Die Elternbriefe der katholischen Kirche geben Tipps für den Familienalltag Das aktuelle Thema: Kann man ein Kleinkind zu sehr verwöhnen?

Auf welche Bedürfnisse sollen Eltern eingehen, ohne ihre Kinder zu sehr zu verwöhnen? Wieviel "nein!" ist sinnvoll für eine gelingende Erziehung? Und muss man ständig Grenzen setzen? Bei allen unterschiedlichen Erziehungsstilen und Haltungen gilt es, eine verlässliche Bindung zu schaffen und gerade in der "Autonomiephase" das kleinkindliche Verhalten nicht als Ungehorsam oder persönlichen Angriff zu deuten. 
 
Mutter und kleines Mädchen umarmen sich liebevoll und stupsen ihre Nasen aneinander
Regeln und Grenzen aufzuzeigen, ist wichtig. Die Basis einer gelingenden Erziehung ist aber eine sichere Bindung zum Kind.
Unsere Eltern finden, dass wir unseren Sohn Matteo – er ist knapp zwei Jahre alt – zu sehr verwöhnen. Sie meinen, wir sollen nicht immer gleich auf seine Bedürfnisse reagieren und uns eine klare Haltung in der Erziehung angewöhnen. Etwas auszuhalten und sich an Grenzen zu halten, sei für Kinder wichtig. Da Matteo unser erstes Kind ist, möchten wir nichts falsch machen. Andererseits wollen wir auch nicht, dass er zu viel weint. (Jill, 29)

Gerade beim ersten Kind stellen sich viele Fragen zum ersten Mal. Unterschiedliche Erziehungsstile und Haltungen von Eltern und Großeltern zeigen sich nun deutlich. Sowohl Grenzen als auch Unterstützung sind für Kinder sehr wichtig. Doch das Allerwichtigste ist, eine gute Beziehung zu Ihrem Kind aufzubauen.

Sichere Bindung

Ihr Sohn braucht eine sichere Bindung und Beziehung zu Ihnen, um sich sicher in der Welt bewegen zu können. Es bietet Ihrem Sohn Schutz, wenn Sie auf seine Signale hören. Dazu gehört beispielsweise:
  • wahrzunehmen, wie es ihm geht und was er gerade braucht
  • zu schauen, was los ist, ob er sich gut oder schlecht fühlt
  • sich ihm zuzuwenden, wenn er schreit oder weint

Regeln und Grenzen

Auf der Basis einer guten Beziehung zu Ihrem Kind können Sie auch auf die Einhaltung von Regeln und Grenzen achten. Wichtig zu wissen: Dabei spielt das Alter Ihres Kindes eine große Rolle. Mit seinen knapp zwei Jahren ist Matteo noch viel zu klein, um sich in andere hineinzuversetzen. Dies wird er erst ungefähr ab dem vierten Lebensjahr können. Allerdings begreift er jetzt schon, wenn Sie „nein“ sagen oder ihn von Sachen zurückrufen. Ihr Sohn befindet sich in der sogenannten Autonomiephase. Das bedeutet: Er will sich selbst in der Welt bewegen und ausprobieren, was er schon kann oder verstanden hat. Deshalb wird er immer wieder testen, ob ein „nein“ noch gilt.

„Nein“ sagen

Dazu ein Beispiel: Matteo holt Erde aus den Blumentöpfen heraus. Sie sagen mehrmals „nein!“ und er buddelt trotzdem weiter. Wahrscheinlich schaut er Sie dabei fragend an. Auf diese Weise vergewissert er sich, dass Ihr „nein“ noch gilt und er Ihr Verbot verstanden hat.

Wutanfälle gehören dazu

Hinzu kommt, dass Kinder in Matteos Alter sich schon eigene Gedanken über Abläufe machen, sich beteiligen möchten oder bestimmte Dinge erwarten. Läuft es dann anders als gedacht, reagieren sie häufig mit einem Wutanfall. Das kann schon passieren, wenn Kleinigkeiten anders laufen als gewöhnlich. Zum Beispiel: Auf dem Frühstückstisch steht die „falsche“ Tasse. Ihr Sohn fängt laut an zu schreien. Das macht er aber nicht, um Sie zu ärgern oder um über Sie zu bestimmen. Sondern: Er versteht die Welt nicht mehr und reagiert darauf mit einer Art „Systemabsturz“.

Wichtig ist, sein Verhalten nicht als Ungehorsam oder persönlichen Angriff zu deuten. Denn für ihn gehört zum Frühstück DIE EINE BLAUE Tasse und keine andere, sonst ist die Welt nicht in Ordnung. Gerade in solchen Momenten braucht Ihr Kind eher Verständnis von Ihnen als klare Ansagen. Daher ist es gut, wenn Sie als Eltern auf sich achten und sich gegenseitig unterstützen.

Und was die Großeltern angeht: Es kann helfen, ihnen zu erklären, dass Matteos Gefühle kein Ungehorsam sind und sich nicht gegen die Erwachsenen richten. Das zu verstehen, erleichtert sicher auch Oma und Opa den Umgang mit dem vermeintlichen „Trotzkopf“.

Text: Sabine Maria Schäfer, Erziehungsberaterin, systemische Familientherapeutin und "Kess-erziehen" - Kurs-Referentin

Dieser Beitrag auf elternbriefe.de

Elternkurse "kess-erziehen"

Sie wünschen sich einen entspannteren Erziehungsalltag?
Die kess-erziehen-Kurse schauen in erster Linie auf das „Wie“ des Miteinanders und rückten damit die Beziehungsqualität zwischen Eltern und Kindern in den Mittelpunkt. Dabei geht es nicht um Patentrezepte, die immer und überall gültig sind, sondern um eine achtsame und respektvolle Haltung und um einen konsequenten Umgang miteinander. Es gibt Impulsvorträge, Übungen, konkrete Anregungen für zu Hause und einen Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern. Hier erfahren Sie mehr zu den Kursangeboten.

"Elternbriefe du + wir" ist eine Initiative der katholischen Kirche. Herausgeber ist die Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V.

45 Briefe begleiten Eltern von der Geburt bis zum neunten Geburtstag ihrer Kinder. Zu Themen wie Schwangerschaft, Taufe, Kirchenjahr und Missbrauch stehen Sonderausgaben zur Verfügung. Ein Team von Fachleuten, bestehend aus Erziehungsberatern, Ärzten, Theologen und Journalisten, erarbeitet die Beiträge und aktualisiert sie regelmäßig.

Die Elternbriefe gibt es als App, auf der Homepage www.elternbriefe.de und als Newsletter per E-Mail. Alle Angebote sind kostenlos!

Ehe- und Familienpastoral
Schrammerstr. 3
80333 München
Telefon: 089 2137-1244
eheundfamilie(at)eomuc.de
http://www.ehe-und-familie.info

Fachbereichsleiterin:
Agnes Passauer, Pastoralreferentin, Eheberaterin

Fachreferent:
Johannes Sporrer, Pastoralreferent, FamilienTeamTrainer

Fachreferent:innen in den Regionen:
Region München: Cornelia Schmalzl-Saumweber
Region Süd: Peter Glaser, Ulrich Englmaier, Martin Kienast
Region Nord: Cornelia Schmalzl-Saumweber
Referentinnen für Wertorientierte Sexualpädagogik:
MFM-Programm
mfm(at)eomuc.de
Tel. 089 213-77188
Josiane Wies-Flaig, Dipl. Sozialpädagogin
Katja Haberl, Dipl. Sozialpädagogin

NFP/Sensiplan
nfp(at)eomuc.de
Natalie Oel
Tel.: 089 2137-2249