Einer reichen Tradition erfreut sich in Bayern der Josefitag am 19. März. Der Namenstag des heiligen Josefs steht nicht nur bei den Arbeitern und Handwerkern, insbesondere den Zimmerleuten und Schreinern, hoch im Kurs, deren Patron er ist. Grund zum Feiern und zur Freude haben auch alle, die Josef oder Josefine heißen. Die Wendelsteinbahn lädt sie an diesem Tag beispielsweise zu einer Gratisfahrt auf den Gipfel ein. Und im Bräustüberl des Klosters Andechs können sich alle Josefs und Josefinnen eine Maß besten Klosterbiers zum Nulltarif einschenken lassen. Bis 1968 war der Josefitag im Freistaat sogar gesetzlicher Feiertag.
So sieht das Baumwollbrot aus. (Bild: Johanna Renoth)
Ein ungewöhnlicher und seltener Brauch zum Josefitag steht seit letztem Jahr im Landkreis Berchtesgadener Land wieder hoch im Kurs: das Backen eines Baumwollbrots. Kreisheimatpfleger Johannes Schöbinger und die Leiterin der Landwirtschaftsschule Laufen, Annemarie Hofstetter-Hack, hatten im Vorfeld des Patronatstages Details zur Geschichte und zur Herstellung des Hefegebäcks recherchiert.
Das Baumwollbrot erfreute sich bis vor zwei Jahrzehnten wohl noch größerer Beliebtheit in der Region im Schatten des Watzmanns. Das mit Rosinen versetzte und aus vier Teilen zusammengesetzte Brot aus Hefeteig wurde demnach eigens zum Feiertag gebacken. Für den besonderen Pfiff sorgte eine Glasur aus Puderzucker und Zitronensaft. Die Zimmerleute ließen es vor dem geselligen Verzehr jeweils bei der Festmesse in der Berchtesgadener Franziskanerkirche weihen.
Woher der ungewöhnliche Name kommt, darüber kann auch Kreisheimatpfleger Schöbinger nur Mutmaßungen anstellen: „Vielleicht wurde bei der Namensfindung das Bild der weißen aufspringenden Baumwollkapseln auf den 'aufgehenden' weißen Hefeteig übertragen.“ Ein Anhaltspunkt dafür könnte sein, dass Dampfnudeln regional auch Baumwollnudeln genannt werden.
Kreisheimatpfleger Johannes Schöbinger (Bild: Kilian Pfeiffer)
Das passende Rezept für das Hefegebäck zum Josefitag entwickelte Johanna Renoth, die Betriebswirtin für Ernährungs- und Versorgungsmanagement sowie Fachlehrerin an der Landwirtschaftsschule Laufen ist. Passenderweise ist sie auch Bäckerin, so dass die Abstimmung passender Zutaten kein Problem für sie darstellte. Durch einen Glücksfall fiel im letzten Jahr der Josefitag mit dem Tag der offenen Tür unter dem Motto „Korn und Blüte“ in der Hauswirtschaftsabteilung des Landwirtschaftsamtes in Laufen zusammen. So war es kein Wunder, dass das dort zusammen mit echten Baumwollblüten zum Verkosten vorgestellte Baumwollbrot die „Attraktion des Tages“ war, wie sich Amtsleiterin Annemarie Hofstetter-Hack erinnert.
Ein „echter Renner“, so Schöbinger, waren die wiederentdeckten Baumwollbrote zur gleichen Zeit auch beim knapp 50 Kilometer entfernten Josefimarkt vor der Kirche Maria am Berg in Berchtesgaden. Ehrenamtliche Bäckerinnen hatten dort – neben zahlreichen anderen Bastelwaren, Geschenkideen und Leckereien - für einen guten Vorrat der Vierlinge aus Hefe gesorgt. Mit den Einnahmen aus dem Festmarkt am Josefitag wurden die Renovierungsarbeiten der Kirche mitfinanziert.
Warum das jetzt wiederentdeckte Baumwollbrot vor Jahrzehnten in Vergessenheit geriet, darüber kann auch Annemarie Hofstetter-Hack nur Mutmaßungen anstellen: „Meines Wissens wurden zeitweilig Zimmermannsnägel im Baumwollbrot mitgebacken.“ Offensichtlich ist das dem Backbrauch zum Josefitag nicht so gut bekommen.
Dass der Brauch des Baumwollbrotes aber nicht nur im Berchtesgadener Land für Furore sorgt, zeigt das Beispiel von Silvia Schlegel und Bettina Eder mit ihrer Freundin Christine. Die drei betreiben unter dem Namen „Die Hauswirtschafterei“ einen kleinen Verlag für Koch- und Backbücher in Peiting im bayerischen Pfaffenwinkel. Auf der Suche nach passenden Backrezepten zum Josefitag stießen sie bereits 2015 durch einen alten Pfarrbrief im Internet auf den Brauch des „Baumwollbrotes“.
In einem Blogbeitrag im Internet berichteten sie darüber und stellten gleich noch ein Rezept dazu vor. Ihr dort geäußerter Wunsch „Vielleicht gelingt es uns ja, so einen alten Brauch wieder aufleben zu lassen“ ist ganz offensichtlich auf fruchtbaren Boden gefallen.
Axel Effner, freier Redakteur der Münchner Kirchenzeitung, 2018
Josefitag - Tag des hl. Josefs
Als kirchlicher Gedenktag ist der Josefitag seit dem 10. Jahrhundert bekannt. In römischer Zeit fiel auf diesen Tag das Fest der Minerva, der Göttin der Handwerker. Mit dem Fest des Heiligen Josef wurde dieser Tag in die christliche Tradition integriert.
Im 14. Jahrhundert förderten vor allem die Franziskaner die Verehrung des Heiligen Josef. Seit 1729 ist der Festtag für die ganze katholische Kirche vorgeschrieben. Papst Pius IX. ernannte Josef 1870 zum Patron der ganzen katholischen Kirche. Das Fest "Heiliger Josef, der Arbeiter" am 1. Mai wurde 1955 als Gedenktag eingeführt. Bis 1968 war der Josefitag in Bayern gesetzlicher Feiertag.
Mit dem Josefitag war auch lange Zeit ein reiches Brauchtum verbunden. Mädchen bekamen Blumensträuße, die bei der Suche nach dem richtigen Ehemann helfen sollten. Frisch verheiratete Ehepaare trugen an diesem Tag sogenannte Josefsringe, um die eheliche Treue besonders zu schützen. „Josef“ zählt bis heute zu den Vornamen, die weltweit sehr stark verbreitet sind. Weit über hundert verschiedene Varianten des Namens - zum Beispiel auch in vielen asiatischen Sprachen – kann man heute nachweisen.