Die Erzdiözese München und Freising hat im Februar 2020 ein externes Gutachten zu Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising bei der Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten hat die Anwaltskanzlei am 20. Januar 2022 der Öffentlichkeit bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Das externe Gutachten kann auf den Seiten der
Rechtsanwaltskanzlei Westphal Spilker Wastl in Gänze eingesehen werden. Weitere Informationen auf den Seiten der Erzdiözese München und Freising:
www.erzbistum-muenchen.de/gutachten-2022
Psychotherapeutisch erfahrene Berater bieten Gespräche am Telefon an und vermitteln Hilfen.
Mit der
Veröffentlichung des neuen externen Gutachtens zu sexuellem Missbrauch in der Erzdiözese München und Freising hat eine neue Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese ihre Arbeit aufgenommen.
Hier finden Sie weitere Unterstützung für Betroffene, Hinweise zur Prävention für Haupt- und Ehrenamtliche sowie allgemeine Informationen zum Thema Missbrauch und Prävention des Erzbistums.
Kontakte zum unabhängigen Betroffenenbeirat in der Erzdiözese München und Freising:
E-Mail: kontakt@betroffenenbeirat-muenchen.de
Homepage: www.betroffenenbeirat-muenchen.de
Richard Kick, Mitglied des Betroffenenbeirats der Erzdiözese und in dieser Funktion auch in die Aufarbeitungskommission entsandt: "Nicht nur jetzt auf die Betroffenen schauen und alles andere beiseitelassen, nein, es geht nur gemeinsam. Es ist ganz wesentlich, ich bin selbst über 42 Jahre verheiratet, dass endlich Frauen in der Kirche Einzug erhalten, in führenden Ämtern, in Priesterämtern genauso wie in anderen Ämtern. Eines der Gespräche, die ich mit Redakteuren geführt habe, die seit vielen Jahrzehnten darüber schreiben, war unter anderem eine Frau, die sagte: 'Herr Kick, mein Mann ist vor fünf Jahren an Krebs verstorben und ich weiß, wie wichtig es ist, einen Menschen an der Seite zu haben, den man lieben kann.' Und ich denke, genau das ist der Punkt. Diese Männer, über die wir jetzt sprechen, Marx, Bischöfe, Päpste, denen fehlt ein ganz wesentlicher Teil in ihrem Leben, und das ist Partnerschaft, ob das jetzt gleichgeschlechtlich ist, eine Frau, völlig egal, aber einen Menschen, den man wirklich lieben kann. Und ich glaube heute - ich bin auch für das Thema Frauen völlig offen - ich glaube, dass wir uns insgesamt, Betroffene wie auch andere Menschen, die jetzt sehr engagiert einen Weg der Kirche gehen wollen, dass wir einen Schulterschluss brauchen. Denn letztlich geht es uns allen ums gleiche. Es geht um uns Menschen. Denn die Kirche besteht nicht aus dieser Führungsebene, aus paar Päpsten, paar Bischöfen in den letzten Jahrzehnten, sondern die Kirche besteht aus uns."
Offener Brief des Vorsitzenden des Diözesanrates zum Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München und Freising.Der Vorsitzende des Diözesanrates der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, Hans Tremmel, wendet sich in einem Offenen Brief an die ehrenamtlich Engagierten in den Pfarreien und Verbänden, insbesondere die PGR-Vorsitzenden und Wahlausschuss-Vorsitzenden.
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Hans Tremmel: Mit großer Ernsthaftigkeit Konsequenzen ziehenDer Vorsitzende des Diözesanrats, Professor Hans Tremmel, ist schockiert. Man dürfe nichts relativieren mit all den guten Taten, die es in der Kirche gebe. "Als Theologe, Diözesanratsvorsitzender, vor allem als Familienvater bin ich entsetzt und angeekelt über die Verbrechen an Mädchen und Buben im Raum der Kirche." Die Kinder hätten den Horror erlebt, jetzt müssen Konsequenzen gezogen werden, denn es sei ein Multisystemversagen. "Man muss jetzt mit großer Ernsthaftigkeit rangehen, etwas Neues auf diesen Scherbenhaufen zu errichten." Kardinal Reinhard Marx erlebt er als sehr erschüttert wegen der Verbrechen der Kirche. Er sei einer der wenigen, die bereit seien, eigene Schuld einzugestehen und verantwortungsvoll in die Zukunft zu gehen.
(aus dem Münchner Merkur vom 22. Januar 2022) | Siehe auch den Bericht in
SZ online nach der Pressekonferenz am 27. Januar 2022
Diözesanrats-Vorsitzender Tremmel: Marx »erschüttert«Der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, Hans Tremmel, hat die Stellungnahme des Münchner Kardinals Reinhard Marx zum Missbrauchsgutachten positiv gewertet. Marx sei von dem Wunsch geleitet, die Kirche zu erneuern, sagte Tremmel am Donnerstag. »Er ist wirklich erschüttert. Er ist dazu bereit, persönliche Verfehlungen nicht nur einzugestehen, sondern zu bereuen und positiv damit in die Zukunft zu gehen. Das glaube ich ihm.«
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Stellungnahme des Pfarrverbands „Vier Brunnen – Ottobrunn“ zum Münchner Gutachten der Kanzlei Westpfahl/Spilker/Wastl und zur Unterstützung des Synodalen Wegs.
[Download | PDF][Bericht in der Süddeutschen Zeitung] |
[Bericht im Münchner Merkur]
„Schluss mit der organisierten Verantwortungslosigkeit!“ – ZdK-Präsidentin fordert nach Münchner Missbrauchsgutachten KonsequenzenVerantwortliche in der katholischen Kirche haben ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Das zeigt das heute veröffentlichte Missbrauchsgutachten in München nun zum wiederholten Mal. Wann folgen endlich Konsequenzen, die der dramatischen Lage gerecht werden?“ Das fragt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp.
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„Noch immer stellt er sich vor Benedikt XVI.“ – ZdK-Präsidentin Stetter-Karp irritiert über Kardinal MarxAls „überraschend unkonkret“ bewertet die Präsidentin des ZdK, Irme Stetter-Karp, die Reaktion des Münchner Kardinals Reinhard Marx auf das Missbrauchsgutachten, das vor einer Woche veröffentlicht wurde. „Es gab kein Beispiel dafür, wie nun genau die Unterstützung von Pfarrgemeinden aussieht, in denen Missbrauchstäter ihr Unwesen trieben. Es fehlten insgesamt konkrete Beispiele für Veränderungen hier und heute. Dass der Kardinal nach eigenen Worten in einem Jahr vor die Öffentlichkeit treten möchte, um zu erklären, was sich verändert hat, finde ich spät“, so Stetter-Karp.
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"Papst Benedikt hat gelogen"Nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens fordern Betroffenenvertreter, Reformgruppen und katholische Verbände Konsequenzen und Veränderungen. Eine Übersicht der Reaktionen im Münchner Kirchenradio.
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KDFB fordert konsequentes Handeln nach „Bilanz des Schreckens“Das Bekanntwerden zahlloser Fälle sexuellen Missbrauchs erschüttert seit Jahren weltweit die Grundfesten der katholischen Kirche. Der KDFB Landesverband ist entsetzt über das Ausmaß des Missbrauchs.
Das neue Gutachten aus der Erzdiözese München und Freising bringt erneut die institutionalisierte Vertuschung durch die Kirche ans Tageslicht. Die fehlende Bereitschaft, sich mit der Verantwortung für Missbrauch auseinanderzusetzen, kann nicht mehr mit systemischen Ursachen oder dem damaligen Zeitgeist gerechtfertigt werden. Das Gutachten belegt die persönliche Betroffenheit von Inhabern kirchlicher Ämter, auch von denen mit großer Machtfülle.
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BDKJ München und Freising: Wann? Wenn nicht jetzt!Das am 20. Januar 2022 veröffentlichte Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Bereich der Erzdiözese München und Freising von der Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl (WSW) zeigt im Detail den Umfang der Pflichtverletzungen in den Jahren 1945 bis 2019. Es war höchste Zeit, dass darin explizit persönlich Verantwortliche der höchsten Leitungsebene sowie systemische und strukturelle Fehler im Umgang der katholischen Kirche mit sexualisierter Gewalt benannt wurden.
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BDKJ München und Freising: Jetzt handeln! Für den Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum München und Freising sind der Betroffenenbeirat und die unabhängige Aufarbeitungskommission jetzt wichtige Taktgeber für die anstehenden Veränderungen im Erzbistum. Der Dach- und Spitzenverband der katholischen Jugend fordert Erzbischof Reinhard Kardinal Marx auf eingehend zu prüfen, Offizial Dr. Lorenz Wolf seiner Ämter zu entbinden. Als Erzbischof muss Kardinal Marx seiner Verantwortung nachkommen, entschlossen vorgehen und die Aufarbeitung konsequent vorantreiben.
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Michaela Huber ist die Vorsitzende der Aufarbeitungskommission, in die sie von Seiten des Freistaats entsandt wurde (Zitat aus einer Veranstaltung der Katholischen Akademie, 27.1.2022, Schritte zur Aufarbeitung – Differenzierungen zum Münchner Missbrauchsgutachten:
"Als Ausgetretene, Unabhängige, möchte ich eine Lanze brechen für die vielen, vielen Menschen, die in dieser katholischen Kirche gute Arbeit leisten, die ihr Leben zum Teil wirklich in den Dienst am Menschen stellen, die Gefahren auf sich nehmen für dieses Engagement, die ihre primären, eigene Bedürfnisse hinten anstellen. Jetzt steht diese Missbrauchsdebatte im Vordergrund und man tut so, als ob es das einzige wäre. Und ich finde es wirklich wichtig, es passiert sehr, sehr viel gute Arbeit in der Kirche und im Namen der Kirche und ich möchte es nicht missen. Ich bin ausgetreten aus der Kirche und ich spende ungefähr diese Summe der Kirchensteuer, weil ich glaube, dass es eine soziale Verantwortung ist und ich möchte es gut machen. Es gibt noch ein zweites Thema, für das ich eine Lanze brechen möchte: Missbrauch ist furchtbar, aber bei weitem nicht nur ein Kirchenthema. Der weitaus größte Missbrauch passiert in der Familie. Ich habe in 30 Jahren Schulpsychologie damit zu tun gehabt. Familie ist der größte und der schwierigste Bereich. Bei vielen Leuten in der Bevölkerung bleibt nur hängen, der Missbrauch ist ein Kirchenthema, aber so einfach ist das nicht."
Sozialpsychologe Professor Heiner Keupp ist bundesweit einer der besten Kenner der Materie, Mitglied in der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland und selbst Mitautor einschlägiger Studien: "Ich kenne sowohl die Caritas- wie auch die Diakoniearbeit seit vielen Jahren, weil meine wesentlichsten Aufgaben der Aufbau von psychosozialen Hilfssystemen, Sozialpsychiatrie und Beratungsstellen über Jahre waren. Ich werde nie vergessen, wie bei einer Caritasveranstaltung ein Mitarbeiter von der unteren Ebene der Gemeinde erzählte, dass sie in ihrer Arbeit von den klerikalen Oberhirten überhaupt nicht oder kaum wahrgenommen werden. Sie kriegen gelegentlich mal ein freundliches Wort, dabei sind sie eigentlich die Basis der Kirche: Da, wo andere Menschen merken, da ist jemand da, der nimmt sich Zeit für mich, ich bin zwar allein und einsam, aber da kommt jemand jeden Tag oder jeden zweiten Tag und ich habe jemand, mit dem ich über Dinge reden kann, die mir wichtig sind. Und wer macht das? Das macht nicht der Ortspfarrer, das macht nicht der Weihbischof, das machen die Leute aus den Gemeinden. Und warum kommen die so wenig vor? In der Zeit von Willy Brandt mit seinem schönen Spruch "Demokratie wagen" und von Herrn Döpfner, damals ein enger Mitstreiter von Johannes dem XXIII. und heute leider auch auf der Liste derjenigen, die nicht so toll sind, waren Versuche da, auch mehr Demokratie in alle Bereiche hineinzutragen. Das müssen wir heute wieder ernst nehmen."