(Münchner Kirchenzeitung vom 21.10.2018)
Neuerdings werden auch unser Miteinander und unsere Loyalität zur Kirche wieder einmal auf eine harte Probe gestellt. Angesichts des erschütternden Ausmaßes der sexuellen Missbräuche an Kindern und Schutzbefohlenen durch Kleriker möchte man als ehrenamtlicher Laienvertreter schon gelegentlich dieser offensichtlich in ihren Maßstäben verrückten Institution den Rücken kehren und sagen: „Damit hab ich nix zu tun.“
(...) Ich jedenfalls werde diese Verbrechen nicht mit den Umständen rechtfertigen und diese systematischen Machenschaften innerhalb der Kirche nicht mit dem Hinweis auf Sportvereine, weltliche Internate oder gar Familien relativieren. Es ist und bleibt ein himmelschreiendes Unrecht, ein beschämender Skandal besonders für die Nachfolger Jesu, die sich in Persona Christi an den Altar stellen. Als Vater und katholischer Theologe macht mich das wütend und fassungslos.
Dennoch danke ich unserer Diözesanleitung, dass in unserem Bistum seit dem öffentlichen Bekanntwerden der Missbräuche im Jahr 2010 nach meinem Kenntnisstand nichts vertuscht und beschönigt wurde, sondern dass die Vorgänge schonungslos aufgedeckt, die Opfer unterstützt und die Täter nicht nur intern, sondern wo noch möglich auch strafrechtlich belangt wurden und werden. (...)
Handeln ist jetzt gefragt! Nur Betroffenheit ist zu wenig und lediglich Betroffenheit zu heucheln, ist widerwärtig. Wenn die Institution in der Vergangenheit offensichtlich weitgehend auf der Seite der Täter stand, so ist klar, wo unsere Kirche heute zu stehen hat, auf der Seite der Opfer und auf der Seite derer, die niemals mehr zu Opfern werden dürfen. (...)
Als gewählte Laienvertreter werden wir künftig einerseits ein wachsames Auge haben und anderseits mithelfen müssen, das Vertrauen in kirchliche Institutionen wiederaufzubauen. Einfach zur Tagesordnung überzugehen, wird nicht funktionieren. Es braucht endlich eine ehrliche Debatte gerade auch über die sogenannten heißen Eisen und über bislang als sakrosankt geltende Tabuthemen. Da geht es unter anderem um eine ergebnisoffene Diskussion um den Zölibat und um veränderte zeitgemäße Kriterien für den Priesterberuf. Es geht um eine echte Beteiligung von Frauen und Laien an der Macht beziehungsweise an Entscheidungsprozessen in der Kirche. Es geht um eine glaubwürdige, menschenfreundliche Sexualmoral mit einem realistischen Bild von Homosexualität generell und von schwulen Priestern im Besonderen.
Auszug aus dem Bericht von Professor Hans Tremmel vor der Herbstvollversammlung 2018. [Weiter]