Himmlische Wohnung
Wem ein Taifun das Dach über dem Kopf weggerissen hat, wem Hochwasser das Haus ruiniert hat oder wer aufgrund der politischen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Situation sein Heimatland verlassen musste, der liest das Weihnachtsevangelium von der Herbergssuche sicherlich mit ganz anderen Augen. Da mutet es in der Region um München schon fast harmlos an, wenn die Immobilienpreise und die Wohnungsknappheit manche Menschen, insbesondere Familien, schier zur Verzweiflung treiben. Die Not von Menschen sollte nicht gegeneinander ausgespielt und nicht relativiert werden. Guter und bezahlbarer Wohnraum ist überall ein wertvolles Gut, das man um so mehr zu schätzen weiß, je knapper es ist oder gar fehlt.
Wohnungssuche ist in vielerlei Hinsicht ein Thema für den Advent. Nicht nur im ganz realen Leben, sondern auch im übertragenen Sinn geht es jetzt so kurz vor Weihnachten um unsere Sehnsucht nach wirklicher Herberge. Der Evangelist Johannes gibt uns für unsere Wartezeit ein wunderbar tröstendes Jesuswort: „Glaubt an Gott, und glaubt an mich! Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“
Falls wir den Advent theologisch richtig deuten, dann warten wir Jahr für Jahr auf genau diese Wiederkehr, um mit ihm beim Vater unsere endgültige Heimat zu finden. In der Gewissheit, wie die Emmausjünger vom Herrn selber begleitet zu werden, ohne es in jeder Situation tatsächlich zu begreifen, gehen wir als pilgerndes Volk Gottes Christus entgegen. Trotz aller Bemühungen können wir jedoch nichts erzwingen. Denn unser Ziel, unsere Ankunft, ist erst erreicht, wenn er wiederkommt in Herrlichkeit, so wie wir das bei jeder Eucharistiefeier bekennen.
Die Aussicht auf die himmlische Wohnung mag tröstlich sein, die Maklergebühr jedoch ist nicht zu unterschätzen. Christsein gibt es nicht zum Nulltarif. Die Währung ist nicht Geld, auch nicht die strenge Erfüllung dogmatischer Vorschriften, sondern allein die Liebe. Die Liebe zu Gott und zum Mitmenschen und die Verantwortung für die menschlichen Strukturen und für die Schöpfung sind der verlangte Mietzins. Sind wir bereit diesen zu zahlen? Wenn ja, dann lasst uns hoffnungsvoll und freudig die Menschwerdung Gottes feiern. Und wenn wir in diesem Jahr liebe Menschen verloren haben, dann soll die Aussicht, dass sie in den himmlischen Wohnungen mit Christus auf uns warten, unser Trost sein. Sein Licht leuchtet über Bethlehem und über Golgota. Zünden wir also Kerzen an am Christbaum und an den Gräbern unserer Lieben. Denn Weihnachten ist ohne Ostern nicht zu Ende gedacht.