„Das Kreuz ist mein Buch“
In diesem Jahr fällt das Fest des Hl. Bruder Konrad von Parzham auf den Dienstag nach dem Weißen Sonntag. Es jährt sich auch zum 75. Mal der Tag seiner Heiligsprechung. Seine niederbayerischen Landsleute im Rotttal haben ihn immer als einen der Ihren angesehen. Von Papst Pius XI. wurde er 1930 seliggesprochen. Am Pfingstfest des Jahres 1934 wurde er heiliggesprochen. Die Erhebung zur Ehre der Altäre hat ihn aber in keiner Weise entrückt. Um ihn hat sich auch kein Heiligenkult gebildet, der sich zwischen den Heiligen und uns Heutigen hätte schieben können. Der Bruder Konrad hat gar nichts Heroisches, nichts Besonderes an sich. Aber gerade wegen dieser Schlichtheit verehren ihn die Leute.
Es gibt über ihn nicht irgendwelche außerordentlichen Dinge zu berichten. Bevor er seinen Klosternamen erhielt, hieß er Hans Birndorfer. In der Nähe von Bad Griesbach wurde er 1812 geboren und wuchs mit elf Geschwistern im elterlichen Bauernhof auf, der seit eh und je bei den Einheimischen Venushof genannt wird. Er arbeitete zu Hause, bis er im Alter von 37 Jahren als Bruder in den Kapuzinerorden eintrat. Von da an lebte er im Altöttinger Kloster St. Anna. 41 Jahre lang saß er hier als Pförtner am Klostereingang. Ratsuchende kamen zu dem wortkargen Mann. Vor allem aber die Armen: Sie bekamen Trost und Brot. Das Brot schien im nie auszugehen. Die Alten im Rotttal erzählen heute noch, was sie von ihren Eltern, die den Bruder Konrad ja noch erlebt hatten, gehört haben: Nicht wenige Bauern, die damals zur Mutter Gottes wallfahrteten, hatten nicht nur ihre Sorgen im Gepäck. Im Rucksack hatten sie auch einen Laib Brot für den Bruder Konrad dabei, damit dieser den Armen gegenüber nicht mit leeren Händen dastehe. Das Brot ist auf vielen Bildern ein Erkennungsmerkmal des Bruder Konrad.
Was möglicherweise viele nicht wissen ist, weshalb der Bruder Konrad mit dem Kreuz dargestellt wird, das er betrachtend in der rechten Hand hält. Das deutet auf einen der wenigen Sätze hin, die von ihm wörtlich überliefert sind. Auf das Kruzifix blickend soll er gesagt haben: „Das Kreuz ist mein Buch.“ So hat es ihm in den unendlich langen Stunden des Pförtnerdienstes an „Lesestoff“ nicht gemangelt. So wie ihm auch das Brot für die Armen nicht ausgegangen ist.