Nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin studierte Sabrina Brey katholische Theologie. Als Gemeindereferentin freut sie sich, mit Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen in Kontakt zu sein - und sieht sich als "Markenbotschafterin".
Mein Name ist Sabrina Brey, und ich arbeite als pastorale Mitarbeiterin im Pfarrverband Obergiesing. Gebürtig stamme ich aus Osnabrück. Nach einer Ausbildung zur Erzieherin habe ich dort katholische Theologie studiert. Die Entscheidung dazu kann ich auf kein einzelnes, vielleicht sogar spirituelles Erlebnis zurückführen. Für mich waren es vor allem ganz unterschiedliche Menschen, die mich in meinem Glauben geprägt haben – und das hört auch bis heute nicht auf. In der Gesamtschau haben sie in meinen Augen gemeinsam, dass sie an einen lebensbejahenden und liebenden Gott glauben. In diesem Glauben liegen für sie Sinn, Halt und eine Bereicherung für ihr Leben. Sie alle haben für sich Wege gefunden, um zeitgemäß Christinnen und Christen zu sein.
Nach sieben Jahren in der Schulseelsorge ohne die klassische pastorale Ausbildung, die normalerweise an das Studium anschließt, habe ich mich entschieden, mich als Quereinsteigerin auf die zweite Dienstprüfung der Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten vorzubereiten. Ich arbeite noch immer gern mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Gleichzeitig freue ich mich, jetzt auch in anderen Handlungsfeldern unterwegs und mit Menschen in den unterschiedlichen Lebenssituationen in Kontakt zu sein: morgens in der Schule, nachmittags im Teamgespräch mit den Kolleginnen und Kollegen und abends vielleicht noch bei einem Trauergespräch. Das ist die ganze Bandbreite menschlichen Lebens, und ich finde, es ist ein großes Privileg, auf manchen Streckenabschnitten ein Teil davon sein zu dürfen.
"Ich möchte versuchen, ein Teil der Lösung zu sein"
Dabei erlebe ich häufig Situationen, in denen es Verwunderung auslöst, wie ich als Frau heute noch für die katholische Kirche arbeiten kann. Viele der kritischen Fragen und Irritationen kann ich gut verstehen. Ziemlich zu Beginn meines Studiums wurde erstmals das Ausmaß der Missbrauchsfälle in der Kirche für die Öffentlichkeit wahrnehmbar. Ich erinnere mich noch, wie erschüttert wir Studierenden und auch die Lehrenden waren.
Mir hat damals ein Statement meines Professors für das Alte Testament sehr geholfen. In einer Vorlesung kurz nach Veröffentlichung der ersten Fälle sagte er so etwas wie: „Ich kann absolut verstehen, wenn Sie jetzt alle gleich alle zum Studierendensekretariat gehen und sich exmatrikulieren. Es ist ihre Entscheidung, und es wäre ein starkes Zeichen. Aber wenn ich Sie um etwas bitten darf, dann bitte ich Sie, das nicht zu tun, sondern stattdessen etwas zu verändern, indem Sie bleiben.“
Das gilt bis heute. Zum Beispiel wenn ich sehe, wie langsam Veränderungen geschehen oder wie viele Menschen sich in der Kirche nicht willkommen fühlen. Ich habe eine bewusste Entscheidung getroffen und möchte versuchen, ein Teil der Lösung zu sein. Wie diese aussieht, ist für mich noch ganz offen. Das muss man aushalten wollen.
Meist ist es schon diese Haltung, die Menschen in meinem privaten und beruflichen Umfeld positiv überrascht. „Ach, so hätten wir uns jemanden, der für die Kirche arbeitet, gar nicht vorgestellt.“, höre ich dann oft. Ich sage dann: „Ich schon.“ Denn wenn man Teil des Systems ist und die Filterblase auf „kirchlich“ eingestellt ist, sieht man auch viel von dem, was in der Kirche gut gelingt. Da erlebe ich Personen, die sich einsetzen, Ideen, hohe Ansprüche und richtig viel Talent haben, mutig und unheimlich klug sind. Leider ist viel zu wenig davon Teil der öffentlichen Wahrnehmung.
Rede und Antwort stehen
Als Gemeindereferentin darf ich so etwas wie eine Markenbotschafterin sein. Nicht damit sonntags die Kirchenbänke wieder voll sind. Viele Menschen, denen ich begegne, verbinden die Kirche mit schnellen Antworten. Diese Antworten sind entweder weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit, möglicherweise verletzend, theologisch abgehoben oder erklären alles zum Geheimnis.
Ich möchte Gelegenheiten anbieten, bei denen Menschen sich darüber austauschen können, was ihrem Leben Sinn gibt und was sie in Freude und Trauer trägt. Dieses Bedürfnis gibt es ganz real. Innerhalb und außerhalb der Kirche. Und wenn mich dann jemand nach der Hoffnung fragt, die mich trägt, dann hoffe ich, dass ich Rede und Antwort stehen kann.
Text: Sabrina Brey, April 2022