Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 21.09.2014

Leben bis ganz zum Ende

Henker gibt es hierzulande nicht mehr. Auftragskiller stehen nicht im Branchenbuch. Soldaten und Polizisten haben das Töten allenfalls als Ultima Ratio in der Stellenbeschreibung. Und Ärzte, die gezielt töten, rechtfertigen dies insbesondere bei Abtreibungen mit dem Schutz eines noch höheren Gutes. Das Lebensrecht jedes einzelnen und der Menschenwürdeschutz sind in unserem Staat so zentral, dass das Töten von Menschen ethisch kaum und wenn, dann nur in ganz engen Grenzen rechtfertigungsfähig ist. Diese Grenzen drohen ausgedehnt zu werden, wenn der Bundestag bald ein allzu weites Sterbehilfe-Gesetz verabschieden sollte.
Nicht immer uneigennützig propagieren sogenannte Sterbehilfeorganisationen unter dem Deckmantel der Liberalität und der Humanität medienwirksam die Hilfe bei der Selbsttötung als Gnadenakt der Freiheit und der Barmherzigkeit. Dadurch ist eine schleichende Akzeptanz in unserer Bevölkerung zu verzeichnen und eine zunehmende Bereitschaft von Ärzten, Juristen und Politikern, das Betreten dieser schiefen Ebene rechtlich zu ermöglichen.
Aktuelle Meinungsumfragen zeigen, dass vor allem zwei Ängste die Befürworter der aktiven Sterbehilfe bewegen – die Angst vor großen Schmerzen und die Angst, zum unselbständigen Pflegefall zu werden. Grundsätzlich sind beide Ängste verständlich. Niemand sollte den Stab über Menschen brechen, die diesen Ängsten im Ernstfall entfliehen wollen oder die aus Empathie heraus ihren Lieben dabei helfen, selbstbestimmt ihr eigenes Ende zu setzen. Existentielle Notlagen und Lebensüberdruss sind oft subjektiv und manchmal nicht nachvollziehbar. Gerade bei älteren Menschen kommt nicht selten der heimliche Wunsch dazu, niemandem zur Last zu fallen und die Erbschaft nicht selber durch die eigenen Pflegekosten aufzubrauchen.
Die persönliche Situation prominenter Befürworter der aktiven Sterbehilfe muss respektiert werden. Sie darf aber keineswegs als Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung dienen. Menschen in Würde sterben lassen oder um der Menschenwürde willen töten bzw. beim Suizid assistieren? Zwischen diesen Polen bewegt sich die Debatte. Was ist sinnvoll, was ethisch und rechtlich erlaubt? Es braucht eine breite Aufklärung über Schmerzlinderung und menschenwürdige Pflege, um das Thema zu versachlichen und Ängste abzubauen. Die Politik sollte vermehrt Energie in den Ausbau echter Hifesysteme und besserer Rahmenbedingungen stecken, statt die aktive Tötung von Menschen zu regeln. Denn in Palliativstationen und Hospizen leisten Ärzte, Pflegekräfte, Seelsorger und Ehrenamtliche bereits Großartiges. Sie und vor allem die Angehörigen brauchen Unterstützung, damit Menschen am Sterbebett sich nicht alleine gelassen fühlen. Es geht um einen würdevollen Abschied aus dem Leben, nicht um die Flucht in den Tod.
Tremmel
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