der Sprachwissenschaftler schmunzelt: „Nicht umsonst spricht man vom Pokerface, aber nicht von der Pokervoice; ich nehme die Zwischentöne eben in der Stimme eines Menschen war. Welche Bewegungen macht mein Gegenüber, wenn er in meiner Nähe sitzt. Ich spüre, wenn jemand unruhig ist. Und ich nehme einen Menschen über den Geruch war."
Aleksander Pavkovič spürte vor allem bei der Jugendarbeit im Rahmen von nationalen und internationalen Treffen immer wieder: Junge Menschen kamen mit ihm ins Gespräch, am Rande, zufällig, über Gott, die Welt und ihren Glauben. Dabei bekannte er stets, „dass ich einer von denen bin, die regelmäßig in die Kirche gehen. Das war für viele interessant, Themen die sie bewegen, ansprechen zu können. Dass da jemand ist, der versucht, die Botschaft des Evangeliums in die Praxis umzusetzen. Ich muss wohl überzeugend gewesen sein." Überzeugend in der Verkündigung von etwas, „das auf den ersten Blick vielleicht altmodisch wirkt, aber in sich vernünftig und stimmig klingt, zu transportieren." Pavkovič wundert sich selbst ein wenig darüber. „Das hat immer wieder Eindruck gemacht." Begegnungen wie diese haben ihm gezeigt, dass er einen Zugang zu den Menschen hat. Vielleicht wird er dann einmal mehr der Ansprechpartner sein, der gerade gut passt. Denn sein Tun spricht für sich.
Text: Judith Bornemann, freie Redakteurin
Pastoral Menschen mit Behinderung
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Abteilungsleiter:
Markus Lentner