Casa Santa Maria
Wer etwas mitteilen will, schickt eine E-Mail oder SMS. Wer reden will, ruft an. Wer etwas schwarz auf weiß dokumentieren will, schreibt einen Brief. Wer sich aber mit jemandem wirklich austauschen will, wer ihn kennenlernen will, um zu erfahren wie und warum er so denkt, wie er eben denkt, wer sich vom anderen anregen lassen oder ihn auch zum Nach- oder Umdenken bewegen will, der kommt um eine persönliche Begegnung von Angesicht zu Angesicht nicht herum.
Persönliche Begegnung ist mehr als nur ein lockerer Small-Talk, ein förmliches Treffen in einem Lokal oder ein geschäftsmäßiges Meeting in einem Tagungshaus. Natürlich können sich auch daraus wunderbare Gespräche entwickeln, können spontane Verabredungen und herzerfrischende gesellige Runden entstehen. Aber wenn man das nicht dem Zufall überlassen möchte, dann braucht es eine privatere Atmosphäre, den richtigen Ort, die richtige Form, die richtigen Rahmenbedingungen. Für gezielte nachhaltige Begegnungen muss man schon etwas investieren – Zeit, Energie und manchmal auch Geld. Aber die Mühe lohnt sich, weil nur durch echte Begegnung sich Menschen und Strukturen positiv verändern lassen und weil nur durch sie gute Beziehungen und engagierte Solidargemeinschaften entstehen können.
Einen zunächst ungewöhnlichen, aber sehr gelungenen Ort der Begegnung hat die Erzdiözese mit ihrem Haus in Rom geschaffen. Davon überzeugen konnte sich der Vorstand des Diözesanrates neulich bei seinem ersten Besuch der Casa Santa Maria. Neben der Besichtigung und gewissermaßen der Inbesitznahme „unseres“ Hauses, diente die Reise konkreten Gesprächen mit Mitarbeitern der Kurie im eigenen Haus und dem Besuch von Einrichtungen und Projekten, die für die Vertreter des Laienapostolats interessant und für die Arbeit wichtig sind. Ortskirche trifft Weltkirche, so könnte man die Reise überschreiben. Und bekanntermaßen bildet Reisen. Sehr schnell wurde klar, dass vieles, was in unserer Erzdiözese zur Selbstverständlichkeit geworden ist, in Rom keineswegs auf Anhieb verstanden, geschweige denn gewürdigt wird. Was ein demokratisch gewählter Pfarrgemeinderat, Dekanatsrat oder Diözesanrat ist, welche Bedeutung unsere Verbände haben, das musste einigen Gesprächspartnern erst erklärt und mit Beispielen veranschaulicht werden. Die strukturelle und institutionelle Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und nach der Würzburger Synode hat in Deutschland zu einer gewissen Sondersituation geführt, die von manchen nicht nur in Rom durchaus mit Argwohn betrachtet wird, weil sie die Chancen nicht begreifen, die darin stecken. Umso wichtiger war es, den römischen Gesprächspartnern authentisch zu zeigen, dass die Laien in Deutschland gemeinsam mit den Brüdern im kirchlichen Amt konstruktive Verantwortung für Kirche und Gesellschaft übernehmen wollen und können – und dass sie ebenso fromm wie politisch engagiert sind. Andererseits war es spannend zu erfahren, wie Weltkirche funktioniert und wie die Kurie „tickt“. Vieles kann aus einer anderen Perspektive ja legitimer Weise unterschiedlich gesehen werden. Tief beeindruckt waren die Münchner von der Arbeit des Kinderschutzzentrums an der Päpstlichen Universität Gregoriana und vom wahrlich not-wendigen Engagement des Centro Astalli, des Flüchtlingsprojekts der Jesuiten. Gerade auch diese Kontakte können nun verstetigt werden. Die Casa Santa Maria bietet beste Voraussetzungen dafür. Möglichst viele sollten das Haus nutzen.
Der Vorstand des Diözesanrats nach dem Gespräch mit dem Jesuitenpater Prof. Dr. Hans Zollner, dem Präsidenten des Kinderschutzzentrums (Centre for Child Protection, CCP), vor der Päpstlichen Universität Gregoriana.