Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 18.05.2014

Mit Christus Brücken bauen

Wächst nun endlich zusammen, was nach dem Willen echter Demokraten tatsächlich zusammen gehört oder verhindern die nationalen und gruppenspezifischen Egoismen nachhaltig die Einheit Europas? Europaskeptische Populisten haben jetzt, kurz vor den Wahlen, ein leichtes Spiel, denn die verantwortlichen Politiker begehen durchaus nicht kleinzuredende Fehler. Die scheinbar überbordende Bürokratie mit ihrer gefühlten Regulierungswut und die Finanz- und Wirtschaftskrise tun ihr Übriges. Obwohl es nicht stimmt, meinen hierzulande deshalb viele, die EU würde uns mehr Nach- als Vorteile bringen und die anderen Völker lägen dem deutschen Steuerzahler übergebührlich auf der Tasche. Erste Erfolgsmeldungen aus Griechenland kontrastieren mit der nach wie vor erschreckenden Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Mitgliedsstaaten und dem sozialen Elend in den neu dazugekommenen Ländern.

Was hält diese Union in ihrem Inneren zusammen? Was macht die Bürger wirklich zu einer Gemeinschaft? Ist es die Währung, der wirtschaftliche Nutzen, der Wohlstand, gar der Profit möglichst vieler? Oder gibt es da noch mehr? Wie christlich ist das sogenannte christliche Abendland? Diese Frage darf und muss gestellt werden. Aber das Christentum ist keine Kampf-Ansage, sondern eine Werte-Zusage. Solidarität, Subsidiarität und Personalität, Gerechtigkeit und Menschenwürde, Nächsten- ja sogar Feindesliebe sind die zentralen Prinzipien, auf denen unsere christliche Botschaft ruht. Und deshalb kann mit einigem Recht behauptet werden, Europa sei christlicher denn je. Denn inzwischen hat das Christentum starke Verbündete, nämlich freiheitlich-demokratische und soziale Rechtsstaaten, denen es qua Verfassungen um das Wohl des einzelnen Menschen gehen muss, nicht primär um Völker, Nationen oder Interessensgruppen. Diese Grundausrichtung teilen Demokratie und Christentum. Nach zwei verheerenden Weltkriegen mit vielen Millionen Toten hat Europa dazugelernt und zumindest bei uns einen jahrzehntelangen stabilen Frieden sichergestellt. Aber in diesem Lernprozess gibt es noch erheblich Luft nach oben. Wir Europäer tragen eine ganz besondere Verantwortung für die Welt und zwar aus einem entscheidenden Grund – schlicht, weil wir es können. Als Christinnen und Christen dürfen wir in der Verantwortungsübernahme nicht Abseits stehen.

Mit Christus Brücken bauen, das gilt im Mai nicht nur für den 99. Katholikentag in Regensburg, sondern auch für uns Christen bei der Europawahl. Wir tun dies nicht gegen andere – nicht gegen andere Religionen, Nationalitäten, Weltanschauungen oder Lebensentwürfe. Sondern wir tun dies, weil wir zutiefst überzeugt sind, dass es um den Menschen geht, um jeden einzelnen. Das vor allem macht uns zu einer starken, attraktiven und sympathischen Gemeinschaft.
Tremmel
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