Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 15.02.2015

Mit Publikumsjoker
 
Das ganze Leben sei ein Quiz, sang Hape Kerkeling einmal. Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber manche Parallelen kann man durchaus erkennen. Denken wir beispielsweise an den Vatikan und gleichzeitig an die beliebte Quizshow „Wer wird Millionär?“. Wer bei Günther Jauch die Antworten selber nicht weiß oder wer sich nicht so ganz sicher ist, der braucht einen Joker. Klug ist, wer die Joker an der richtigen Stelle einsetzt und vorher durch Wissen, Intelligenz und Erfahrung die entscheidenden Hürden eigenständig nehmen konnte. Dumm ist, wer die Joker sinnlos vergeudet. Richtig dumm aber kommt rüber, wer sich auf dem Stuhl blamiert, weil er Antworten schuldig bleibt, die man in den Augen der Fernsehzuschauer selbstverständlich wissen müsste. Unsäglich peinlich wird es jedoch, wenn man auf Hilfe verzichtet, um mit Arroganz die völlig falsche Antwort auf eine Frage zu geben, die gefühlte 95 Prozent der Anwesenden ohne zu zögern richtig beantwortet hätten.
Manchmal steht man aus welchen Gründen auch immer auf dem berühmten Schlauch, aus Nervosität oder aufgrund von Denkblockaden, die man sich nachher nicht recht erklären kann. Die Unsicherheit steigt mit jeder noch so hilfreichen Bemerkung des Moderators. Und dann macht man im Quiz, was man in so einem Fall eben sinnvollerweise tun sollte, man holt sich die Bestätigung des Auditoriums für die Antwort, auf die man in einer anderen Situation auch leicht selber hätte kommen können. Man befragt gleich das gesamte Publikum und nicht nur einige wenige vermeintliche Experten. Nicht selten stellt sich dann Erleichterung ein, weil bestätigt wird, was man selber schon stark vermutet hatte. Die letzte Gewissheit wird erreicht, wenn die gegebene Antwort grün aufleuchtet.
Natürlich hinkt dieser Vergleich. Und natürlich ist die hochehrwürdige Institution Kirche nicht wirklich mit einer Quizshow zu vergleichen. Und natürlich sind die Fragen im realen Leben wesentlich bedeutsamer. Aber der Vatikan hat es schon wieder getan, er hat erneut das Publikum, sprich die Gläubigen, befragt über Ehe, Familie und Sexualmoral. Der Papst hat abermals einen Fragebogen ohne wissenschaftlich fundierte Erhebungsmethoden verschicken lassen. Wer seine Biografie liest, der erkennt dennoch die klare Absicht dahinter, denn Franziskus hat durchaus Erfahrung mit Fragebögen. Er will ehrliche, ungeschönte Antworten von den Menschen an der pastoralen Basis und natürlich vom Gottesvolk. So will er als Hirte den Geruch der Schafe annehmen.
Viele Statements werden in den nächsten Monaten eingehen, zahlreiche Argumente werden ausgetauscht und kontrovers diskutiert, vor und während dieser großen Bischofssynode. Vielleicht werden im Herbst dann ja noch der Telefon- und der Fifty-Fifty-Joker zum Einsatz kommen. Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, welche Richtung die Oberhand gewinnt, welche Position sich herauskristallisiert. Ganz egal, in Rom wie in der Quizshow entscheidet am Ende nicht die Mehrheit, sondern allein der Mensch auf dem Stuhl, trotz aller Joker, trotz aller Hilfen. Die Entscheidung wird ihm nicht abgenommen und allzu langes Zaudern wird nicht goutiert. Franziskus muss endlich auch eine Antwort einloggen. Gemeinsam mit ihm hoffen wir inständig, dass es grün aufleuchten wird. Denn die Kirche braucht in dieser Thematik dringend wieder theologische Glaubwürdigkeit und die Menschen brauchen eine lebbare und zumindest für die meisten nachvollziehbare Lösung.
Tremmel
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