Diözesanrat der Katholiken

Demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolkes.
Der Diözesanrat repräsentiert mehr als 125.000 ehrenamtlich in Katholikenräten, Verbänden und Initiativen aktive katholische Frauen und Männer. Zu den Aufgaben des Diözesanrats gehört es, das wirtschaftliche, familiäre, gesellschaftliche und politische Umfeld so mitzugestalten, dass der Mensch gedeihen und sich entfalten kann.

Münchner Kirchenzeitung vom 20.04.2014

Wartezeit

Deutschland sucht den Superstar, das Supertalent, das Supermodel, das Superhirn, die Superstimme. Jahr für Jahr sucht Deutschland in den verschiedensten Disziplinen seinen Meister – im Sport, im Handwerk, in der Wissenschaft. Bisweilen geht man über den Jahreszyklus hinaus und es wird der Sportler des Jahrhunderts oder gar der größte Deutsche aller Zeiten gesucht.

Natürlich hinkt der Vergleich, aber ähnlich erging es dem Volk Israel vor zweitausend Jahren. Auch sie haben den Besten der Besten, sie haben ihren Superstar gesucht. Zugegeben, sie hatten andere Bezeichnungen und sie haben so viel mehr mit ihm verbunden, als wir das heute mit unseren vermeintlichen Idolen tun. Sie haben nicht irgendeinen gesucht, sondern ihn – den Heilbringer, den Retter, den Erlöser, den Befreier, den König, den Messias. Und sie haben ihn voller Sehnsucht erwartet. Generation um Generation haben sie im Advent gelebt, in der Hoffnung auf seine Ankunft.

Die Anhänger Jesu waren überzeugt, sie hätten ihn endlich gefunden. Aber was haben sie bekommen? Diese elende Karikatur von einem Superstar, diesen jämmerlichen Mann am Kreuz. Was sollten Sie mit so einem anfangen? Erst die armselige Geburt und nun dieser Verbrechertod. Das konnte es ja wohl nicht sein. Selbst Petrus, der Fels, kam ins Zweifeln und hat bekanntlich dreimal geleugnet, mit diesem Menschen überhaupt bekannt zu sein. Dann musste das Warten und Suchen eben weitergehen.

Der Blick zum Propheten Jesaja aber zeigt uns im vierten Lied vom Gottesknecht, dass es – so paradox und absurd es klingen mag - wohl genau dieser zerschlagene Schmerzensmann sein musste, der, wie es in der Schrift heißt, die ganze Welt erlöst. Nicht das Leid, der Tod, das Kreuz haben das letzte Wort, sondern das leere Grab und die Botschaft vom Auferstandenen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Es ist wirklich wahr, unser Suchen hat ein Ende, nicht jedoch unser Warten. Wir warten aktiv auf die Wiederkehr unseres Herrn.

Jetzt in der vorösterlichen Bußzeit sollten wir uns daher gelegentlich bewusst machen, wo wir Christus genauso verleugnen wie Petrus. Jeder von uns trägt nämlich Mitschuld, wenn ein Zerrbild von Christus und seiner Kirche entsteht und weitergetragen wird. Oft finden wir dafür Ausreden – in den Umständen, die uns zu einem bestimmten Handeln zwingen; in den Medien, die uns mit ihren subtilen Methoden manipulieren; in der Gesellschaft, die uns Werte vorgibt, die wir ablehnen, die uns aber dennoch zum Nacheifern animieren. In dieser Situation ist Umkehr und Zeugnis gefordert, denn die Freude der Auferstehung, die Befreiung durch die christlichen Heilsbotschaft, die Hoffnung in einer oft trostlosen Welt, das müssen wir leben und anderen erfahrbar machen. Nichts weniger ist unser Auftrag in dieser österlichen Zeit des Wartens.
Tremmel
Logo Münchner Kirchenzeitung