Junge Familien nicht überlasten
Deutschland ist aufgeschreckt. Mit verspäteter Zurkenntnisnahme der demographischen Realitäten spüren jetzt viele, dass es nicht ohne Folgen für eine Land bleibt, wenn die Familie an Bedeutung verliert und Kinder zu haben zu einem Minderheitenstatus führt. Die Ursachen sind vielfältig. Da ist zum einen die Einkommenssituation der Familien. Nach wie vor liegt das Pro-Kopf-Einkommen in einer vierköpfigen Familie um mehr als ein Drittel niedriger als das Pro-Kopf-Einkommen kinderloser Paare. Bei drei Kindern sinkt der materielle Lebensstandard um mehr als die Hälfte. In diesem Kontext sind Dis-kussionsbeiträge wie der, dass das Kindergeld für Kinder aller Altersstufen gekürzt wer-den solle, um damit kostenlosen Kindergartenbesuch zu finanzieren, auch eine Form von Wahrnehmungsverweigerung der Finanzsituation in Familien.
Dies gilt auch für die vielfältigen politischen Wortmeldungen, die da behaupten, die Di-rektförderung der Familien müsse in Frage gestellt werden, sie sei wenig zielführend und müsse zugunsten der Finanzierung von Familien-Ersatzinstitutionen zurückgefahren wer-den. Als katholische Laienorganisation sollten wir daran festhalten, dass bei aller Not-wendigkeit des Ausbaus von Kindertagesstätten die Freiheit der Eltern, ihre Kinder auch selbst in den ersten Jahren zu erziehen, nicht untergraben wird. Wir müssen uns gegen eine Politik wehren, die über die Lenkung von Finanzströmen die Freiheit der Eltern ein-schränkt und meint, sie wüsste besser, wie Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden.
Ein besonderes familienpolitisches Problem ergibt sich in der nötigen Reform des Ren-tensystems. Die vergangenen Bundesregierungen haben es vermocht, die Anerkennung von Erziehungszeiten im Rentenrecht zu verankern. Daran darf nicht gerüttelt werden. Dieses Instrument der Berücksichtigung der Kindererziehung im Rentenrecht ist an das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung gebunden. Über dieses Verfahren wird im Lauf der nächsten Jahrzehnte nur noch ein Teil der Alterssicherung zu finanzie-ren sein. Alle, die mittleren Alters sind oder ihre Berufstätigkeit beginnen, sind angehal-ten, neben der gesetzlichen Rente eine kapitalfinanzierte Zusatzrente aufzubauen. In drei Jahrzehnten muss über diese kapitalfinanzierte Rente sicher mehr als ein Drittel des Alterseinkommens erzielt werden.
Für die junge Familie ergibt sich damit eine Überlastung. Auf diesem Hintergrund ist an das Sozialwort der beiden Kirchen von 1997 zu erinnern. Dort wird zum Ausdruck ge-bracht: Eltern dürfen im System der sozialen Sicherheit, vor allem in der Renten- und Pflegeversicherung, nicht diskriminiert werden.