Unverzichtbar
Manches erscheint uns so selbstverständlich und vertraut, dass wir es erst wieder bewusst wertschätzen, wenn es in Frage gestellt oder wie in diesem Fall ausdrücklich erlaubt wird. Als die katholische Nachrichtenagentur meldete, dass bei den Gottesdiensten mit Papst Benedikt in Deutschland auch Mädchen ministrieren dürften, ohne dass eine eigene Genehmigung aus Rom eingeholt werden müsse, war das den wenigsten Zeitungsjournalisten eine Schlagzeile wert. Warum auch, das wäre ja noch schöner. Der Nachrichtenwert einer dauergrün geschalteten Ampel auf einer Vorfahrtsstraße tendiert gegen Null.
Dennoch bietet die KNA-Meldung Anlass, dankbar auf den Dienst von Tausenden von Mädchen zu blicken, die täglich mithelfen, unsere Eucharistiefeiern schön und würdevoll zu gestalten. Über 400.000 Ministrantinnen und Ministranten gibt es in Deutschland. Längst sind dabei die Mädchen und jungen Damen mit ihrem Ehrenamt nicht mehr aus dem Leben unserer Pfarrgemeinden wegzudenken. Ministrantinnen und ihre männlichen Pendants gelten als tragende Säule in der kirchlichen Jugendarbeit. Die Gruppenstunden sind integraler Bestandteil im wöchentlichen Alltag von vielen Kindern und Jugendlichen. Vor allem die Minifreizeiten und Miniwallfahrten werden als Höhepunkte in ihrer Jugendbiographie erlebt. Dort entstehen bisweilen Freundschaften, die ein Leben lang halten. Bindung zu einer Gruppe und nicht zuletzt zu einer Kirche, die es gerade Jugendlichen nicht immer leicht macht, wird hier grundgelegt. Über den Dienst am Altar wachsen Jungen und eben auch Mädchen ganz natürlich in weitere unverzichtbare Aufgaben der Kirche hinein. Die Ministrantenerfahrung ist häufig auch die Initialzündung für ein späteres berufliches Engagement im kirchlichen Dienst.
Gleichwohl ist die Entwicklung zu weiblichen Messdienerinnen so automatisch nicht abgelaufen wie vielleicht vermutet. Es hat bis 1994 gedauert, bis den Ortsbischöfen offiziell das Recht zugebilligt wurde, in ihren Diözesen auch Mädchen zum Dienst am Altar zuzulassen, obwohl das vielfach längst Usus war. Die Änderung der jahrhundertealten Praxis wurde mit pastoraler Klugheit begründet. Wer jedoch den Ministrantendienst nach wie vor als Vorbereitung auf das Priestertum sieht, hat mit der Zulassung von Mädchen seine Probleme, vielleicht aber generell mit Frauen in der Kirche. Pfarreien, in denen nur Jungen dienen, sind inzwischen eine absolute Ausnahme, denn Ministrantinnen sind längst so normal wie Ministerinnen.
Den Verantwortlichen der Kirche möchte man daher zurufen: Montiert die grüne Ampel ab und schraubt ein Vorfahrtsschild an ihre Stelle, Ministrantinnen gehören wie das Amen in die Kirche! Den Mädchen sei gesagt: Kommt, wir brauchen euch und wir werden alles tun, dass ihr Freude habt an dieser ehrenvollen Aufgabe!