Guter Rat ist teuer
Im Deutschen gibt es eine sprichwörtliche Redewendung. Wir gebrauchen sie in Situatio-nen der Ratlosigkeit, wenn wir nicht so recht weiter wissen: »Guter Rat ist teuer«. Ein alter Spruch – ein Spruch aber, der in diesen Tagen eine völlig neue Deutung erfährt. Wir müssen uns nicht länger um den guten Rat sorgen. Er ist zwar wahrlich teuer. Dennoch, wir haben ihn. Wir haben die allzuständige Unternehmensberatung.
Was hat man sich in seinen jungen Jahren gequält, ob man den Beruf des Arztes, des Hochschullehrers oder des Pfarrers anstreben, ob man Jura, Volkswirtschaft oder Theo-logie studieren oder nicht gleich Politik als Beruf ergreifen sollte. Heute wäre man der Qual der Wahl enthoben. Der Beruf, der alles umgreift, der den modernen Tendenzen der Spezialisierung trotzt, in dem man allen alles werden kann, scheint im Beruf des Un-ternehmensberaters Realität geworden zu sein. Man ist wieder mal zu früh geboren. Und wie falsch ist das Wort von der Gnade der frühen Geburt.
Ich stelle mir vor, welche Vielfalt an Berufschancen mir dadurch entgehen. Gestern hät-te ich das Glück gehabt, das Unternehmen MTY mit seinen Raumfahrtproblemen auf den Weg gebracht zu haben, um anschließend den Fernsehsender RTY mit seinen veralteten Kommunikationsstrategien auf Vordermann zu bringen. Heute würde ich meinen teuren Rat der Bundesanstalt für Arbeit angedeihen lassen, von der wir wissen, dass sie den Sprung von der Anstalt zur Agentur bewältigen muss – eine schier unlösbare Aufgabe, gä-be es mich, den Unternehmensberater, nicht. In Nürnberg müsste ich mich freilich beeilen. In Berlin warten nämlich einige Bundesminister auf meinen Beistand. Ich denke, ich sollte aus der Warteschlange die Frau Gesundheitsministerin vorziehen. Morgen werden mich die Arbeitsabläufe im Großklinikum Kleinlappen unter dem Stichwort »Patientennähe« beschäftigen. Dafür wird es übermorgen etwas leichter. Ich darf ins beschauliche Niederbayern. Donauabwärts könnte ich einige Klöster aufsuchen, um deren suboptimale Vermarktung der benediktinischen Spiritualität zu beheben. Anschließend wartet man weiter östlich auf meine Weisung; nicht, was den Bierausstoß der diözesaneigenen Brau-erei betrifft. Nein, es geht um die Zukunftsfähigkeit des Ganzen. Die Kernkompetenzen des Unternehmens stehen auf dem Prüfstand. Das pastorale Konzept mit den Grundsätzen des Dienstleistungsmarketing abzugleichen, wird eine meiner reizvollsten Aufgaben werden. Die Schwerpunkte meiner Arbeit werden im Bereich des Markenmanagements und der Kundenorientierung liegen. Vielleicht sollte ich aber wie in Nürnberg den Paradigmenwechsel von der Anstalt zur Agentur empfehlen: der Kirchenkunde als Agent und als Werbeträger? Warum nicht?