"Zuhören, aufnehmen, was mein Gegenüber bewegt, wertschätzen, worin ich den Anderen groß sehe", darin sieht Michael Weweler (29) seine Berufung als späterer Pastoralreferent. Gleichzeitig möchte er auch von seinen Mitmenschen lernen, sich hinterfragen zu lassen und eine persönliche „Botschaft“ Gottes in seinem Gegenüber finden.
Mein Name ist Michael Weweler, ich bin 29 Jahre alt, und ich bin berufen, Seelsorger zu sein. Das liest sich seltsam, oder? Ich hätte auch schreiben können, dass ich in meiner Heimatpfarrei in Gütersloh schon bei den Ministrantinnen und Ministranten und in der kirchlichen Jugendarbeit aktiv gewesen bin; dass ich dann nach einem FSJ in Bolivien für einige Jahre in der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres unterwegs gewesen bin, um Priester zu werden; dass ich mich letztlich dann doch für einen anderen Weg entschieden habe und für das Studium der Theologie irgendwie in München „hängen geblieben“ bin; dass ich dann auf die Idee kam, Pastoralreferent in der Erzdiözese München-Freising zu werden, weil man eben irgendetwas arbeiten muss. Eine Verkettung von Zufällen – „wie das Leben halt so spielt!“
Demgegenüber klingt das Wort Berufung ziemlich groß, ja, es klingt vielleicht sogar anmaßend. Woher soll man denn wissen, ob oder gar wohin Gott einen ruft; wenn man sich ja nicht einmal über seine Existenz einig ist? Meine Überzeugung und persönliche Erfahrung ist, dass Berufung in der Regel nicht mit einem Paukenschlag kommt, sondern sich oft erst ganz allmählich zeigt. Natürlich kann das durchaus ein Weg mit „Aha-Momenten“ sein: Solche waren für mich Momente tiefer Geborgenheit durch Gott, mal bei der Hl. Messe und in der Stille und dann auch in Begegnungen mit Menschen. Hier hatte ich dann oft das Gefühl: Gott schaut mich an. Und Schritt für Schritt wurde mir bewusst: Dieser Blick verändert etwas in mir.
Jesus liebt mich mit meinen Stärken und auch den Ecken und Kanten
Mir ist die Geschichte der Berufung der ersten Jünger wichtig geworden. Es scheint so simpel zu sein: Jesus sieht Petrus und Andreas und spricht zu ihnen: Folgt mir nach! Und die beiden verlassen sofort ihre Netze und folgen ihm nach. Ich habe mir oft die Frage gestellt, was hier passiert sein muss, dass zwei Fischer sofort alles stehen und liegen ließen und einem Fremden folgen. Die Antwort des Evangelisten Matthäus ist unscheinbar: Jesus sieht sie. Er sieht sie an, wie nur er sie ansehen kann. Genau das habe auch ich erfahren: dass Jesus mich ansieht, mich sucht für sein „Team“, und dass er mich liebt – mit meinen Stärken und auch den Ecken und Kanten. Dafür war es wichtig, dass mich konkrete Menschen genau das spüren ließen – in der Familie, in der Schönstattbewegung, in der Pfarrgemeinde: Gott schaut mich gerade auch durch Menschen an, die „ihm seinen Blick leihen“.
Und Schritt für Schritt ist dadurch auch der Wunsch gewachsen: Das möchte auch ich tun: Jesus Christus meinen Blick leihen, damit er durch mich Menschen ansehen kann. Konkret bedeutet das für mich: Zuhören, aufnehmen, was mein Gegenüber bewegt, wertschätzen, worin ich die Andere und den Anderen groß sehe, ihnen von Christus her zuzusprechen: Du bist ein geliebtes Kind Gottes. Genauso aber auch: Von konkreten Personen zu lernen, mich hinterfragen zu lassen, eine persönliche „Botschaft“ Gottes an mich in ihnen zu finden.
Ich blicke mit großer Vorfreude auf den im September beginnenden Pastoralkurs und bin gespannt auf die Begegnungen in der Pfarrgemeinde – in einer wirklich turbulenten und bewegten Zeit für die Kirche. Hoffnung macht mir in all den Umbrüchen und Aufbrüchen, die vor uns liegen, dass es im Kern darum geht, dass wir als Christinnen und Christen diesen Blick Jesu authentisch anderen Menschen schenken können: Durch ein gutes Wort, eine helfende Hand, kleine Zeichen der Wertschätzung. Und das geht eigentlich überall und jeden Tag neu: Weil Gott, der letztlich hinter diesem Blick steht, nicht müde wird, jeden Menschen zu suchen, ihn anzusehen und ihm zuzurufen: Folge mir nach!
Text: Michael Weweler, April 2022